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  • · Fachbeitrag · Anwaltsvergütung

    Kein Spielraum für den Anwalt:OLG Celle stellt sich gegen BGH

    Ein Rechtsanwalt kann nur dann die Erhöhung der 1,3-fachen Geschäftsgebühr auf eine 1,5-fache Gebühr verlangen, wenn die Voraussetzungen von Nr. 2300 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG vorliegen, d.h. die Tätigkeit umfänglich oder schwierig war. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung (entgegen BGH NJW 11, 1603) (OLG Celle 28.12.11, 14 U 107/11, Abruf-Nr. 120119).

    Sachverhalt, Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Der Kl., Halter/Eigentümer eines Krankenwagens (RTW), klagt gegen den gegnerischen Haftpflicht-VR restlichen Schadenersatz nach einem Unfall ein. Der RTW befand sich auf einer Einsatzfahrt, Martinshorn und Blaulicht waren nicht eingeschaltet, Vorfahrt hatte der RTW kraft Beschilderung. Allerdings war er mit mind. 122 km/h bei zulässigen 70 km/h deutlich zu schnell. Mit Rücksicht darauf hat das OLG die Betriebsgefahr nicht völlig zurücktreten lassen, obgleich der wartepflichtigen Unfallgegnerin ein schweres Verschulden zur Last fiel (Quote 75:25 pro Kl.).

     

    Mit Blick auf die vorgerichtliche Anwaltsgebühr hat das OLG eine Erhöhung von 1,3 auf 1,5 abgelehnt. Ein über den durchschnittlichen Verkehrsunfall hinausgehender Aufwand oder eine besondere Schwierigkeit sei weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem Spielraumgedanken des BGH (NJW 11, 1603) tritt der Senat ausdrücklich entgegen und lässt insoweit die Revision zu.

     

    Der anwaltsfreundliche Standpunkt des BGH stößt zunehmend auf Kritik (außer Celle auch die OLG Jena und Koblenz). Deshalb sollte bis zur endgültigen höchstrichterlichen Klärung vorsorglich eine Erhöhung über das 1,3-fache hinaus ausdrücklich erläutert werden. Der Unfalltyp „Kollision mit Einsatzfahrzeug“ (Näheres dazu VA 11, 186 ff.) ist erfahrungsgemäß seiner Struktur nach keine Durchschnittssache. Er verlangt vom Anwalt, gleich auf welcher Seite, typischerweise einen deutlich höheren Arbeitsaufwand - von der Informationsbeschaffung bis zur -verarbeitung - als ein „normaler“ Unfall. Der Mehraufwand sollte aber auch konkret belegt werden können.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2012 | Seite 20 | ID 31111290