03.09.2013 · IWW-Abrufnummer 132796
Landgericht Essen: Beschluss vom 28.06.2013 – 31 Ns 81/13
Zum Absehen von der Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem Verurteilte, der ohne Fahrerlaubnis auf dem Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich eine neue Anstellung nur schwer finden wird.
31 Ns 81/13
Landgericht Essen
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Strafsache gegen
wegen Gefährdung des Straßenverkehrs
hat die Xl. kleine Strafkammer des Landgerichts Essen
auf die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil der Richterin in Essen vom 28.03.2013 aufgrund der Hauptverhandlung vom 28.06.2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht als Vorsitzender,
als Schöffen,
als Vertreterin der Staatsanwaltschaft Essen,
als Verteidiger,
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Essen vom 28.03.2013 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt wird.
Dem Angeklagten wird nachgelassen, die Geldstrafe in monatlichen Raten zu je 100 Euro zu zahlen. Die Raten sind zum jeweils 5. eines jeden Monats fällig, erstmals in dem auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monat. Kommt der Angeklagte mit einer Ate mehr als zwei Wochen in Rückstand, wird der gesamte Betrag auf einmal zur Zahlung fällig.
Dem Angeklagten wird für die Dauer von drei Monaten verboten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, jedoch wird die Gerichtsgebühr um 60 % ermäßigt. In diesem Umfang trägt die Landeskasse auch die notwendigen Auslagen des Angeklagten in zweiter Instanz.
Gründe:
(abgekürzt gern. § 267 Abs. IV StPO)
I.
Der Entscheidung liegt keine Verständigung im Sinne von § 257 c StPO zu Grunde.
II.
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 28.03.2013 (Az.: 39 Cs -43 Js 2478/12- 53/13) wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Außerdem wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wurde eingezogen. Das Amtsgericht hat außerdem angeordnet, dem Angeklagten vor Ablauf von 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte, nachdem ihm durch Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 14.05.2013 Wiedereinsetzung in die ansonsten versäumte Berufungsfrist gewährt wurde, form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Berufung des Angeklagten hatte insoweit Erfolg, als dem Angeklagten zur Begleichung der Geldstrafe Ratenzahlung nachgelassen wurde und als die Kammer, unter Absehung der Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB ein Fahrverbot von drei Monaten Dauer angeordnet hat.
III.
Zur Person des Angeklagten hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
1. Der 22jährige Angeklagte ist ledig und kinderlos. Der Angeklagte hat den Realschulabschluss erreicht und anschließend eine Berufsausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur abgeschlossen. Der Angeklagte arbeitet seit Abschluss der Berufsausbildung im Betrieb seines Onkels, an dem zunächst auch noch sein Vater beteiligt war, wobei er monatlich pp. netto verdient.
Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten hat ihm sein Onkel die Arbeitsstelle zum 31.08.2013 gekündigt. Der Angeklagte bemüht sich derzeit, für den anschließenden Zeitraum eine Arbeitsstelle als Gas- und Wasserinstallateur zu finden.
2. Am 11.02.2008 hat die Staatsanwaltschaft Essen in einem Verfahren nach § 45 Abs. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen.
IV.
Zur Sache hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte befand sich am 25.11.2012 in einer Gaststätte und nahm dort an einer Sparkastenleerung teil. Im Rahmen der dazugehörigen Feier konsumierte der Angeklagte auch mehrere alkoholische Getränke, nämlich Bier und Schnaps. Gegen 2.50 Uhr brach er in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand mit dem Pkw seines Vaters, Daimler Chrysler, amtliches Kennzeichen pp. von der Gaststätte auf und befuhr u.a. die X.-straße. Infolge der alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit verursachte der Angeklagte einen Verkehrsunfall, indem er beim Durchfahren des PP.kreisels in der Essener Innenstadt von der Fahrbahn abkam und zunächst mit dem Bordstein, sodann mit einer Kunst-Stele vor dem dort befindlichen Sparkassengebäude kollidierte. Dabei entstand ein Schaden im 5stelligen Bereich. Das Fahrzeug, welches der Angeklagte benutzte, wurde im Frontbereich total beschädigt. Die dem Angeklagten am 25.11.2012 um 4.10 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,67 0/00. Zwar war dem Angeklagten der Grad seiner Alkoholisierung und die dadurch bedingte Fahruntüchtigkeit bei der Fahrt nicht bewusst. Allerdings hätte er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt seine Fahruntüchtigkeit erkennen können und müssen.
V.
Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben des Angeklagten und auf der Verlesung des Bundeszentralregisterauszugs vom 13.06.2013. Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der geständigen Einlassung des Angeklagten, auf der Verlesung des Alkoholuntersuchungsbefundes sowie des Arztberichtes über die Blutentnahme, auf der Verlesung des Schreibens der Sparkasse über die Mitteilung der Schadenshöhe sowie aufgrund der Inaugenscheinnahme von Lichtbildern über die Unfallstelle und über die Kunst-Stele sowie den Pkw.
Vl.
Der Angeklagte hat sich somit wegen fahrlässiger Stra ßenverkehrsgefährdung, strafbar nach den §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB schuldig gemacht.
VII.
Bei der Strafzumessung war auszugehen von dem nach § 315 c Abs. 3 StGB vorgegebenen Strafrahmen von Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe.
Strafmildernd hat die Kammer gewertet, dass der Angeklagte sich ohne Umschweife geständig eingelassen und einsichtig gezeigt hat. Zu Gunsten des Angeklagten war auch zu berücksichtigen, dass er bislang nicht einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Ebenfalls strafmildernd war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte sich noch am Anfang seines Berufslebens befindet und droht, bei weiterem Verzicht auf seine Fahrerlaubnis, keine Arbeitsstelle finden zu können. Die Kammer hat strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte erheblich alkoholisiert war und dass ein hoher Sachschaden entstanden ist. Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie unter besonderer Berücksichtigung der Schuld des Angeklagten und der Folgen aus der Strafe für sein zukünftiges Leben in der Gesellschaft hat die Kammer eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro festgesetzt und bei der Festsetzung des Tagessatzes die finanziellen Verhältnisse des Angeklagten berücksichtigt. Unter weiterer Berücksichtigung dieser finanziellen Verhältnisse hat die Kammer dem Angeklagten Ratenzahlung auf die Geldstrafe nachgelassen.
Der Führerschein des Angeklagten ist am 25.11.2012 sichergestellt worden. Der Angeklagte verzichtet damit seit nunmehr sieben Monaten auf seinen Führerschein. Nach den glaubhaften Angaben des Angeklagten handelt es sich bei der Tat um einen einmaligen und außergewöhnlichen Verstoß, welcher auch dadurch bedingt war, dass zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte die Trunkenheitsfahrt unternommen hat, der Vater des Angeklagten bereits schwer erkrankt war. Beeinflusst durch den Zustand seines Vaters hat der Angeklagte in erheblichem Maße Alkohol konsumiert und dennoch für die Fahrt nach Hause den Pkw des Vaters benutzt. Weitere Straftaten des Angeklagten, nach Begehung dieser Straftat, sind nicht bekannt geworden. Zudem war zu berücksichtigen, dass dem Angeklagten aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch seinen Onkel ab September 2013 die Arbeitslosigkeit droht. Der Angeklagte hat nachvollziehbar geschildert, dass er als Geselle im Gas- und Wasserinstallationsgewerbe auf eine Fahrerlaubnis angewiesen ist. So wird von einem Gesellen in diesem Gewerbe erwartet, dass er auch eigenständig Termine bei Kunden wahrnimmt und hierbei zum Transport von Werkzeuge und Material einen Pkw benutzt. Ohne Fahrerlaubnis bleibt dem Angeklagten der Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich nahezu vollständig versperrt. Vor diesem Hintergrund kann insgesamt nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte nach wie vor ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr ist. Die Kammer hat daher von der Anordnung einer Maßregel nach §§ 69, 69 a StGB abgesehen.
Da der Angeklagte im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr eine Straftat begangen hat, hat die Kammer, um ihm zusätzlich das Unrecht der Tat vor Augen zu halten und ihn dazu anzuhalten, sein zukünftiges Leben, insbesondere im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges, straffrei zu gestalten, ein Fahrverbot von drei Monaten Dauer angeordnet.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.