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  • · Fachbeitrag · Mindestlohngesetz

    Mindestlohn im (Sport-)Verein: Der von Frau Nahles verkündete Befreiungsschlag ist keiner

    von Ulrich Goetze, Steuerberater, Wunstorf

    | Das „Spitzengespräch“ beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Ministerin Andrea Nahles, dem Präsidenten den DOSB Alfons Hörmann und zwei Vorstandsmitgliedern des DFB hat außer Allgemeinplätzen keine substanziellen Änderungen bei der Anwendung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) für Sportvereine gebracht. Der groß verkündete „Befreiungsschlag“ ist keiner. Erfahren Sie nachfolgend, warum das so ist und was in Sportvereinen in punkto Mindestlohn nach wie vor veranlasst ist. |

    „Zukunft der Amateure im deutschen Sport ist gesichert“?

    Diese zentrale Aussage von Ministerin Nahles auf der Pressekonferenz im Anschluss an das Spitzengespräch wird vom DFB als „Meilenstein für den Fußball in Deutschland“ gewürdigt. Nahles führte aus: „Wir haben Lösungen gefunden. Die Zukunft der Vertragsamateure im deutschen Sport ist gesichert. Das zeitliche und persönliche Engagement dieser Sportler zeigt eindeutig, dass nicht die finanzielle Gegenleistung, sondern die Förderung des Vereinszwecks und der Spaß am Sport im Vordergrund stehen. Für diese Vertragsspieler ist folglich auch dann kein Mindestlohn zu zahlen, wenn sie mit einem Minijob ausgestattet sind.“

     

    DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch ergänzt dieses Statement unter anderem mit dem Hinweis, dass eine Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium dahingehend gefunden wurde, dass die Zollbehörden sich nicht aufgrund des MiLoG an die Vereine wenden und Kontrollen bei Vertragsamateuren durchführen werden. Damit sei eine große Portion Sicherheit und Klarheit für die Vereine geschaffen worden.

    Rechtliche Fragen sind ungeklärt

    Wir versehen die Überschrift zur Sicherung des Amateursports mit einem großen Fragezeichen. Die Bewährungsprobe steht noch aus: Wie legen die Arbeitsgerichte das Gesetz aus?

     

    Auch für Vertragsamateure gelten die Regeln normaler Arbeitsverträge

    Ist in einem Vertrag mit einem Sportler die Teilnahme am Training und an den Wettkämpfen explizit geregelt und steht diesen Pflichten die Zahlung einer Vergütung durch den Verein gegenüber, handelt es sich um einen „Arbeitsvertrag“. Es sind die arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten einzuhalten. Hierzu gehört die Zahlung eines Mindestlohns von 8,50 Euro - einschließlich der Verpflichtung, die Arbeitszeiten nach § 2 MiLoG aufzuzeichnen.

     

    Sozialversicherungspflicht von Amateursportlern

    Da seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eine gesetzliche Klarstellung zum Umfang bzw. der Grenze des mitgliedschaftlichen Einsatzes von Sportlern nicht kommen wird, ist die Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis anhand der vorliegenden Rechtsprechung zu treffen.

     

    Standardgrundlage der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Amateursportlern ist das Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes vom 13. März 2013 (Abruf-Nr. 140244). Danach wird bei Amateursportlern und Vertragsamateuren die widerlegbare Vermutung aufgestellt, dass bei Zahlungen bis zur Höhe von 200 Euro im Monat keine wirtschaftliche Gegenleistung erbracht und damit keine sozialversicherungsrechtlich relevante Beschäftigung ausgeübt wird. Dabei sind Prämien und Einmalzahlungen prospektiv einzubeziehen.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Es handelt sich nicht um einen Freibetrag. Wird der Grenzwert von 200 Euro im Monat überschritten und infolgedessen ein Beschäftigungsverhältnis begründet, ist nicht nur der übersteigende Teil als Arbeitsentgelt anzusehen, sondern der gesamte Betrag der gewährten Leistungen bzw. Zuwendungen.
    • Voraussetzung für eine Sozialversicherungsfreiheit ist zudem, dass keine gesonderte schriftliche Vertragsvereinbarung besteht und die Sportler allein aufgrund ihrer mitgliedschaftsrechtlichen Bindungen tätig werden.
    • Vertragsamateure fallen deswegen regelmäßig nicht unter die 200-Euro-Grenze der Sozialversicherungsträger.
    • Ist nach diesen Vorgaben von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, sind auch die Vorgaben des MiLoG einzuhalten, beispielsweise die Aufzeichnungspflichten der Arbeitszeit und die regelmäßige Vergütung mit 8,50 Euro pro Stunde.
     

    MiLoG-Befreiung für ehrenamtliche Tätigkeiten?

    Alle übrigen ehrenamtlichen Tätigkeiten, insbesondere als Übungsleiter und Helfer bei Vereinsaktivitäten sind nur vom Mindestlohn befreit, wenn sich die Höhe der Vergütung im Rahmen des nachgewiesenen Aufwendungsersatzes bewegt oder die anzuwendenden Freibeträge nach § 3 Nr. 26 EStG von 2.400 Euro bzw. nach § 3 Nr. 26a EStG von 720 Euro nicht überschritten werden. In der Presseerklärung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ehrenamtliche Tätigkeiten nur im Rahmen der Aufwandsentschädigung und Auslagenersatz vergütet werden sollen. Nur da wäre das MiLoG nicht zu beachten.

     

    FAZIT | Solange es weder eine Änderung des MiLoG noch neue Vorgaben der Sozialversicherungsträger gibt, muss Sportvereinen unbedingt davon abgeraten werden, Zahlungen über die genannten Grenzen hinaus ohne Rücksicht auf den Mindestlohn zu leisten. Bis dahin gilt, dass für jeden Einzelfall geprüft werden muss, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, das dann grundsätzlich auch mindestlohnpflichtig ist. Die Sonderausgabe „Der Mindestlohn betrifft fast alle Vereine: So schützen Sie sich vor unliebsamen Überraschungen“, in denen „VB“ Ihnen auf 17 Seiten alle Informationen zum Umgang mit dem MiLoG im Verein liefert, stellt deshalb nach wie vor den Stand der Dinge dar. Sie finden die Sonderausgabe auf vb.iww.de unter Downloads → Sonderausgaben.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 4 | ID 43225481