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  • · Fachbeitrag · Straßenverkehrsgefährdung

    Urteilsinhalt bei Straßenverkehrsgefährdung

    | Die mit einer Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) zusammenhängenden Fragen spielen in der Praxis eine große Rolle. Das gilt vor allem, wenn es um die Fahruntüchtigkeit des Angeklagten wegen Drogenkonsums geht (§ 315c Abs. 1 Nr. 1a StGB) und der Angeklagte wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilt worden ist. Dazu nimmt noch einmal der BGH Stellung. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Angeklagte war mit seinem Pkw mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch Halle (Saale) gefahren. Nachdem er - inzwischen von der Polizei verfolgt - in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße gefahren war, stieß er bei einem Einparkversuch frontal gegen ein anderes Fahrzeug. Zuvor hatte er Amphetamine und Cannabis konsumiert.

     

    Das LG hatte angenommen, dass der Angeklagte deshalb nicht mehr in der Lage war, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen. Zur inneren Tatseite hatte es dabei zwar zunächst festgestellt, dass der Angeklagte seine Fahruntüchtigkeit auch erkannt hatte und die konkrete Gefährdung des am Straßenrand abgestellten Pkw vorhersehen und vermeiden konnte. Dann hatte es aber an anderer Stelle im Urteil ausgeführt, dass der Angeklagte „bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können, dass er aufgrund seines Drogenkonsums nicht fahrtüchtig war und dies billigend in Kauf nahm“. An einer anderen Stelle heißt es im Urteil schließlich, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er aufgrund der zuvor genossenen Drogen nicht mehr in der Lage war, das „Kraftfahrzeug sicher zu fahren“ und es in Kauf nahm, dass er dabei fremde Sachen von erheblichem Wert gefährdete.

     

    Danach bleibt nach Auffassung des BGH unklar, ob sich der Angeklagte einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination) oder nur einer Fahrlässigkeitstat gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 3 Nr. 2 StGB schuldig gemacht hat (31.1.17, 4 StR 597/16, Abruf-Nr. 192273).

     

    Relevanz für die Praxis

    Auf die „richtige“ Feststellung von Vorsatz/Fahrlässigkeit muss man als Verteidiger achten, denn eine Verurteilung wegen Vorsatzes wird im Zweifel zu einer höheren Strafe und längeren Sperrfrist führen.

     

    Der BGH weist noch auf zwei weitere - für die Praxis wichtige - Punkte hin, bei den die Tatgerichte immer wieder Fehler machen:

     

    • Anders als bei Alkohol kann der Nachweis einer rauschmittelbedingten Fahrunsicherheit gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1a, § 316 StGB nicht allein durch einen bestimmten Blutwirkstoffbefund geführt werden. Es bedarf vielmehr neben dem Blutwirkstoffbefund noch weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen.
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    • Die müssen im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des betreffenden Kraftfahrzeugführers soweit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, sicher zu steuern (vgl. BGH NZV 15, 562 [Ls.]; wegen weiterer Nachweise Burhoff in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Auflage 2015, § 4 Rn. 159 ff.).

     

    • § 315c Abs. 1 StGB setzt zudem voraus, dass einer fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Es sind daher stets zwei Prüfschritte erforderlich, zu denen im Strafurteil entsprechende Feststellungen zu treffen sind:
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      • Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt. Das kann etwa bei älteren oder bereits vorbeschädigten Fahrzeugen fraglich sein.
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      • Handelt es sich um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Dabei kann ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein, als der maßgebliche Gefährdungsschaden. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert und die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen (Burhoff, a.a.O., § 4 Rn. 255 ff. m.w.N.).

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beschränkung des Einspruchs und unbekannte THC-Konzentration: VA 17, 29
    Quelle: Ausgabe 06 / 2017 | Seite 108 | ID 44561805