· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Sachspenden: BMF klärt die Umsatzbesteuerung
| Sachspenden aus dem Betriebsvermögen werden umsatzsteuerlich als sog. unentgeltliche Wertabgaben behandelt. Das BMF hat mit zwei Schreiben vom 18.03.2021 die Wertermittlungsvorschriften im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) ergänzt und eine Billigkeitsregelung für die Zeit der Corona-Pandemie erlassen. VB macht Sie mit beiden Schreiben und deren Folgen vertraut. |
Sachspenden als unentgeltliche Wertabgaben
Eine Sachspende aus dem Unternehmensvermögen ist eine unentgeltliche Zuwendung, die nach § 3 Abs. 1b UStG einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt ist. Sachspenden unterliegen als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer, soweit der (später gespendete) Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat.
Der Grund für diese steuerliche Behandlung: Die Umsatzbesteuerung der Entnahme kompensiert den vorangegangenen Vorsteuerabzug bei der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands und verhindert einen unversteuerten Letztverbrauch. Mit Verweis auf die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie sieht das BMF keine Möglichkeit, bei Sachspenden aus einem Unternehmensvermögen abweichend von diesen Grundsätzen dauerhaft auf eine Umsatzbesteuerung zu verzichten. Es hat aber eine Übergangsregelung für die Corona-Pandemie erlassen, die das in bestimmten Fällen ermöglicht (BMF, Schreiben vom 18.03.2021, Az. III C 2 ‒ S 7109/19/10002 :001, Abruf-Nr. 221337).
Spenden aus Betriebsvermögen werden als unentgeltliche Wertabgaben behandelt. Sie müssen also so versteuert werden, als wären sie verkauft worden. Während die Ertragsbesteuerung der Wertentnahme durch den Spendenabzug ausgeglichen wird, belastet die Umsatzsteuer auf die Wertabgabe das spendende Unternehmen. Die Umsatzsteuer muss in voller Höhe abgeführt werden. Der Spendenabzug darauf wirkt dagegen nur in Höhe des (Grenz-)Steuersatzes.
Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung
Die Bemessungsgrundlage einer Sachspende bestimmt sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeitpunkt der Spende. Das gilt auch für Gegenstände, die im „Spenderunternehmen“ selbst hergestellt werden (Abschn. 10.6 Abs. 1 S. 3 UStAE).
Keine Sachspende in diesem Sinne ‒ und damit keine (teilweise) unentgeltliche Wertabgabe ‒ liegt vor, wenn ein Gegenstand weit unter dem ursprünglichen Einkaufspreis verkauft wird. Abgesehen von Fällen der Mindest-Bemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG ‒ z. B. bei Verkauf an nahestehende Personen) muss hier kein fiktiver Einkaufspreis ermittelt werden. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist das tatsächliche Entgelt nach § 10 Abs. 1 S. 1 und S. 2 UStG.
Wichtig | Die Mindestbemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 1b UStG soll verhindern, dass Organisationen (z. B. Vereine) Leistungen an ihre Mitglieder, Gesellschafter und nahestehende Personen sehr niedrig ‒ sogar unter den Selbstkosten ‒ ansetzen, im Gegenzug aber den vollen Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Aufwendungen vornehmen. Die Mindestbemessungsgrundlage ist ein marktübliches Entgelt, das an die Stelle des zu niedrig angesetzten tatsächlichen Entgelts tritt (VB 03/2015).
Verkauf statt Spende als legales Steuersparmodell
Weil ein Verkauf unter Buchwert zu keiner Sachspende führt, bietet sich im Einzelfall folgendes Modell an: Das Unternehmen spendet die Gegenstände nicht, sondern verkauft sie zu einem niedrigen Preis an die gemeinnützige Einrichtung. Dann spendet sie den Verkaufserlös zurück. Hier handelt es sich um eine echte Geldspende und es entstehen ‒ über den Verkaufserlös hinaus ‒ keine umsatzsteuerlichen Folgen.
Das Buchwertprivileg bei Sachspenden
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 5 EStG darf bei der Entnahme zu Spendenzwecken aber der Buchwert angesetzt werden. Das sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten vermindert um Abschreibungen (Anlagevermögen) oder Wertkorrekturen (Umlaufvermögen). Wegen der steuerlichen Behandlung der unentgeltlichen Wertabgaben werden Unternehmen bei Spenden immer den niedrigeren Wert ansetzen. Das ist in der Regel der Buchwert. Der gilt dann auch für die Wertermittlung der Spende und damit für den auf der Zuwendungsbestätigung angegebenen Betrag.
Sonderfälle bei der Wertermittlung
Bei der unentgeltlichen Wertabgabe ist auch zu berücksichtigen ‒ so das BMF ‒, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind. Es nennt dafür folgende Fälle (BMF, Schreiben vom 18.03.2021, Az. III C 2 ‒ S 7109/19/10002 :001, Abruf-Nr. 221337):
- Lebensmittel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums
- Frischwaren, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wenn wegen Mängeln die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist
- Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum wie z. B. Kosmetika, Drogerieartikel, pharmazeutische Artikel, Tierfutter oder Bauchemieprodukte wie Silikon sowie Blumen und andere verderbliche Waren
- Waren mit erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern (z. B. Befüllungsfehler, Falschetikettierung, beschädigte Retouren)
- Waren mit fehlender Marktgängigkeit (z. B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel), die nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind
Wichtig | Bisher gab es dazu nur Erlasse der Länder (z. B. OFD Niedersachsen, Schreiben vom 27.03.2017, Az. S 7109 ‒ 31 ‒ St 171, Abruf-Nr. 193852). Demgegenüber hat das BMF den Kreis infrage kommender Artikel ausgeweitet (Saisonartikel und die genannten Non-Food-Produkte).
Der Umfang der Wertminderung
Werden solche Gegenstände im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben (z. B. als Spende), kann ‒ so das BMF ‒ eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen. Eine Bemessungsgrundlage von null Euro kann aber nur bei wertloser Ware angesetzt werden. Das gilt z. B. für Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist.
Keine Wertminderung bei Retouren im Versandhandel
Bei Retouren im Versandhandel sieht das BMF grundsätzlich keine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit. Das gilt zumindest dann, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen ausgesondert wird. Auch wenn diese Neuware ansonsten vernichtet werden würde, weil z. B. Verpackungen beschädigt sind, bei Bekleidung deutliche Spuren einer Anprobe erkennbar sind oder Ware verschmutzt ist, ohne dass sie beschädigt ist, führt das nicht dazu, dass die Neuware ihre Verkaufsfähigkeit vollständig verliert. Auch in diesen Fällen muss das Unternehmen einen fiktiven Einkaufspreis anhand objektiver Schätzungsunterlagen ermitteln.
Wichtig | Die Waren können also nicht zum Nullwert gespendet werden. Es kann aber ein deutlich verminderter Wert angesetzt werden. Der bildet dann auch den Wertansatz für die Sachspende.
Billigkeitsregelung des BMF bis Jahresende
Für die Zeit der Corona-Pandemie hat das BMF eine Sonderregelung erlassen. Sie gilt nur für Spenden, die zwischen dem 01.03.2020 und dem 31.12.2021 erfolgt sind. Danach wird bei Waren, die von Einzelhändlern, die durch die Corona-Krise unmittelbar wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendet werden bzw. gespendet worden sind, auf die Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe verzichtet (BMF, Schreiben vom 18.03.2021, Az. III C 2 ‒ S 7109/19/10002 :001, Abruf-Nr. 221337.
Das BMF nennt hier vor allem den Textilhandel, bei dem sich Saisonware in einmalig großen Mengen angestaut hat, die jetzt nur noch schwerlich abzusetzen ist. Unklar ist aber, welche Unternehmen konkret begünstigt sind. Dem Wortlaut des Erlasses nach gilt die umsatzsteuerfreie Abgabe nur für Waren (nicht für Gegenstände des Anlagevermögens) und nur für Unternehmen, die durch die Pandemie unmittelbar und erheblich wirtschaftlich betroffen sind.
Wichtig | Die Frage betrifft aber nur die Unternehmen, nicht die Spendenempfänger. Bei Spenden aus Betriebsvermögen muss die gemeinnützige Empfängerorganisation keine Wertermittlung vornehmen. Sie darf sich auf die Wertangabe des Unternehmens verlassen. Lediglich bei erkennbar überhöhten Wertangaben ist Vorsicht geboten. Hier kann es zu einer Spendenhaftung wegen unrichtig ausgestellter Zuwendungsbescheinigungen kommen.