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  • · Fachbeitrag · Mindestlohn

    Mindestlohn im Ehrenamt: Das Bundes-arbeitsministerium hat Stellung bezogen

    | Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat sich zur Anwendung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) im Verein geäußert. Damit liegt erstmals eine umfassende regierungsamtliche Stellungnahme vor. |

    Was kennzeichnet ein MiLoG-freies Ehrenamt?

    Ehrenamtlich Tätige sind vom MiLoG nicht betroffen (§ 22 Abs. 3 MiLoG). Wann liegt also eine ehrenamtliche Tätigkeit vor?

     

    Das unterscheidet Ehrenamt von Erwerbstätigkeit

    Für das BMAS ist das dann der Fall, wenn die Tätigkeit nicht der Sicherung oder Besserung der wirtschaftlichen Existenz dient, sondern Ausdruck einer inneren Haltung gegenüber Belangen des Gemeinwohls sowie den Sorgen und Nöten anderer Menschen ist.

     

    Ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Ehrenamt vorliegt, kann nur nach einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Eine pauschale Einordnung ist also nicht möglich.

     

    Sozialversicherungsfreiheit als Kennzeichen ehrenamtlicher Tätigkeit

    Dabei geht das BMAS davon aus, dass eine ehrenamtliche Tätigkeit regelmäßig sozialversicherungsfrei sein muss. Das gilt zunächst für die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale (§ 3 Nr. 26 und 26a EStG).

    In diesen Fällen liegt kein Ehrenamt mehr vor

    Das BMAS hat in der 45-seitigen Broschüre auch klargestellt, wann seiner Ansicht nach keine „MiLoG-freie“ ehrenamtliche Tätigkeit mehr vorliegt (Abruf-Nr. 144403)

     

    Minijob unterliegt dem MiLoG

    Wird ein Beschäftigter aus steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Gründen als Minijobber angemeldet sind, handelt es sich demgegenüber regelmäßig um Arbeitnehmer. Vergütungen an solche „Quasifreiwilligen“ unterliegen also dem Mindestlohn, auch wenn die Personen aus einer gemeinnützigen Motivation heraus tätig werden.

     

    Damit widerspricht die neue Broschüre der Auffassung, die DFB, DOSB und BMAS noch in einer gemeinsamen Stellungnahme dargestellt haben. Danach gäbe es - im Bereich der Vertragsamateure - keinen Automatismus, wonach die Anmeldung bei der Minijobzentrale gleichzeitig ein Arbeitsverhältnis im Sinne des MiLoG bedeutet.

    Pauschaler Aufwandsersatz und Vergütungen bei Amateursportlern

    Ein weiterer Fall, bei dem ein Arbeitsverhältnis vorliegen kann, ist der pauschale Aufwandsersatz bei Amateursportlern. Das BMAS geht davon aus, dass hier Zahlungen dann nicht unter den Mindestlohn fallen, wenn sie maximal 200 Euro pro Monat betragen.

     

    Die Behandlung von Vertragsamateuren lässt das BMAS offen. Vertragsamateure stellten eine Mischform zwischen Amateur- und Berufssportler dar. Daher müsse im Einzelfall überprüft werden, ob ein Arbeitnehmerverhältnis vorliegt.

     

    Weisungsrecht als wichtiges Kriterium

    Auch eine als ehrenamtlich oder freiwillig bezeichnete Tätigkeit kann sich - so das BMAS - als Arbeitsverhältnis darstellen. Als Kriterium dafür nennt das Ministerium ein umfangreiches Weisungsrecht des Auftraggebers. Liegt das vor, ist die Vereinbarung der Ehrenamtlichkeit nicht rechtswirksam. In diesem Fall besteht tatsächlich ein Arbeitsverhältnis, das sich in rechtlicher Hinsicht von anderen Arbeitsverhältnissen nicht unterscheidet.

     

    Wichtig | Vertragsrechtlich wird die ehrenamtliche Tätigkeit in der Regel als Auftrag im Sinn des §§ 662 bis 674 BGB eingeordnet. Hier besteht zwar ein grundsätzliches Weisungsrecht des Auftraggebers, aber mangels Vergütung fehlt eine Sanktion bei Verstößen gegen die Weisungen. Ehrenamtler sind also typischerweise Freiwillige, die sich nur soweit den Weisungen eines Auftraggebers „unterwerfen“, als sich das mit ihren eigenen Zielen und Vorstellungen deckt. Dass Ehrenamtler nach Weisungen handeln, ist also erst bei nennenswerter Vergütung rechtlich von Bedeutung.

     

    „Unechte Freiwilligendienste“

    Ehrenamtlich tätig sind nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zum MiLoG auch Personen, die einen „echten“ Freiwilligendienst im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d EStG leisten. Im Umkehrschluss heißt das: Vom Mindestlohn erfasst werden „unechte Freiwilligendienste“ (zum Beispiel bei Wohlfahrtsorganisationen), die außerhalb des Bundesfreiwilligengesetzes als Praktika oder Minijobs ausgestaltet sind. Das BMAS empfiehlt den Trägern hier, die Möglichkeiten des Bundesfreiwilligengesetzes zu nutzen - also gegebenenfalls mehr „echte“ Freiwilligendienste anzubieten.

     

    Kombination von Ehrenamt und Minijob

    Das BMAS geht davon aus, dass es sich um ein einziges Arbeitsverhältnis handelt, wenn Ehrenamts- bzw. Übungsleiterpauschale und Minijob kombiniert werden. Sie fallen komplett unter das MiLoG. Das heißt: Der Mindestlohn gilt auch für den Teil der Vergütung, der auf Basis der Pauschalen - lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei - abgerechnet wird.

     

    Folge: Die bisher übliche einheitliche Handhabung von Ehrenamt und Minijob ist zwar sozialversicherungsrechtlich zulässig, verstößt aber gegen das MiLoG, wenn der Stundenlohn von 8,50 Euro nicht eingehalten wird.

     

    • Beispiel

    Ein Übungsleiter erhält pauschal 650 Euro monatlich in einem Sportverein für seine Tätigkeiten, wozu neben der Anleitung und Betreuung von Sportlern auch die Materialpflege sowie die Kontrolle der Trainingsstätten fällt. Dieser Betrag setzt sich aus 200 Euro Übungsleiterpauschale und einem Minijob von 450 Euro zusammen. Ein Arbeitsvertrag, der zwischen den Tätigkeiten differenziert, existiert nicht.

     

    Folge: Da sich Inhalt und Umfang der Beschäftigung als Minijobber nicht klar von der der über die Übungsleiterpauschale abgerechneten Teil der Tätigkeit abgrenzen lassen, fällt die gesamte Tätigkeit unter den Mindestlohn.

     

    PRAXISHINWEIS | Um das zu vermeiden, sollte sich klar ergeben, welche Leistungen im welchen Umfang Bestandteil des Minijobs sind und welche Leistungen im Rahmen der Übungsleiter- oder Ehrenamtspauschale erbracht werden. Es muss sich also um Tätigkeiten handeln, die sich nach Inhalt, Ort der Tätigkeit oder anderen Kriterien voneinander unterscheiden. Dazu ist ein entsprechender schriftlicher Arbeitsvertrag erforderlich, der am besten Inhalt und Umfang der Tätigkeiten regelt, mindestens aber eine entsprechende Tätigkeitsbeschreibung mit Festlegung des Zeitumfangs.

    • Beispiel

    Ein Übungsleiter betreut im Verein abends eine Jugendmannschaft. Daneben reinigt er - mit entsprechendem Arbeitsvertrag auf Minijob-Basis - die Räumlichkeiten desselben Vereins.

     

    Folge: Ein Nebeneinander von Ehrenamt und Minijob ist in diesem Fall möglich, solange die vertraglich definierten Tätigkeiten des Minijobs mit entsprechender Stundenzahl von den übrigen Tätigkeiten abgegrenzt werden können. Der Mindestlohn gilt dann nur für die vertraglich auf Minijobbasis vereinbarten Reinigungsarbeiten. Für das ehrenamtliche Engagement, für die beispielsweise eine Aufwandsentschädigung oder eine Übungsleiterpauschale bezahlt werden kann, gilt der Mindestlohn nicht.

     

    Beachten Sie | Anders sieht es aus, wenn eine einheitliche Tätigkeit nur unterschiedlich abgerechnet wird oder keine entsprechenden vertraglichen Regelungen bestehen.

    Prüfschema erleichtert Einordnung in der Praxis

    Das nachfolgende Prüfschema ermöglicht Ihnen, zu erkennen, inwieweit Beschäftigungsverhältnisse und andere Tätigkeiten im und für den Verein unter das MiLoG fallen.

     

     

    FAZIT | Die in der gemeinsamen Stellungnahme von DFB, DOSB und BMAS angekündigte Befreiung des Amateursports vom Mindestlohn ist in der Broschüre des BMAS nicht erwäjhnt oder umgesetzt. Zwar wird der Zoll laut diesen Vorgaben keine Prüfungen bei Sportvereinen durchführen. Es bleibt aber das Problem, dass die Sozialversicherungsträger die Abgaben nach bisheriger Rechtslage auf Basis der Mindestbemessungsgrundlage berechnen, die sich aus dem Mindestlohn ergibt. Für Vereine wichtig ist die Klarstellung des BMAS zur Kombination von Minijob und Ehrenamts- bzw. Übungsleiterpauschale: Mindestlohnfrei bleiben die Pauschalen nur, wenn damit eigenständige, klar abgrenzbare Tätigkeiten vergütet werden. Dagegen sind Ehrenamts- und Übungsleiterfreibetrag mindestlohnpflichtig, wenn sie als abgabenfreier Vergütungsteil von einer höheren Gesamtvergütung lediglich rechnerisch abgegrenzt werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Mindestlohn im (Sport-)Verein: Der von Frau Nahles verkündete Befreiungsschlag ist keiner“, VB 3/2015, Seite 4
    • Eine Sonderausgabe „Mindestlohn im Verein - So schützen Sie sich vor unliebsamen Überraschungen“ finden Sie auf vb.iww.de unter Downloads → Sonderausgaben
    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 8 | ID 43342125