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Berufungsverwerfung trotz Erscheinens eines Verteidigers mit Vertretungsvollmacht?
| Erscheint der Verteidiger mit Vertretungsvollmacht, kann die Berufung nur unter besonderen Umständen verworfen werden. Das ist zum Beispiel möglich, wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Verteidiger es gar nicht zu einer Sachverhandlung kommen lassen will bzw. nicht gewillt ist, den Angeklagten in einer solchen zu vertreten. Nicht ausreichend ist, dass der Verteidiger geltend macht, er verfüge nicht über ausreichende Informationen. |
In dem vom OLG Köln entschiedenen Fall (26.9.24, 1 ORs 162/24, Abruf-Nr. 245765) hatte das LG die Berufung verworfen, obwohl der Angeklagte an sich wirksam durch einen mit einer schriftlichen Vertretungsvollmacht ausgestatteten Verteidiger vertreten worden war. Das LG hatte das damit begründet, dass der erschienene Verteidiger nicht vertrete, da er geltend gemacht hatte, nicht über ausreichende Informationen zu verfügen. Dem hat sich das OLG in einem obiter dictum nicht angeschlossen. Denn auch der mit Vertretungsvollmacht ausgestattete Verteidiger sei zu Angaben nicht verpflichtet. Die Erklärung des Verteidigers, ihm fehlten Informationen, erlange daher vor allem im Hinblick auf § 349 Abs. 4 StPO Bedeutung: Nach dieser Vorschrift habe das Gericht den Angeklagten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zu laden und dessen persönliches Erscheinen anzuordnen, wenn es die Anwesenheit des Angeklagten in der auf seine Berufung hin durchgeführten Hauptverhandlung trotz der Vertretung durch einen Verteidiger für erforderlich hält. Je weniger Informationen aber dem mit Vertretungsvollmacht ausgestatteten Verteidiger vorliegen, desto eher werde sich für das Gericht die Frage stellen, ob nicht die Anberaumung eines Fortsetzungstermins unter Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten erforderlich ist.
PRAXISHINWEIS | Erscheint in dem Fortsetzungstermin, zu dem das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet worden ist, dieser wieder nicht, kann dann das LG die Berufung verwerfen. |