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  • · Fachbeitrag · Trunkenheitsfahrt

    Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter

    | In VA 20, 71 und 108 haben wir Ihnen verschiedene Entscheidungen vorgestellt, die sich mit der Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) mit einem E-Scooter befassen. Nachzutragen ist ein aktueller Beschluss des LG Halle (16.7.20, 3 Qs 81/20, Abruf-Nr. 217106 ). Der Beschuldigte war um 1:55 Uhr innerorts mit einem E-Scooter gefahren. Die BAK betrug 1,28 ‰. Das AG hatte die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen (§ 11a StPO), das LG hat den AG-Beschluss aufgehoben. |

     

    E-Scooter sind Elektrokleinstfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 1 eKFV. Sie werden demgemäß auch als Kfz im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG ausgewiesen. Das LG hat offengelassen, ob hier der für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Kfz geltende Grenzwert einer BAK von 1,1 ‰ anzuwenden ist oder ob der Grenzwert für Fahrradfahrer von 1,6  ‰ gilt (vgl. die Rechtsprechungsnachweise in VA 20, 71). Selbst bei einem Grenzwert von 1,1 ‰ kommt für das LG ein Absehen von der Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB in Betracht.

     

    PRAXISTIPP | Argumentieren Sie in solchen Fällen so:

     

    • Das abstrakte Gefährdungspotenzial von E-Scootern unterscheidet sich erkennbar von dem der „klassischen“ Kfz, wie Pkws, Lkws, Krafträder usw.
    • Aufgrund der grundsätzlichen Parallelität hinsichtlich des Gefährdungspotentials zwischen E-Scootern und Fahrrädern ist bei der Anwendung des § 69 StGB im Zusammenhang mit einer Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter zudem zu berücksichtigen, dass eine gemäß § 316 StGB möglicherweise strafbare Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad gerade nicht die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nach sich zieht. Insoweit können, abhängig von den Umständen des Einzelfalls, Wertungswidersprüche entstehen.
    • Insofern kann nicht ohne Weiteres von der Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB ausgegangen werden. Vielmehr wird bei einer Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter in aller Regel zu prüfen sein, ob daraus auf eine Verantwortungslosigkeit des Beschuldigten geschlossen werden kann, die mit einer Trunkenheitsfahrt mit „klassischen“ Kfz vergleichbar ist und somit von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kfz ausgegangen werden muss. Beispiel: Das ist nicht der Fall, wenn der Beschuldigte „nur“ auf einem Fahrradweg über eine relativ kurze Strecke von 15 m leichte Schlangenlinien gefahren ist und es keine weiteren Ausfallerscheinungen gab.
     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2020 | Seite 181 | ID 46744304