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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Irreführendes Blinken des Vorfahrtberechtigten

    | Gleich in drei Beschlüssen hat sich das OLG Dresden mit dem Klassiker „irreführendes Blinken des Vorfahrtberechtigten“ befasst. Dabei hat es auch die praxisrelevante Frage der Verwertung eines verfahrensfremden Gutachtens nach § 411a ZPO behandelt. |

     

    Sachverhalt und Relevanz für die Praxis

    Kreuzungskollision: Unstreitig war die Klägerin mit ihrem Motorrad gegenüber dem Beklagten wartepflichtig. Zentrale Frage ist, ob sie darauf vertrauen konnte und durfte, dass der Beklagte nach rechts abbiegen werde, sodass sie gefahrlos in die Kreuzung einfahren konnte. Das LG hat die Akte der StA beigezogen. Nach Beweisaufnahme hat es der Klage bei einer Haftungsquote von 1/3 zulasten der Beklagten teilweise stattgegeben. Die Klägerin möchte mit ihrer Berufung eine Umkehr der Haftungsquote zu ihren Gunsten erreichen. Das OLG hat die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Vorausgegangen sind die Beschlüsse vom 30.9.19 sowie vom 30.10.19 (10.2.20, 4 U 1354/19, Abruf-Nr. 215202).

     

    In materiell-rechtlicher Hinsicht bestätigt der Senat: Will der Wartepflichtige an einer Kreuzung in eine Vorfahrtsstraße einbiegen, darf er nur dann darauf vertrauen, dass der Vorfahrtberechtigte seinerseits abbiegen will, wenn dieser blinkt und zusätzlich die Annäherungsgeschwindigkeit deutlich und erkennbar herabsetzt oder zweifelsfrei mit dem Abbiegen bereits begonnen hat. Nicht ausreichend ist, wenn sich der Vorfahrtberechtigte der Kreuzung mit einer geringeren als der dort zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nähert, ohne diese jedoch weiter zu verlangsamen.

     

    Es entspricht h. M., dass der Wartepflichtige den (mindest-)notwendigen zweigliedrigen Vertrauenstatbestand beweisen muss. Die Klägerin konnte nur nachweisen, dass am Pkw des Beklagten längere Zeit der rechte Blinker an war. Was aber war mit der Annäherungsgeschwindigkeit? Nach der Behauptung der Klägerin hat sich der Pkw mit herabgesetzter Geschwindigkeit, nämlich ca. 40 km/h genähert. Bei einer feststehenden Kollisionsgeschwindigkeit von 40 km/h war eine Annäherungsgeschwindigkeit von weniger als 40 km/h unwahrscheinlich, was zulasten der Klägerin ging.

     

    Verfahrensrechtlich ist diese OLG-Aussage von Interesse: Teilt das Gericht den Parteien mit, dass es beabsichtigte, ein Gutachten aus einem Straf- oder Ermittlungsverfahren zu verwerten, führt die rügelose Antragstellung dazu, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz nicht mehr eingewandt werden kann.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Fallgruppe „Falschblinken“ s. den Schwerpunktbeitrag von Eggert VA 16, 115.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2020 | Seite 77 | ID 46494589