· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung auch bei gewerblicher Nutzung
(OLG Zweibrücken 11.6.14, 1 U 157/13, Abruf-Nr. 142134) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Bei einem Unfall am 10.8.12 war der auf die Dachdeckerfirma des Kl. zugelassene BMW X 1 beschädigt worden. Der Kl. verkaufte den noch reparaturwürdigen SUV am 30.8.12 und ließ am 15.11.12 ein Ersatzfahrzeug zu. Einen Mietwagen nahm er nur für fünf Tage (Anfang Nov.). Die Kosten dafür wurden von der Bekl. reguliert. Gegenstand der Klage ist eine pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung für die gesamte Ausfallzeit von 97 Tagen (10.8. bis 15.11.12 incl. der fünftägigen Mietzeit). Hilfsweise verlangt der Kl. - unter Berücksichtigung der gezahlten Mietwagenkosten - eine pauschalierte Entschädigung für 92 Tage.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Begründung: gewerbliche Nutzung ohne Darlegung der Voraussetzungen für eine konkrete Nutzungsentschädigung. Das OLG hat dem Kl. unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen 1.365 EUR zugesprochen (21 Tage à 65 EUR). Anders als das LG sieht es in einer gewerblichen Nutzung wie sie hier gegeben ist (keine unmittelbare Gewinnerzielung) keinen Grund, eine pauschalierte Entschädigung abzulehnen.
Zurückgewiesen wird der doppelte Zweitwageneinwand. Für die Überlassung eines Ersatzwagens durch die Ehefrau verweist der Senat auf BGH VersR 13, 471 Tz. 23 (Pkw des Vaters). Auch der gelegentliche Einsatz eines Firmen-Lkw könne den Ersatzanspruch nicht schmälern. Argument: keine Vergleichbarkeit der Fahrzeuge, weshalb der Einsatz unzumutbar ist.
Was die Dauer der Ausfallzeit angeht, stellt das OLG auf den Zeitraum im Fall einer Reparatur ab. Das sei der wirtschaftlich gebotene Weg der Schadensbeseitigung gewesen. Mit dem Versuch, die Reparatur-Ausfallzeit aus finanziellen Gründen zu verlängern (keine Vorfinanzierungsmöglichkeit), fand der Kl. kein Gehör. Soweit die Bekl. Mietwagenkosten reguliert hat, sieht das OLG von einer Anrechnung auf die Nutzungsausfallentschädigung mit der Begründung ab, es fehle an der zeitlichen Kongruenz.
Praxishinweis
Obwohl der BGH ein deutliches Signal pro pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung bei gewerblich genutzten, aber nicht unmittelbar gewinneinfahrenden Kraftfahrzeugen gesendet hat (VA 08, 38 = NJW 08, 913 Tz. 10), machen manche Instanzgerichte in solchen Fällen weiterhin kurzen Prozess. Außer dem LG Kaiserslautern in der vorliegenden Sache z.B. das LG Detmold im Fall eines Vorführwagens (2.7.14, 12 O 210/12, juris). Damit liegen sie schief (so auch der BGH-Richter a.D. Zoll in Wussow, 16. Aufl., Kap. 41 Rn. 97 mit ausführlicher Darstellung der unterschiedlichen Positionen in Rspr. und Lit.). Das Mindeste, was ein Gericht tun muss, ist, dem Kläger Gelegenheit zu geben, zur Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit einer Bezifferung eines konkreten Gewinnentgangs vorzutragen, bevor es die Klage abweist.
MERKE | Sicherheitshalber sollte der Anwalt bei Firmen-Pkw, die anders als z.B. ein Taxi, einen Gewinn nicht direkt einfahren, schon in der Klageschrift auf das hier vorgestellte Urteil des OLG Zweibrücken hinweisen. Es repräsentiert die heute h. M. Um den Richter davon abzuhalten, den Mandanten auf die (niedrigeren) Vorhaltekosten zu verweisen, empfiehlt sich der Zusatz, dass eine Schadensberechnung auf dieser Basis zwar möglich sei, nach h. M. aber nicht verlangt werden könne.
Wer einen Teil der Ausfallzeit mit einem gleichwertigen Billig-Mietwagen überbrückt hat, kann für diesen Zeitraum keine - höhere - pauschalierte Tabellen-Entschädigung beanspruchen. Das gilt erst recht nicht, wenn die Mietwagenkosten reguliert worden sind (BGH VA 08, 38 Tz. 10). Zur Bindung an eine einmal gewählte Abrechnung und deren Vermeidbarkeit s. AG Passau VA 08, 185.
Einsender | Rechtsanwalt H. Schneider, Kaiserslautern
Weiterführender Hinweis
- Zum Gesamtkomplex „pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung“ s. VA 11, 95 und VA 07, 196; zur Fallgruppe „Sonderfahrzeuge“ (Taxi, Fahrschulwagen, Rettungsfahrzeuge) s. VA 14, 132.