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  • · Fachbeitrag · Zweckbetriebe

    FG Hamburg bezieht Stellung: Wann sind Jugendreisen im Zweckbetrieb begünstigt?

    | Das FG Hamburg musste sich mit der Frage befassen, wann Jugendreisen eines Sportvereins als Zweckbetrieb begünstigt sind. VB stellt Ihnen Fall, Entscheidung und Konsequenzen für die Praxis vor. |

    Der Fall: Sportjugend reist zu internationalen Begegnungen

    Ein eingetragener Verein mit den Satzungszwecken „Pflege und Förderung des Amateursports und der Jugendarbeit“ führte Jugendreisen durch. Dabei fanden jährlich internationale Jugendbegegnungen statt. Die jugendlichen Reiseteilnehmer wohnten einzeln bei Gasteltern und nahmen dort an diversen lokalen sportlichen und kulturellen Programmpunkten teil.

     

    Nach Auffassung des Finanzamts waren die Jugendreisen nicht als Zweck-betrieb, sondern als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzuordnen, weil der Verein damit in Wettbewerb zu nicht begünstigten Wettbewerbern trat. Es überwog der Freizeitcharakter der Reise. Der erzieherische Charakter sei nicht nachgewiesen worden.

    FG Hamburg verneint Zugehörigkeit zum Zweckbetrieb

    Das FG folgte der Auffassung des Finanzamts und begründete das wie folgt (FG Hamburg, Urteil vom 05.12.2024, Az. 5 K 125/23, Abruf-Nr. 246725):

     

    Jugendreise war kein besonderer Zweckbetrieb

    Die Jugendreise sei weder ein Zweckbetrieb i. S. v. § 68 Nr. 1b AO noch i. S. v. § 66 Abs. 1 AO. Der Verein betreibt nämlich weder ein Schullandheim noch eine Jugendherberge i. S. v. § 68 Abs. 1b AO.

     

    PRAXISTIPP | Diese sog. besonderen Zweckbetriebe (§§ 66 bis 68 AO) müssen nur den engen Satzungsbezug erfüllen, nicht wie die allgemeinen Zweckbetriebe nach § 65 AO auch die Zwecknotwendigkeit und das Konkurrenzverbot.

     

    Der Verein hatte auch keine mildtätigen Zwecke nachgewiesen, d. h. der Teilnehmerkreis der Reise erfüllte nicht die Voraussetzungen für eine persönliche oder wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit.

     

    Jugendreise war kein allgemeiner Zweckbetrieb

    Das FG sah auch die Voraussetzungen für einen allgemeinen Zweckbetrieb nach § 65 AO nicht erfüllt. Danach liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn alle drei der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

     

    • 1. Zwecknähe: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss in seiner Gesamtrichtung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO).

     

    • 2. Zwecknotwendigkeit: Die Zwecke dürfen nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können.
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    • 3. Konkurrenzverbot: Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es unvermeidbar ist.

    Das ergab die Kriterien-Prüfung des FG

    Das FG sah weder die Zwecknotwendigkeit noch das Konkurrenzverbot als erfüllt.

     

    1. Kriterium „Zwecknähe“ war gegeben

    Keine Zweifel hatte das FG, dass die Jugendreise in ihrer konkreten Ausgestaltung dem Satzungszweck der Pflege und Förderung der Jugendarbeit und damit der Förderung der Jugendhilfe nach § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 AO diente.

     

    PRAXISTIPP | Damit wären Jugendreisen eine grundsätzlich unschädliche satzungsbezogene Tätigkeit. Die damit erzielten Einnahmen sind aber nicht ertragsteuerfrei.

     

    Zu den förderungswürdigen Leistungen der Jugendhilfe gehört nach § 11 SGB VIII die Jugendarbeit. Die umfasst insbesondere

    • außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung,
    • Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit,
    • arbeitswelt-, schul- und familienbezogene Jugendarbeit,
    • internationale Jugendarbeit,
    • Kinder- und Jugenderholung sowie Jugendberatung.

     

    Vor diesem Hintergrund ‒ so das FG ‒ dienten die Jugendreisen der Förderung und Pflege der Jugendarbeit im Sinne der Satzung. Die konkreten Erlebnisse während der Jugendreise, wie sie sich aus dem Reisebericht ergeben, dienen der geistigen und charakterlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen, mündigen Menschen. Dass das im Rahmen einer Reise stattfindet, die auch (zu einem kleinen Anteil) Erholungszwecken dient, war unschädlich.

     

    2. Kriterium „Zwecknotwendigkeit“ war nicht gegeben

    Allerdings war für das FG das Kriterium „Zwecknotwendigkeit“ nicht erfüllt. Der Satzungszweck Jugendarbeit kann durch den Zweckbetrieb Jugendreise nicht erreicht werden. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eines gemeinnützigen Vereins ist nur dann unschädlich, wenn er sich von der Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks nicht trennen lässt, sondern das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist.

     

    Zum anderen verlangt § 65 Nr. 2 AO, dass die Leistung als solche das Gemeinwohl unmittelbar fördert. Und zwar besser, als dies nichtprivilegierte Unternehmer mit einer gleichen Leistung tun würden. Für das FG war aber nicht ersichtlich, dass der Verein mit einer solchen Jugendreise ein qualitativ besseres Angebot machen könnte als ein nichtprivilegierter Unternehmer.

     

    3. Auch das Kriterium „Wettbewerbsklausel“ war nicht erfüllt

    Darüber hinaus lag für das FG ein Verstoß gegen § 65 Nr. 3 AO vor. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Jugendreise trat zu nicht begünstigten Betrieben derselben Art in größerem Umfang in Wettbewerb, als es zur Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar war.

     

    Eine Wettbewerbsverzerrung besteht nur dann nicht, wenn ein sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliegt. Dabei ist zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Sind die von der Körperschaft verfolgten steuerbegünstigten Zwecke auch ohne steuerlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, ist gemeinnützigkeitsrechtlich eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar.

     

    Ein Wettbewerb im Sinne der Vorschrift ist gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb und der oder die nicht begünstigten Betriebe dem gleichen Kundenkreis im gleichen Einzugsgebiet gleiche Leistungen anbieten oder anbieten könnten. Das war im konkreten Fall so. Es gab auch andere Anbieter, die Jugendreisen mit einem Aufenthalt bei Gasteltern verbinden.

     

    Für das FG stand fest, dass das Angebot der Jugendreise durch den Verein generell geeignet ist, andere Anbieter zu verdrängen. Es war zudem auch nicht dazu geeignet, zu einer Ausweitung des Güterangebots insgesamt zu führen. Ferner war nicht ersichtlich, dass gerade solche Jugendlichen das Angebot annehmen würden, die eine solche Jugendreise nicht auch von einem entgeltlichen Anbieter in Anspruch nehmen würden.

    Konsequenz für die Praxis

    Jugendreisen sind nach dieser Rechtsauffassung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe regelmäßig kein Zweckbetrieb. In Frage käme eine Begünstigung nur im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Schullandheims oder einer Jugendherberge nach § 68 Abs. 1b AO; außerdem bei mildtätigen Zwecken. Dabei müssen aber mindestens zwei Drittel der Teilnehmer nachweislich wirtschaftlich oder persönlich hilfebedürftig i. S. v. § 53 AO sein.

     

    Das FG Hamburg bestätigt damit eine ähnliche Entscheidung des FG Köln (Urteil vom 19.01.2017, Az. 13 K 1160/13, Abruf-Nr. 195384). Es hat seine Auffassung allerdings sehr viel detaillierter begründet, vor allem in Hinsicht auf den Zweckbezug von Jugendreisen.

     

    PRAXISTIPP | Das FG hat die Revision ausdrücklich zugelassen, allerdings nur bezüglich einer anderen Frage, nämlich nach der Verlustverrechnung zwischen verschiedenen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben. Bis Redaktionsschluss war die Revision beim BFH aber noch nicht eingeganen

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Sportreisen: Auf Steuer- und Gemeinnützigkeitsrisiken achten“ aus VB-Sonderausgabe 2/2017, Seite 25 → Abruf-Nr. 44940191
    Quelle: Ausgabe 03 / 2025 | Seite 3 | ID 50329393