· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Anschnall- oder Abschnallpflicht?
Ein Kraftfahrer verstößt nicht gegen die Anschnallpflicht nach § 21 a Abs. 1 StVO, wenn er nach einem unfallbedingten Stehenbleiben auf der Autobahn im Zeitpunkt eines kurz darauf erfolgenden Aufpralls auf sein Fahrzeug (Zweitunfall) nicht mehr angeschnallt ist (BGH 28.2.12, VI ZR 10/11, Abruf-Nr. 120814). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Aus ungeklärten Gründen hatte die Kl. die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren und war nach einem Schleudern gegen die Mittelplanke auf der linken Fahrspur einer BAB zum Stehen gekommen. Kurz darauf prallte der Bekl. mit seinem Pkw auf das unbeleuchtete Fahrzeug der Kl. Diese wurde dabei schwer verletzt. Unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 1/3 hat sie Schadenersatz verlangt. Dem hat das LG entsprochen. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG die Haftungsquote grundsätzlich von 2/3 : 1/3 auf 60 : 40 pro Kl. abgeändert und ihr hinsichtlich des durch die zweitunfallbedingte Körperverletzung entstandenen Schadens eine höhere Mithaftung von 60 Prozent (statt 40) mit der Begründung angelastet, sie habe gegen ihre Anschnallpflicht verstoßen. Die Revision der Kl., mit der sie eine Haftung der Bekl. hinsichtlich sämtlicher Schäden mit einer einheitlichen Quote von 60 Prozent erreichen wollte, war erfolgreich.
Der BGH hat einen Verstoß gegen die Anschnallpflicht verneint. Im entscheidenden Zeitpunkt des Zweitunfalls habe diese nicht mehr bestanden. Nach dem ersten Unfall sei die Kl. nicht nur berechtigt gewesen, den Gurt zu lösen, um ihr Fahrzeug zu verlassen. Um ihre Sicherungspflicht an der Unfallstelle zu erfüllen (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 StVO), sei sie dazu sogar verpflichtet gewesen.
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