17.07.2020 · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

Verweis: Werkstatt ist bei knapp 38 km nicht mühelos erreichbar

| Ob die vom Haftpflicht-VR benannte freie Werkstatt unter dem Gesichtspunkt der Entfernung zum Wohnort des Geschädigten „mühelos und ohne Weiteres“ erreichbar ist, ist eine unendliche Geschichte. OLG-Entscheidungen gibt es dazu eher selten. Besondere Aufmerksamkeit verdient deshalb ein Urteil des OLG Düsseldorf. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Nach einem Schaden an seinem Mercedes holte der Kläger ein Schadensgutachten ein. Darin waren die Reparaturkosten nach den Stundenverrechnungssätzen einer ortsansässigen markengebundenen Werkstatt berechnet (Karosseriearbeiten 151,92 EUR netto, Lackierarbeiten 227,88 EUR netto). Der Kläger rechnete auf Gutachtenbasis ab, während der gegnerische Haftpflicht-VR die deutlich niedrigeren Stundenverrechnungssätze einer freien Werkstatt zugrunde legte. Seines Erachtens war der Verweis auf diese Werkstatt trotz einer Entfernung von knapp 38 km zwischen dem Wohnort des Klägers (Grevenbroich) und der Werkstatt in Köln wirksam (zumutbar). Dieser Einschätzung ist das LG Mönchengladbach gefolgt. „Noch mühelos erreichbar“, da ein Hol- und Bringservice mit „überschaubaren Kostena“ angeboten werde.

Unter Auswertung der BGH-Entscheidungen zum Entfernungsthema (VI ZR 267/14, Tz. 14 und VI ZR 91/09, Tz. 12) hält das OLG Düsseldorf die Verweisung für unwirksam (17.12.19, genannt wird auch der 17.9.19, I-1 U 84/19, Abruf-Nr. 216697, mit Berichtigungsbeschluss vom 20.2.20). Bei einer Entfernung von knapp 38 km liege keine mühelose Ohne-Weiteres-Erreichbarkeit vor. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die im Schadensgutachten erwähnte Markenwerkstatt nur 6 km (= 9 Autominuten) vom Wohnort des Klägers entfernt liegt. Demgegenüber beträgt die Fahrzeit nach Köln ca. 30 Minuten, allerdings nur bei ‒ selten ‒ freier Strecke.