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  • · Fachbeitrag · Rote Kennzeichen 06

    Aspekte rund um rote Kennzeichen (06)

    | Wegen des massenhaften und an jedem sonnigen Wochenende unübersehbaren Fehlgebrauchs der roten Kennzeichen ziehen viele Zulassungsstellen jetzt die Zügel straff an. Diese neue Strenge trifft auf eine „Aber das haben wir doch immer so gemacht“-Mentalität in manchen Autohäusern und Werkstätten. Da man als Anwalt dort nicht sehr effizient wird helfen können wird, sind Sensibilisierungsgespräche mit den Mandanten aus der Welt der Autohäuser und Werkstätten mit dem Ziel der Prophylaxe sehr hilfreich. |

    1. Grundlage: § 16 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV)

    § 16 FZV ist die Grundlage der 06-Kennzeichen: Prüfungsfahrten, Probefahrten, Überführungsfahrten und notwendige Fahrten zur Tankstelle und zur Waschanlage sind erlaubt. Sonst nichts.

     

    Entgegen im Autohandel gern geglaubten und weitergetragenen Gerüchten war schon immer verboten:

     

    • Bewegungsfahrten, um Standschäden vorzubeugen,
    • „Fahrten zur Anregung der Kauflust“, damit das Fahrzeug vom potenziellen Publikum gesehen wird.

    2. Die Konsequenzen missbräuchlicher Nutzung

    Die Gerichte greifen hart durch. Werden rote Kennzeichen missbräuchlich genutzt, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Zuteilung in Ordnung. Der Widerspruch gegen die Maßnahme hat also keine aufschiebende Wirkung. Die vom Betroffenen beantragte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wurde abgelehnt (OVG Bremen 18.3.21, 1 B 55/21, Abruf-Nr. 221615).

     

    Das VG Stade ist mit Urteil vom 12.2.18 (1 A 364/16, Abruf-Nr. 204288) folgender Auffassung: Die Behörde darf nicht nur bei Verstößen die roten Kennzeichen entziehen, sie muss es. Denn es mangelt jedenfalls an der erforderlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 16 Abs. 2 S. 1 FZV, wenn der Betreffende die einschlägigen Vorschriften im Umgang mit dem roten Kennzeichen nicht einhält.

     

    Ähnlich urteilt auch das VG Mainz (16.5.12, 3 K 56/12): Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Inhaber eines roten Dauerkennzeichens nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit aufweist (hier: Besitz von mehreren Fahrzeugscheinheften für ein und dasselbe rote Dauerkennzeichen), ist es regelmäßig ermessensgerecht, die Zuteilung des Kennzeichens zu widerrufen.

     

    Und das VG Würzburg (11.1.12, W 6 K 11.678, Abruf-Nr. 120696) sagt: Wenn der Inhaber eines roten Kennzeichens durch wiederholten Missbrauch der Kennzeichen auffällt, darf die Zulassungsstelle ihm die Kennzeichen entziehen.

    3. Bereits zugelassene Fahrzeuge dürfen nicht mit dem roten Kennzeichen versehen werden

    Stein des Anstoßes ist oft, dass Fahrzeuge mit den Roten Kennzeichen versehen wurden, die angemeldet waren. Zwei Alltagsbeispiele sollen dokumentieren, wo die Fallen lauern:

     

    • Beispiele

    Der auswärtige Kunde kauft samstags einen Gebrauchtwagen und bezahlt ihn. Er nimmt die Fahrzeugpapiere mit, um ihn an seiner entfernten Behörde zuzulassen. Das geschieht am Dienstag. Die Abholung ist für Donnerstag vorgesehen. In der Zwischenzeit wird das Gebrauchtfahrzeug übergabefertig gemacht. Probefahrt und der Weg zur Waschanlage erfolgen am Mittwoch mit dem roten Kennzeichen.

     

    Das Autohaus kauft ein Fahrzeug zu, dass noch zugelassen ist. Der Verkäufer entfernt die Kennzeichen, um es abzumelden. Das Autohaus als Käufer montiert die roten Kennzeichen und nimmt das Fahrzeug sogleich mit.

     

    Es ist schlichtweg nicht möglich, ein zugelassenes Fahrzeug noch einmal zuzulassen. Es gelingt auch auf regulärem Weg nicht, ein Fahrzeug zuzulassen, wenn es nicht vorher abgemeldet wurde. Und das ist nicht nur Förmelei.

     

    Bei Verkehrsverstößen kommt es zu Irritationen, und bei Unfällen führt das zu dem Komplikationen auslösenden Problem der Doppelversicherung. Der Geschädigte würde sich an den Versicherer hinter dem roten Kennzeichen wenden ‒ aber dort kann keine Versicherung bestehen.

     

    Der Autohaus-Mandant wird einwenden, in der Praxis gehe das gar nicht anders. Doch es geht anders:

     

    Im Fall eins: Sauber mit dem Kunden abstimmen: Erst Mittwoch zulassen, Probefahrt etc. schon am Dienstag. Zu kompliziert? Aber doch sicher einfacher, als um die roten Kennzeichen zu kämpfen. Im Fall zwei: Aufladen und transportieren. Zu aufwändig? Aber doch sicher weniger aufwendig, als um die roten Kennzeichen zu kämpfen.

    4. Saisonkennzeichen außerhalb des Betriebszeitraums

    Außerhalb des Betriebszeitraums darf ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen mit der roten Nummer bewegt werden. Das ist in § 16 Abs. 1 FZV ausdrücklich geregelt. Zwar ist das Fahrzeug mit dem Saisonkennzeichen ganzjährig zugelassen. Allerdings dürfen die Rechte aus der Zulassung außerhalb des Betriebszeitraums nicht wahrgenommen werden. Versicherungsschutz für Fahrten besteht in der Zeit auch nicht. Also darf ein solches Fahrzeug in der Ruhephase mit dem 06-Kennzeichen versehen und bewegt werden. Denn das ist keine inhaltlich konkurrierende Zulassung. Dabei muss allerdings das Saisonkennzeichen komplett abgedeckt sein.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 94 | ID 49442996