· Fachbeitrag · Nutzungsausfall
Die lückenhafte Fraunhofer-Mietwagenerhebung
| Die Fraunhofer- Mietwagenkostenerhebung enthält zu manchen Mietwagengruppen ‒ auch zu denen der Butter-und-Brot-Autos gar keine Angaben. In der Ausgabe 2021 fehlen durchgängig die Werte zu den Gruppen 1, 2 und 4 und in den meisten Regionen die Gruppe 11. Was nun? |
1. Wie bildet man einen Mittelwert, wenn es keine Zahlen gibt?
Im Hinblick auf die fehlende Gruppe 4 hat das AG Tirschenreuth die Gruppe 3 zugrunde gelegt und die hälftige Differenz zwischen Gruppe 3 und Gruppe 5 aufgeschlagen. Ebenso gut hätte es die Gruppe 5 zugrunde legen und die Hälfte der Differenz zwischen Gruppe 5 und Gruppe 3 subtrahieren können. Das ist also ein willkürlicher Weg, dazu noch ohne jede Begründung für die Aufwärts- statt der Abwärtsrechnung (AG Tirschenreuth 10.11.22, 1 C 158/22, Abruf-Nr. 232640, eingesandt von RA Reinhold Kukla, Tirschenreuth). Hinzu kommt: Der Weg wäre bei der größten Gruppe 11 verschlossen, denn es gibt keine Gruppe 12 und damit auch keine hälftige Differenz aus der Gruppe 10 und der Phantomgruppe 12, die auf die Gruppe 10 aufgeschlagen werden könnte. Bei einem Gruppe-1-Fahrzeug stellt sich das Problem genauso: Nach unten gibt es keinen Wert und oben müsste man bis zur Gruppe 3 greifen. Mag man von unten nach oben gerechnet ein Drittel, von oben nach unten zwei Drittel der Differenz für die Alternative halten, so stellt sich die Frage: Welche Differenz? Denn die Differenz aus einer nicht existierenden Gruppe und der Gruppe 3 gibt es nicht.
2. Der konsequente Weg: Wo Fraunhofer nichts hat, muss Schwacke her
Das AG Bergheim ist konsequenter: Wenn Fraunhofer keine Werte für die Gruppe 1 enthält, kann auch kein Mittelwert aus Fraunhofer und Schwacke gebildet werden. Also werden die erforderlichen Mietwagenkosten nur dem Schwacke-Mietpreisspiegel entnommen, obwohl sich das Gericht sonst der „Fracke“-Lösung zuneigt (AG Bergheim 18.2.22, 23 C 173/21, Abruf-Nr. 228057). Das AG Königswinter geht im Hinblick auf die Gruppe-2-Lücke genauso vor (AG Königswinter 8.11.22, 12 C 36/22, Abruf-Nr. 232641), ebenso das AG Leverkusen für die Gruppe 11 (2.5.19, 27 C 122/18, Abruf-Nr. 209480). Stellvertretend für alle das AG Siegburg: „Im vorliegenden Fall war allein die Schwacke-Liste als Schätzgrundlage heranzuziehen. Denn gerichtsbekannt enthält die aktuelle Fraunhofer-Liste für die hier betroffene Fahrzeugklasse und den hier betroffenen Postleitzahlenbereich keine Daten. Ein Mittelwert kann daher nicht gebildet werden.“ (AG Siegburg 25.8.22, 128 C 33/22, Abruf-Nr. 232642, alle eingesandt vom Bundesverband der Autovermieter Deutschlands e. V., Berlin).
MERKE | Das erscheint richtig, denn aus einer existenten Nennung (Schwacke) und aus einer nicht existenten Nennung (Fraunhofer) kann man schlechterdings keinen Mittelwert bilden. |
Eine passende Musterformulierung finden Sie im Downloadbereich auf der VA-Homepage (iww.de/va) und unter der Abruf-Nr. 48828482.