· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Bei Vorsteuerabzugsberechtigung merkantiler Minderwert „netto“
| Bei einem vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten ist die Umsatzsteuer aus der vom Sachverständigen steuerneutral ermittelten merkantilen Wertminderung herauszurechnen. Denn bei einem solchen Geschädigten entsteht ein Schaden nur in Höhe der merkantilen Wertminderung ohne Umsatzsteueranteil. Auf diesem Standpunkt steht das AG Wipperfürth (10.7.20, 9 C 90/20, Abruf-Nr. 219806 , VersR 20, 1314). |
Relevanz für die Praxis
Zu den ungelösten Problemen des Kfz-Schadensrechts gehört die Frage, ob und ggf. wie der merkantile Minderwert umsatzsteuerlich zu behandeln ist. „Die Wertminderung enthält keine Umsatzsteuer, da es sich hierbei um einen nicht steuerbaren Betrag handelt“, heißt es auf S. 45 der Leitsätze für Gutachten (IfS-Broschüre, 4. Aufl., 2018). Diese Sichtweise, die auf § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG („steuerbare Umsätze“) zu fußen scheint, bringen manche Sachverständige mit der missverständlichen Bezeichnung „steuerneutral“ zum Ausdruck. Wie beim Restwert ist damit richtigerweise gemeint, dass steuerliche Aspekte nicht berücksichtigt sind. Sind sie aber wirklich bedeutungslos oder spielen Fragen der Umsatzsteuerpflicht und der Vorsteuerabzugsberechtigung doch eine Rolle? Bei näherem Hinsehen ja, denn in der Vermögensbilanz macht es einen Unterschied, ob der Geschädigte ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer oder eine Privatperson ist.
Bei einer (gedachten) Veräußerung des fachgerecht reparierten Fahrzeugs durch einen Unternehmer (Geschädigter) fällt ‒ fiktiv ‒ Umsatzsteuer an, egal, ob der (fiktive) Erwerber ein Unternehmer oder eine Privatperson ist. Ob Regel- oder Differenzumsatzsteuer, sei hier dahingestellt. Die Umsatzsteuer aus dem ‒ verringerten ‒ Verkaufspreis muss an den Fiskus abgeführt werden. Was dem Unternehmer bleibt, ist der unfallbedingt geminderte Netto-Verkaufserlös, während der Preisabschlag eines potenziellen Käufers bei einer umsatzsteuerfrei veräußernden Privatperson voll zu Buche schlägt. So gesehen, erweist sich die Netto-Betrachtung des AG Wipperfürth als schlüssig. So auch AG Remscheid 10.11.17, 8a C 190/16, Abruf-Nr. 199529, VA 18, 40; AG Düsseldorf 5.8.19, 39 C 107/19, VersR 20, 179 und gewichtige Stimmen in der Literatur, z. B. Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Auflage (Stand 3.7.20), § 249 BGB Rn. 168; Freyberger NZV 00, 290; a. A. Greger/Zwickel, 5. Aufl. § 24 Rn. 75. Eine höchstrichterliche Klärung ist überfällig.
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