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  • · Nachricht · Steuerrecht

    Elektronische Fahrtenbücher müssen zeitnah geführt werden

    von StB Jürgen Derlath, Münster

    | Auch ein elektronisches Fahrtenbuch ist zeitnah zu führen. Nachträgliche Änderungen müssen programmtechnisch ausgeschlossen oder aber zumindest unmittelbar erkennbar sein (FG Düsseldorf 24.11.23, 3 K 1887/22 H[L]). |

    1. Sachverhalt

    V führte für seine Firmenwagen jeweils elektronische Fahrtenbücher mit der Software „F. E.“. In der damaligen Konformitätserklärung des Herstellers hieß es, dass diese Software bei ordnungsgemäßer Anwendung die an ein elektronisches Fahrtenbuch zu stellenden gesetzlichen Anforderungen erfülle. Allerdings erlaubte es das Programm, dass Fahrten bis zum monatlichen Abschluss geändert oder gelöscht werden konnten. Erst nach dem Abschluss waren nachträgliche Änderungen technisch ausgeschlossen. Immerhin wurden die Änderungen, die bis zum Abschluss vorgenommen wurden, in einer internen Datei protokolliert.

     

    V notierte die Fahrten zunächst auf einem Zettel. Erst nach den Tankvorgängen, die mitunter einige Wochen auseinanderlagen, gab V die Daten neben des Kostenbelegs in das elektronische Fahrtenbuch ein. Am Monatsende wurde das Fahrtenbuch abgeschlossen, ausgedruckt und archiviert. Das FA kam zu dem Schluss, dass das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß sei, da die Eintragungen nicht zeitnah erfolgt seien, sondern eine Aktualisierung nur im drei- bis sechswöchigen Rhythmus erfolgt sei. Das Fahrtenbuch sei deshalb zu verwerfen und der geldwerte Vorteil sei unter Anwendung der 1 %-Regelung zu ermitteln. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen.

    2. Entscheidung

    Ein mithilfe eines Computerprogramms erzeugtes Fahrtenbuch ist nur dann ordnungsgemäß, wenn nachträgliche Veränderungen programmtechnisch ausgeschlossen sind oder Änderungen dokumentiert werden. Diese Dokumentation muss aber bereits bei gewöhnlicher Einsichtnahme in das elektronische Fahrtenbuch erkennbar sein. Die im Streitfall geführten elektronischen Fahrtenbücher erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Denn das Programm ließ nachträgliche Änderungen zu, ohne diese Änderungen im Fahrtenbuch selbst offenzulegen. Eingetragene Fahrten konnten bis zur Festschreibung des jeweiligen Monats beliebig geändert oder gelöscht werden. Vorgenommene Veränderungen waren dabei nicht unmittelbar aus dem Fahrtenbuch selbst ersichtlich, sondern wurden lediglich in Protokolldateien festgehalten. Zwar waren diese Protokolldateien ihrerseits nicht änderbar oder löschbar. Solche externen Dateien sind jedoch schon dem Grunde nach nicht geeignet, die „geschlossene Form“ des Fahrtenbuchs herzustellen.

     

    Die Fahrtenbücher wurden auch nicht zeitnah geführt. Eine zeitnahe Führung liegt vor, wenn der Nutzer des Fahrzeugs die Eintragungen im Anschluss an die betreffenden Fahrten vornimmt. Herr V hat aber eingeräumt, dass die Eintragungen in das elektronische Fahrtenbuch gebündelt ‒ erst nach jedem Tankvorgang ‒ vorgenommen worden seien und die Fahrten in der Zwischenzeit lediglich auf Notizzetteln festgehalten worden seien. Die gebündelte Eintragung der Fahrten mehrerer Tage bzw. sogar Wochen wird nicht den an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellenden Anforderungen gerecht.

    3. Relevanz für die Praxis

    Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben müssen aber technisch ausgeschlossen sein, zumindest aber dokumentiert werden. Das aktuelle Urteil zeigt, dass die Dokumentation ohne Weiteres ersichtlich sein muss und sich nicht in Protokolldateien verstecken darf. Wichtig: Das Verbot nachträglicher Änderungen bzw. das Gebot der Dokumentation betrifft auch bereits Daten, die bis zu einem „Abschluss“ oder einer „Festschreibung“ eingegeben worden sind.

     

    Jüngst hat übrigens auch der BFH (12.1.24, VI B 37/23; Vorinstanz: FG Hessen 16.5.23, 3 K 1219/21) in diesem Sinne entschieden: Ein Fahrtenbuch muss in geschlossener Form geführt werden. Eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt diesen Anforderungen nur, wenn nachträgliche Veränderungen der eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden. Müssen erst weitere Listen angefordert oder Abfragen bei Dritten (zum Beispiel dem Systemadministrator) durchgeführt werden, um feststellen zu können, ob Änderungen vorgenommen worden sind, stellt eine solche Datei keine geeignete Aufzeichnungsmethode dar. Das Fahrtenbuch ist dann zu verwerfen und der Privatanteil ist nach der 1 %-Regelung zu ermitteln. Die Rechtsprechung kann damit als gesichert gelten.

     

    Es gibt heutzutage zahlreiche elektronische Fahrtenbücher, in dem die Fahrten automatisch erfasst werden, indem per GPS jeweils die aktuelle Position und die Bewegungsdaten aufgezeichnet werden. Allerdings müssen fehlende Angaben ‒ insbesondere der Fahrtanlass ‒ auch hier zeitnah nachgetragen werden. Zur zeitnahen Aufzeichnung hat sich das BMF (4.4.18, IV C 5 - S 2334/18/10001, BStBl I 18, 592, Tz. 3.2) wie folgt geäußert: „Es bestehen keine Bedenken, ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, jedenfalls dann als zeitnah geführt anzusehen, wenn der Fahrer den dienstlichen Fahrtanlass (Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner) innerhalb eines Zeitraums von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt und die übrigen Fahrten dem privaten Bereich zugeordnet werden.“

    Quelle: ID 50040320