· Nachricht · Gefährdung des Straßenverkehrs
Sekundenschlaf als Grund für Abkommen von der Straße?
| Auch eine Übermüdung kann ein geistiger oder körperlicher Mangel im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 1b StGB sein. Das LG Leipzig hat sich in diesem Zusammenhang noch einmal mit der Frage des sog. Sekundenschlafs auseinandergesetzt (6.4.20, 6 Qs 22/20, Abruf-Nr. 216399 ). |
Die Angeklagte war mit ihrem Pkw von der Straße abgekommen. Sie hatte „Sekundenschlaf“ als Ursache geltend gemacht. Das LG Leipzig hat das nicht akzeptiert. Denn: Die obergerichtliche Rechtsprechung geht davon aus, ein Übermüdungszustand, der für den Betroffenen die erkennbare Erwartung eines nahen Sekundenschlafs mit sich bringt, vom Fahrer bei sorgfältiger Selbstbeobachtung bemerkt würde bzw. er dann mit seinem Eintritt rechnen muss (vgl. BayObLG 18.8.13, St RR 67 03). Der BGH geht davon aus, dass ein Kraftfahrer, bevor er am Steuer einschläft, stets deutliche Zeichen der Übermüdung an sich wahrnimmt oder zumindest wahrnehmen kann. Dies beruhe auf den in den berufenen Fachkreisen gesicherten Erkenntnissen, dass ein gesunder, bislang hellwacher Mensch nicht plötzlich von einer Müdigkeit überfallen wird (BGHSt 23, 156).
PRAXISTIPP | In diesen Fällen reicht es nicht aus vorzutragen, dass der Angeklagte keine Anzeichen einer Ermüdung oder Übermüdung bemerkt und auch während der Fahrt keine Anzeichen einer Übermüdung wahrgenommen hat. Werden weitere Beeinträchtigungen geltend gemacht, wie z. B. kurzzeitige Ohnmacht (Synkope) müssen medizinische Atteste vorgelegt bzw. Umstände geschildert werden, die die Annahme einer derartig massiven körperlichen Ausfallerscheinung stützen könnten. Der Verteidiger muss sich zudem überlegen, ob er solche Umstände überhaupt geltend machen. Denn dann sind ggf. Zweifel an der generellen Fahrtauglichkeit des Angeklagten begründet. |