· Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung
Trauerschmerzensgeld: Ehemann ja, Tochter nein
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Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Bei einem Unfall war eine Frau ums Leben gekommen. Sowohl ihr Mann als auch die minderjährige Tochter verlangen ein Schmerzensgeld für erlittene schwerwiegende psychische Störungen. Das LG Mosbach hat, sachverständig beraten, dem Ehemann eine immaterielle Entschädigung von 1.000 EUR zugesprochen. Hinsichtlich der Tochter hat es die Voraussetzungen für ein Schmerzensgeld verneint, ohne insoweit ein Gutachten eingeholt zu haben.
Beide Kläger haben Berufung eingelegt. Ohne Erfolg ist das Rechtsmittel der Tochter geblieben. Ihre Rüge, das LG hätte auch in ihrem Fall ein psychologisches Gutachten einholen müssen, hat das OLG zurückgewiesen. Für eine Begutachtung fehle es an den erforderlichen Anknüpfungstatsachen. Trotz Hinweises habe sie nicht hinreichend vorgetragen, dass ihre behauptete psychische Beeinträchtigung über eine normale Trauerreaktion hinausgehe. Beim Ehemann sieht das OLG dagegen die Voraussetzungen für ein Schmerzensgeld - siehe die obigen Leitsätze - als erfüllt an und erhöht die Entschädigung unter Auswertung des psychologischen Gutachtens um 2.000 auf 3.000 EUR.
Praxishinweis
Das facettenreiche Thema „Schmerzensgeld für Angehörige“ steht abermals auf der Tagesordnung des Verkehrsgerichtstags. Die Leiterin des Arbeitskreises, RiBGH A. Diederichsen, hat die Argumente für und wider aufgezeigt (DAR 11, 122). Die vorliegende Einzelrichterentscheidung (!) des OLG Karlsruhe wird die Diskussion argumentativ nicht bereichern. Nachdenklich stimmt sie allemal, auch in ihrer Differenzierung zwischen Ehemann und Tochter, nicht zuletzt in prozessualer Hinsicht. Zum derzeitigen Stand der Rspr. umfassend Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 6. Aufl. Entscheidend ist die psychologische Beurteilung. Doch welche Vorgaben sind dem Sachverständigen zu machen? Was ist „normale“ Trauer, was geht „nach Art und Schwere“ darüber hinaus? Überzeugend und beweiskräftig beantworten lässt sich das, wenn überhaupt, nur äußerst schwer. Hinzu kommen kaum lösbare Bemessungsprobleme. Für den Angehörigen-Anwalt beginnen die prozessualen Schwierigkeiten bereits auf der Darlegungsebene. Die restriktive Grundhaltung der Gerichte zeigt sich hier in einer Verschärfung der Substanziierungsanforderungen, was nicht im Sinne des BGH ist (NJW 01, 1431).