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  • · Fachbeitrag · Aus der Beratungspraxis

    Verein führt staatliche Prüfungen durch: Ist die Leistung umsatzsteuerpflichtig?

    | Die Bewertung umsatzsteuerlicher Sachverhalte in gemeinnützigen Einrichtungen ist oft sehr komplex. Häufig überlagern sich grundsätzliche Fragen der Steuerbarkeit mit besonderen Befreiungsregelungen. Dazu kommt dann noch die Frage, ob die Umsätze dem Zweckbetrieb zuzuordnen sind. Wir beantworten die Fragen am Fall eines Jagdverbands, der im Auftrag des Ministeriums die Jägerprüfung durchführen soll. |

    Landesjagdverband führt Jägerprüfung durch

    Das zuständige Landesministerium übertrug einem als gemeinnützig anerkannten Landesjagdverband (LJV) die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung. Die vorbereitenden Kurse dazu werden teilweise von Untergliederungen des LJV aber auch durch private Jagdschulen angeboten. Für die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung darf der Verband nur die vom Land festgelegten Gebühren erheben.

     

    Als „Starthilfe“ und für die Anschaffung diverser Einrichtungsgegenstände (PC etc.) hat das Land dem LJV einen einmaligen Zuschuss gewährt.

     

    Das Finanzamt möchte nun den Zuschuss und die vereinnahmten Prüfungsgebühren als Einnahme des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs mit 19 Prozent versteuern. Hier stellen sich vier Einzelfragen:

     

    • 1.Ist der gewährte Zuschuss als echter Zuschuss nicht steuerbar oder liegt - weil eine konkrete Gegenleistung vergütet wird - ein steuerbarer Zuschuss vor (unechter Zuschuss)?
    • 2.Greift eine spezifische Steuerbefreiungsregelung - in diesem Fall nach § 4 Nr. 21 oder Nr. 22a UStG?
    • 3.Kommt alternativ eine Befreiung nach Gemeinschaftsrecht in Frage?
    • 4.Ist die Durchführung der Jagdprüfung ein Zweckbetrieb? Gilt also im Fall der Steuerbarkeit der ermäßigte Umsatzsteuersatz?

    Steuerbarkeit des Zuschusses

    Ob der pauschale Zuschuss bei Übertragung der Jägerprüfung auf den LJV umsatzsteuerbar ist, hängt nur davon ab, ob ein individueller Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen konkreten Vorteil zieht und eine konkrete Gegenleistung erbringt. Die Zahlungen werden also zur Ausführung bestimmter Umsätze geleistet.

     

    Unerheblich ist, ob der Zuschuss aus öffentlichen Mitteln kommt und dass es sich um eine - durch einen Haushaltsbeschluss gedeckte - Ausgabe der öffentlichen Hand handelt. Denn auch diese kann mit einer Gegenleistung des Empfängers in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

     

    Bei der Durchführung der Jagdprüfung handelt es sich um eine konkrete Aufgabe. Der Zuschuss ist Gegenleistung für die Erbringung dieser Aufgabe. Es gibt einen identifizierbaren Leistungsempfänger - den Verband, der die Prüfungen durchführt.

     

    Der Zuschuss wird nicht für die Durchführung der Prüfungen selbst bezahlt, sondern um den Verband dazu in die Lage zu versetzen. Da der Zuschuss aber in unmittelbarem Zusammenhang mit der Übertragung der Jagdprüfung steht, wird man davon ausgehen müssen, dass es sich um eine Zahlung handelt, die sich auf eine Gegenleistung bezieht. Der Zuschuss wäre demnach umsatzsteuerbar.

     

    PRAXISHINWEIS | Fraglich ist, ob hier eine Steuerbefreiungsregelung greift und wie die ertragsteuerliche Zuordnung (Zweckbetrieb oder steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) ist, aus der sich der Steuersatz ergibt. Wenn - wie unten dargestellt - die Durchführung der Prüfungen in den Zweckbetrieb fällt, muss das aber auch für den Zuschuss gelten, der für die Organisation der Prüfung gewährt wird. Demnach gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz.

     

    Besteuerung der Prüfungsgebühren

    Dass die Prüfungsgebühr steuerbar ist, steht nicht in Zweifel. Hier wird gegenüber einem identifizierbaren Leistungsempfänger eine konkrete Leistung erbracht, für die die Gebühr das Entgelt ist. Dass die Durchführung der Prüfung eine eigentliche hoheitliche Aufgabe des Landes ist, die an den Verband übertragen wird, spielt dabei keine Rolle. Die Prüfungsgebühr wäre nur aufgrund einer spezifischen Befreiungsvorschrift steuerfrei, was nachfolgend untersucht wird.

     

    Sind Teilnehmergebühren nach § 4 Nr. 21 UStG steuerbefreit?

    Grundsätzlich muss für eine Umsatzsteuerbefreiung für die Durchführung der Jagdprüfung dasselbe gelten wie für vorbereitenden Kurse dazu. Die Vorschrift des § 4 Nr. 21 UStG befreit unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen von der Umsatzsteuer. Voraussetzung ist, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass die Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.

     

    Der BFH hat aber entschieden, dass Jagdschulen keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen im Sinn des § 4 Nr. 21 UStG sind. Begründung: Die dort vermittelten Kenntnisse und Fähigkeiten beziehen sich speziell auf die Ausübung der Jagd; sie sind deshalb nicht allgemeinbildend. Sie sind auch nicht berufsbildend, weil sie auf keinen bestimmten Beruf, sondern auf die Jägerprüfung vorbereiten. Die Lehrgänge sind nicht Teil einer gesetzlich geregelten Berufsausbildung oder Berufsfortbildung (BFH, Urteil vom 18.12.2003, Az. V R 62/02; Abruf-Nr. 040390).

     

    Zudem ist - so der BFH - Sinn der Vorschrift, private Bildungseinrichtungen den öffentlichen umsatzsteuerlich gleichzustellen. Jagdschulen stehen aber nicht im Wettbewerb mit vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, die nach § 2 Abs. 3 UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Der BFH vertritt außerdem die Auffassung, dass für die Jagdausbildung auch keine Umsatzsteuerbefreiung nach Gemeinschaftsrecht gilt.

     

    Kommt eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22a UStG in Frage?

    Für gemeinnützige Bildungsträger käme auch eine Befreiung nach § 4 Nr. 22a UStG in Frage. Nach dieser Regelung sind von der Umsatzsteuer befreit „die Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die (...) von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden.“

     

    Die Befreiung nach § 4 Nr 22a UStG beschränkt sich auf Bildungsveranstaltungen im engeren Sinn. Unter die Befreiungsregelung fallen nur

    • die Erziehung von Kindern und Jugendlichen,
    • Schul- oder Hochschulunterricht sowie

     

    Es fehlt also auch hier ein klarer beruflicher Bezug der Jagdausbildung. In einem ähnlichen Fall - Kursen in Fahrsicherheitstraining - hat der BFH die Möglichkeit einer Befreiung nach § 4 Nr 22a UStG nicht grundsätzlich ausgeschlossen, in der Sache aber keine abschließende Entscheidung gefällt (BFH, Beschluss vom 10.7.2012, Az. V B 33/12). Er hat dort aber als Kriterium genannt, dass Verkehrserziehung in einigen Bundesländern Unterrichtsstoff ist - also Teil des Schulunterrichts. Für die Jägerausbildung gilt das nicht. Man muss also davon ausgehen, dass die Jägerprüfung umsatzsteuerpflichtig ist.

     

    Ist die Jägerprüfung ein Zweckbetrieb?

    Da - wie oben erwähnt - mit der Durchführung der Jagdprüfung steuerbare Umsätze erzielt werden und auch keine einschlägige Befreiungsvorschrift greift, bleibt die Frage nach dem Steuersatz. Sind die Einnahmen dem Zweckbetrieb zuzuordnen, gilt der ermäßigte Steuersatz, andernfalls der Regelsteuersatz. Für eine Zweckbetriebszuordnung kommen zwei Möglichkeiten in Frage. Die Durchführung der Jägerprüfung könnte ein allgemeiner Zweckbetrieb nach § 65 AO sein oder unter die besondere Regelung des § 68 Nr. 8 AO fallen - also ein sogenannter Katalogzweckbetrieb sein.

     

    • Zuordnung der Jagdprüfung zum allgemeinen Zweckbetrieb?

    Für den allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO müssen die Kriterien Zweckverwirklichung, Zwecknotwendigkeit und Konkurrenzverbot erfüllt sein. Diese Voraussetzungen sind ohne Zweifel erfüllt:

     

      • Die Jagdprüfung dient dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des LJV zu verwirklichen, weil sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung der Jagd steht.
      • Die Jagdprüfung ist zwecknotwendig. Nur mit bestandener Prüfung darf die Jagd ausgeübt werden.
      • Es besteht kein Wettbewerb zu anderen nicht begünstigten Einrichtungen ähnlicher Art, weil die Prüfung von keinem anderen Anbieter im gleichen Bundesland abgenommen werden darf.

     

    • Einordnung der Jagdprüfung als Katalogzweckbetrieb?

    Die Ausbildung dürfte aber auch ein Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 8 AO sein. Ein Zweckbetrieb sind danach, „Volkshochschulen und andere Einrichtungen, soweit sie selbst Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art durchführen“. Da es sich um einen Katalogzweckbetrieb handelt, sind die Kriterien des § 65 AO - mit Ausnahme der Zweckverwirklichung - ohne Belang. Es genügt also, wenn die Jagdprüfung dazu dient, „die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen“. Da die Prüfung Voraussetzung für die Ausübung der Jagd ist, besteht daran kein ernsthafter Zweifel.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Da die Durchführung der Jagdprüfung sowohl als allgemeiner Zweckbetrieb nach § 65 AO als auch Katalogzweckbetrieb einzustufen ist, unterliegen die Einnahmen nach § 12 Absatz 2 Nr. 8a UStG nur dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.
    • Das gilt auch deswegen, weil die in D§ 12 Absatz 2 Nr. 8a UStG genannten Kriterien
      • der Zweckbetrieb darf nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dienen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit den Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, die dem allgemeinen Steuersatz unterliegen,
      • die Körperschaft muss mit diesen Leistungen ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke selbst verwirklichen
    • für den besonderen Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 8 AO nicht gelten (Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Abschnitt 12.9, Abs. 10) bzw. von allgemeinen Zweckbetrieben nach § 65 AO prinzipiell erfüllt sind (Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Abschnitt 12.9, Abs. 9).
     

    FAZIT | Der Jagdverband muss sowohl den Zuschuss, den er vom Land bekommen hat, als auch die Gebühren der Teilnehmer an der Jagdprüfung dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent unterwerfen.

     

    Prüfungsschema als Muster für andere Praxisfälle

    Wir haben diesen Fall auch deshalb etwas ausführlicher dargestellt, weil er Ihnen als Muster für die Beurteilung anderer Praxis- und Zweifelsfälle dienen kann. Wenn Sie das gezeigte „Raster“ über Ihren Fall legen, können Sie gut herausfinden, ob ein Zuschuss steuerbar und steuerpflichtig ist, ob Ihr Verein für andere Umsätze Steuerbefreiungstatbestände nutzen kann, ob die Umsätze in den Zweckbetrieb fallen oder ob sie im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit dem Regelsatz besteuert werden müssen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 11 | ID 42283064