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  • 10.05.2010 | Vereinsrecht

    Rücktritt als Vorstandsmitglied: Das müssen Sie beachten

    Der Rücktritt des Vorstands ist oft die ultima ratio bei nicht lösbaren Konflikten mit dem Verein. Nicht in jedem Fall ist er aber umstandslos möglich. Insbesondere drohen dem Vorstand in bestimmten Fällen Haftungsfolgen. Das lehrt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München.  

    Die rechtlichen Grundsätze zur Amtsniederlegung

    Grundsätzlich kann ein Vorstandsmitglied sein Amt jederzeit niederlegen. Das gilt für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, wenn die Satzung keine Regelungen zum Rücktritt trifft. Es gibt nur eine Einschränkung: Die Amtsniederlegung darf nicht „zur Unzeit“ erfolgen.  

     

    Rücktritt zu Unzeit

    Eine Amtsniederlegung darf - außer aus wichtigem Grund - nicht „zur Unzeit“ geschehen. Der Verein muss ausreichend Zeit haben, das Vorstandsamt neu zu besetzen. Zur Unzeit erfolgt der Rücktritt, wenn durch die Amtsniederlegung die zur Vertretung des Vereins erforderlichen Vorstandsmitglieder nicht mehr vorhanden sind oder - der Vorstand besteht nur aus einer Person - wenn der Verein zeitweilig handlungsunfähig wird.  

     

    Eine zur Unzeit erklärte Amtsniederlegung ist trotzdem wirksam. Der Vorstand kann aber verpflichtet werden, dem Verein den Schaden zu ersetzen, der durch den Rücktritt zur Unzeit entstanden ist.  

     

    Rücktritt als Rechtsmissbrauch

    In bestimmten Fällen kann der Rücktritt aber einen Rechtsmissbrauch darstellen. Er ist dann unwirksam und kann auch nicht zum Vereinsregister angemeldet werden.  

     

    Ein solcher Rechtsmissbrauch kann vorliegen, wenn sich die Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands außerhalb der Mitgliederversammlung gegenseitig den Rücktritt erklären, so das OLG München. Form und Frist der Amtsniederlegung sind dann so gewählt worden, dass dem Verband die Neubestellung des Vorstands erschwert oder unmöglich gemacht wird. Der Verband wird zeitweise handlungsunfähig. Eine kollektive Niederlegung betrifft das Vereinsinteresse in erheblichem Maße und erfordert zwingend die Einberufung der Mitgliederversammlung. Ist dies nicht geschehen, kann das Vereinsregister die Eintragung des Rücktritts verweigern (Urteil vom 6.4.2010, Az: 31 Wx 170/09).  

     

    Ein Rechtsmissbrauch liegt außerdem vor, wenn der Vorstand sein Amt nur deswegen niederlegt, um sich der Abgabe des Offenbarungseids zu entziehen. Er bleibt offenbarungspflichtig, wenn er sein Amt erst nach der Ladung zur eidesstattlichen Versicherung niedergelegt hat und kein neuer gesetzlicher Vertreter bestellt worden ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.9.2006, Az: I ZB 35/06).  

     

    Rücktrittsregelungen in der Satzung

    Gesetzlich ist der Rücktritt des Vorstands nicht geregelt. Die Regelungen im BGB (§ 27 Absatz 2) zielen auf die Abberufung des Vorstands, nicht auf seinen Rücktritt. Die Satzung kann deshalb entsprechende Regelungen treffen, die dann auch verbindlich sind. Denkbar wäre, dass  

    • die Satzung die Einhaltung einer Frist vorsieht. Das Amt würde dann erst nach Ablauf der Frist enden.
    • Formvorschriften für die Rücktrittserklärung gemacht werden - zum Beispiel eingeschriebener Brief.

     

    Völlig ausschließen kann die Satzung die vorzeitige Amtsniederlegung aber nicht. Der Rücktritt aus wichtigem Grund ist immer möglich.  

    Rücktritt eines Einzelvorstands

    Der Rücktritt des Vorstands ist eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung dem Verein gegenüber. Besteht der Vorstand nur aus einer Person, kann er die Erklärung nur der Mitgliederversammlung gegenüber abgeben. Die Satzung könnte aber die Erklärung gegenüber einem anderen Vereinsorgan vorsehen (zum Beispiel einem Beirat).  

     

    Handlungsunfähigkeit des Vereins macht Rücktritt nicht unwirksam

    Durch den unbefristeten Rücktritt des Einzelvorstands ist der Verein ohne Vertretung und in der Regel auch handlungsunfähig. Automatisch unwirksam wird der Rücktritt deswegen aber nicht - und auch nicht zwingend rechtsmissbräuchlich. Um sich vor den genannten Haftungsfolgen wegen Amtsniederlegung zur Unzeit zu schützen, kann der Einzelvorstand einen Notvorstand bestellen (§ 29 BGB) und ihm gegenüber den Rücktritt erklären. Das wird das Amtsgericht aber nur in Sonderfällen akzeptieren.  

     

    Der Regelfall sollte sein, dass der Vorstand eine Mitgliederversammlung mit entsprechender Tagesordnung einberuft, gegenüber der er seinen Rücktritt erklärt und die einen neuen Vorstand wählt (OLG München, Urteil vom 6.4.2010, Az: 31 Wx 170/09).  

     

    Übertragung auf bevollmächtigte Person ist keine Alternative

    In aller Regel nicht möglich ist es, die Geschäfte des Vereins vor dem Rücktritt auf eine vom Vorstand bevollmächtigte Person zu übertragen. Dazu wäre eine entsprechende Regelung in der Satzung erforderlich. Bestimmte Befugnisse (zum Beispiel die Einberufung der Mitgliederversammlung) können nämlich nicht durch Einzelvollmacht übertragen werden. Möglich wäre dagegen die Berufung kommissarischer Vorstandsmitglieder. Das geht aber nur mit entsprechender Satzungsgrundlage.  

    Rücktritt im mehrgliedrigen Vorstand

    Treten Mitglieder eines mehrgliedrigen Vorstands zurück, können sie den Rücktritt gegenüber der Mitgliederversammlung oder einem anderen Vorstandsmitglied erklären (§ 26 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Kann der Verein laut Satzung durch die verbleibenden Vorstandsmitglieder vertreten werden, handelt es sich auch um keinen Rücktritt zur Unzeit.  

     

    Kollektiver Rücktritt als Sonderfall

    Ein Sonderfall ist der kollektive Rücktritt aller Vorstandsmitglieder. Erklären sich die Mitglieder wechselseitig den Rücktritt mit sofortiger Wirkung, hat das formal letzte verbleibende Mitglied keinen amtierenden Adressaten mehr für seine Rücktrittserklärung. Ein kollektiver Rücktritt ist aber trotzdem möglich, wenn er befristet erfolgt. Dazu kann zum Beispiel das Datum der Amtsniederlegung auf den Termin der Eintragung ins Vereinsregister festgelegt werden.  

     

    Auch dann gilt aber grundsätzlich, dass ein Notvorstand bestellt oder dem Verein durch Einberufung einer Mitgliederversammlung rechtzeitig Gelegenheit zur Wahl eines neuen Vorstands gegeben werden muss.  

    Regelungen beim hauptamtlichen Vorstand

    Ob auch der hauptamtliche Vorstand jederzeit zurücktreten kann, wird in der Fachliteratur unterschiedlich beantwortet. Unterschieden werden muss hier aber in jedem Fall zwischen Amtsstellung und Dienstvertrag (Anstellungsverhältnis). Bei einem Vorstandsmitglied mit Anstellungsvertrag endet mit dem Amt (der Organstellung) nicht automatisch auch der Dienstvertrag. Satzung bzw. Dienstvertrag können aber regeln, dass mit dem Ausscheiden aus dem Amt auch das Dienstverhältnis endet und umgekehrt.  

     

    Aus der Rücktrittserklärung des Vorstandsmitglieds muss ansonsten klar hervorgehen, ob Amtsstellung und Dienstvertrag enden sollen. Im Zweifelsfall gelten beide als beendet. Dabei ist zu beachten, dass sich neben der Haftung bei einem Rücktritt zur Unzeit auch Haftungsfolgen aus der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrags ergeben können. Auch hier gilt nach § 627 BGB, dass die Kündigung - ohne wichtigen Grund -
    nicht zur Unzeit erfolgen darf. Das ist dann der Fall, wenn der Verein die Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds nicht anderweitig ersetzen kann.  

     

    Aufhebungsvertrag als Alternative zum Rücktritt

    Um einen Streit über die Zulässigkeit eines Rücktritts zu vermeiden, kann zwischen Vorstand und Verein ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden. Dafür ist kein wichtiger Grund erforderlich, auch wenn die Satzung die Amtsniederlegung des Vorstands nur bei einem solchen zulässt.  

     

    Der Aufhebungsvertrag kann sowohl für die Organstellung als auch für ein bestehendes Dienstverhältnis gelten. Er wird zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Vereinsorgan geschlossen, das für die Bestellung des Vorstands zuständig ist - in der Regel also die Mitgliederversammlung. Dann muss allerdings eine Mitgliederversammlung einberufen werden.  

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2010 | Seite 14 | ID 135600