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  • · Fachbeitrag · Gutachtenkosten

    Für Ihre Argumentation: das perfekte Urteil zur Bagatellgrenze bei Gutachten

    | Ein für seine mit äußerster Sorgfalt begründeten Urteile bekannter Richter des AG Oberndorf am Neckar hat eine Entscheidung zur Bagatellgrenze verfasst, die eine sehr gute Vorlage für Klageschriften und für andere Gerichte darstellt. Sie ist inhaltlich keine Sensation, doch der Fundus an darin zitierter Rechtsprechung für jeden Einzelaspekt ist eine mehr als hilfreiche Fundgrube. Das Urteil ist sehr lesenswert. |

     

    1. Der nur begrenzte Einfluss der Schadenhöhe

    Die Schadenhöhe sei nur ein schwaches Indiz für die Bagatellgrenze. Sie sei daher keine strikte Grenzziehung. Für dieses Indiz nimmt das Gericht (AG Oberndorf am Neckar 26.8.23, 10 C 121/23, Abruf-Nr. 237726, eingesandt von RA Jochen Link, Villingen-Schwenningen) folgende Überlegungen zum Maßstab:

     

    • Ausgangspunkt ist die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2004 mit Unfalldatum September 2002. Dort hat der BGH eine Schadenhöhe von ca. 715 EUR für eine Gutachteneinholung revisionsrechtlich nicht beanstandet. Das AG Oberndorf rechnet mit einer seitdem aufsummierten Inflation von mehr als 30 Prozent und kommt so auf etwa 1.000 EUR.

     

    • Dabei stellt es auf den Nettobetrag des Schadens ab. Denn der Geschädigte könne sich auch entscheiden ‒ und ggf. ist das Gutachten seine Entscheidungsgrundlage ‒ fiktiv abzurechnen. Dann sei der Schaden eben nur nach dem Nettobetrag zu bemessen.

     

    2. Das Schadenbild und die Ex-ante-Entscheidung des Geschädigten

    Am Ende sei aber das Schadenbild relevant, das sich dem Geschädigten präsentiert. Hiernach trifft er seine Entscheidung, ein Gutachten einzuholen. Denn die Schadenhöhe kennt er ex ante nicht.

     

    • Ist der Schaden eindeutig nur oberflächlich, sodass auch für den Laien ein Einfluss auf tiefer liegende Fahrzeugteile ausgeschlossen ist (das ist vor allem bei Kratzern und Schleifspuren der Fall), ist ein Schadengutachten nicht erforderlich.

     

    • Ist aber ein Stoßfänger eingedrückt und ist ein Gitter darin beschädigt, kann der Laie nicht wissen, ob sich darunter weiterer Schaden verbirgt.

     

    Das Fazit des Falls: Zwar lag der Schaden mit knapp 970 EUR netto unterhalb der 1.000-EUR-Nettoschwelle. Dennoch war es erforderlich, ein Gutachten einzuholen. Dann die Schadenhöhe ist nur ein schwaches Indiz. Zudem war hier das Schadenbild für den Geschädigten unklar.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 184 | ID 49738091