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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Kein Ersatz bei bloßer „Begehrensneurose“

    Für die Verneinung des Zurechnungszusammenhangs zwischen unfallbedingten Verletzungen und Folgeschäden wegen einer Begehrensneurose ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Beschwerden entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind (BGH 10.7.12, VI ZR 127/11, Abruf-Nr. 122420).

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Nach einem Pkw-Unfall mit erstgradiger HWS-Verletzung und Prellungen verlangt der Kl. Ersatz für Folgeschäden (vor allem Verdienstausfall) in der Größenordnung von 630.000 EUR. Nach Einholung mehrerer fachmedizinischer Gutachten weist das LG die Klage ab, während das OLG ihr in Höhe von rd. 15.000 EUR stattgibt. Die Zulassung der Revision wird damit begründet, es sei nach der höchstrichterlichen Rspr. nicht klar, ob der Zurechnungszusammenhang zum schädigenden Ereignis nur durch eine reine Begehrensneurose unterbrochen werde oder ob es für den Wegfall des Zurechnungszusammenhangs genüge, wenn die Begehrensneurose die Schadensfolgen präge, auch wenn zu einem geringen Teil andere durch das Schadensereignis gesetzte Ursachen fortwirken. Die Revision des Kl. blieb ohne Erfolg.

     

    Der BGH sieht keinen Rechtsfehler in der Feststellung des OLG, wonach für die noch strittigen Verletzungsfolgen trotz erwiesener Unfallkausalität der haftungsrechtliche Zurechnungszusammenhang fehle. Mit seinen Ausführungen, wann die Zurechnung zu bejahen ist (Stichwort: Prädisposition) und in welchen Fällen sie ausnahmsweise verneint werden muss, bewegt sich der Senat in altbekannten Bahnen. Nach Erörterung des Ausschlussgrunds „Bagatellverletzung“ (hier verneint) wendet er sich dem zweiten Ausschlussgrund zu, der „Begehrens- oder Rentenneurose“. Zu verneinen sei der Zurechnungszusammenhang, wenn die unfallursächlichen Folgebeschwerden wie z.B. eine Depression „entscheidend durch eine neurotische Begehrenshaltung geprägt sind“. Unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen das der Fall ist, wird ausführlich unter Klarstellung älterer Rspr. („reine“ Begehrensneurose) erläutert. Abschließend geht der BGH auf das Thema „posttraumatische Belastungsstörung“ ein. Das OLG hat eine solche Störung für nicht erwiesen gehalten. Die dagegen gerichteten Revisionsangriffe weist der BGH zurück.