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  • · Nachricht · Verkehrssicherungspflicht

    Kein Schmerzensgeld bei Sturz über Kinderwagen im Hausflur

    | Kann Schmerzensgeld verlangen, wer dabei stürzt, dass er einen Kinderwagen beiseiteschiebt, um an seinen Briefkasten zu gelangen? In einem entsprechenden Fall hat das LG Koblenz diese Frage verneint. |

     

    Die Kägerin und die Beklagte zu 1. haben von der Beklagten zu 2. jeweils eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler angemietet. Zur Hauseingangstür gelangt man über einen etwa 4 m² großen Treppenabsatz, über dem die Briefkästen der Hausbewohner angebracht sind. Die Beklagte zu 1. stellte auf diesem Treppenabsatz regelmäßig einen Kinderwagen ab. Die Klägerin behauptete, sie habe am 6.2.2020 den Buggy zur Seite schieben müssen, um an ihren Briefkasten zu gelangen. Dabei sei sie mit dem Ärmel am Griff des Kinderwagens hängen geblieben und gegen die Hauswand gestürzt, wobei sie sich eine Verletzung an der Schulter zugezogen habe. Die Klägerin vertrat im Prozess die Auffassung, die Beklagte zu 1. habe den Kinderwagen dort nicht abstellen dürfen und dadurch die Verletzung fahrlässig verursacht; die Beklagte zu 2. habe das als ihre Vermieterin verhindern müssen. Zusammen seien sie wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht verantwortlich und schuldeten ihr daher ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR. Die Beklagten lehnten die Zahlung ab. Sie meinten, der Treppenabsatz sei groß genug, um dort einen Kinderwagen abzustellen. Außerdem bestritten sie den von der Klägerin behaupteten Hergang.

     

    Das LG Koblenz hat die Klage abgewiesen. Es stelle keinen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht dar, wenn der Kinderwagen auf dem Treppenabsatz vor den Briefkästen abgestellt worden sei. Ein allgemeines Verbot, andere zu gefährden, gebe es nicht. Es könne nicht jeder erdenklichen Gefahr vorbeugend begegnet werden. Sicherheitsmaßnahmen, die jede Schädigung ausschließen, seien im praktischen Leben nicht erreichbar. Rechtlich geboten ‒ so das Gericht weiter ‒ seien vielmehr nur „die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren“.

     

    Dagegen sei hier nicht verstoßen worden. Das Abstellen eines Kinderwagens vor einer Briefkastenanlage begründe nicht die naheliegende Möglichkeit, dass jemand dadurch zu Schaden komme. Es müsse vernünftigerweise nicht damit gerechnet werden, dass sich jemand beim Umstellen eines kleinen Kinderwagens verletze. Auf dem Treppenabsatz sei ausreichend Platz, um den Buggy gefahrlos beiseiteschieben zu können.

     

    Weiter erklärte das Gericht, die Klägerin habe den von ihr behaupteten Hergang außerdem nicht beweisen können. Da sie den Anspruch stelle, müsse sie auch Beweise vorlegen. Es gebe aber keine Zeugen für den Vorfall. Eine Vernehmung der Klägerin selbst hielt das Gericht im konkreten Fall für kein zulässiges Beweismittel.

     

    Quelle | Pressemitteilung des LG Koblenz zum Urteil vom 16.3.2022, 4 O 213/21

    Quelle: ID 48256843