01.08.2008 | Umsatzsteuer
Betreutes Wohnen kann Zweckbetrieb sein
Betreutes Wohnen ist im Rahmen des Satzungszwecks Altenhilfe ein Zweckbetrieb. Diese Ansicht vertritt das Finanzgericht (FG) Sachsen. Dabei kommt zum einen die Zuordnung nach § 66 Abgabenordnung (AO) – Wohlfahrtspflege – in Frage. Möglich ist aber auch der Bezug auf die Regelung des § 68 Nummer 1 AO. Er regelt, dass Altenwohnheime als Zweckbetriebe gelten. Und diese sind dem betreuten Wohnen vergleichbar. Voraussetzung für die Einstufung als Zweckbetrieb ist jeweils, dass die Leistungen ganz überwiegend (im Fall der Wohlfahrtspflege zu zwei Dritteln) für hilfsbedürftige Menschen im Sinne von § 53 AO erbracht werden. Bei Personen ab 75 Jahren kann dabei körperliche Hilfsbedürftigkeit ohne weitere Nachprüfung angenommen werden.
Unser Tipp: Aus dem Vorliegen eines Zweckbetriebs folgt umsatzsteuerlich zunächst, dass die Leistungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent unterliegen. Möglich ist aber auch eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nummer 18 Umsatzsteuergesetz. Das setzt zweierlei voraus:
- Die Leistungen müssen unmittelbar dem nach der Satzung begünstigten Personenkreis zugute kommen. Dabei kommt es nur darauf an, wer die Leistungen erhält, nicht wer Rechnungsadressat ist. Ob die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden, spielt keine Rolle.
- Die Entgelte für die Leistungen müssen hinter dem zurückbleiben, was Erwerbsunternehmen durchschnittlich für gleichartige Leistungen verlangen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn als Vergütung lediglich die Selbstkosten erhoben werden.
Beachten Sie: Das Finanzamt hat gegen das Urteil beim Bundesfinanzhof (BFH) Revision eingelegt. Es ist der Ansicht, dass Betreutes Wohnen kein Zweck- sondern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 49/08 geführt. (Urteil vom 2.4.2008, Az: 8 K 1798/03)(Abruf-Nr. 082399)