· Fachbeitrag · Vereinsbesteuerung
Zuwendungen an Mitglieder (Teil 2): Das sind die umsatzsteuerlichen Folgen beim Verein
| Zuwendungen an Mitglieder werden bei Vereinen meist nur bezogen auf die Gemeinnützigkeit betrachtet. Bleiben sie aber nicht in einem geringfügigen Rahmen, hat das steuerliche Folgen ‒ je nach Fall für den Verein und auch für die Mitglieder. Im zweiten Teil der VB-Beitragsreihe zum Thema „Zuwendungen an Mitglieder“ zeigt VB, welche umsatzsteuerlichen Folgen solche Zuwendungen nach sich ziehen können. |
So werden Zuwendungen umsatzsteuerlich eingeordnet
Zuwendungen von Vereinen an ihre Mitglieder aus dem nichtunternehmerischen ‒ und damit nicht steuerbaren ‒ Bereich bleiben umsatzsteuerlich ohne Folgen. Umsatzsteuerlich relevant können unentgeltliche oder teilentgeltliche Leistungen an Mitglieder nur werden, wenn sie aus dem unternehmerischen Bereich des Vereins stammen. Hier gilt für Vereine:
- Für Geschenke hat die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung bei geringem Wert erlassen. Bei Geschenken von höherem Wert ist der Betriebsausgaben- und damit der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Entsprechend wird die Abgabe auch nicht umsatzbesteuert.
- Zudem gibt es mit der sog. Mindestbemessungsgrundlage eine Sonderregelung für unentgeltliche oder teilentgeltliche Leistungen mit Vorsteuerabzug (§ 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG). Sie gilt z. B. für stark rabattierte Leistungen.
Das gilt für Geschenke an Mitglieder
Für Geschenke an Mitglieder und Dritte gelten die Regelungen zu unentgeltlichen Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b UStG und § 3 Abs. 9a UStG). Darunter fallen
- alle unentgeltlichen Lieferungen oder sonstige Leistungen,
- die Vereine aus ihrem unternehmerischen Bereich an ihre Mitglieder oder an Personen erbringen, die den Mitgliedern nahe stehen (= Angehörige im weit gefassten Sinne des § 15 AO).
Ausgenommen sind lediglich Zuwendungen an Personal, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.
Wichtig | Zum Teil behandelt die Finanzverwaltung zwar Zuwendungen an Mitglieder bei gemeinnützigen Vereinen in Anlehnung an R 19.6 LStR wie Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer. Das ist aber zum einen nicht einheitlich geregelt, zum anderen liegt hier kein Beschäftigungsverhältnis vor.
Für unentgeltliche Wertabgaben gelten die allgemeinen Umsatzsteuerbefreiungen und -ermäßigungen (UStAE Abschnitt 3.2. Abs. 2).
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Der Verein muss Geschenke an Mitglieder, die aus dem unternehmerischen Bereich stammen, als unentgeltliche Wertabgaben versteuern. Sie werden damit einem Umsatz gleichgestellt.
Das gilt für Geschenke bis zu einem Wert von 50 Euro
Geschenke von geringem Wert von bis zu 50 Euro (Nettobetrag ohne Umsatzsteuer) können als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG). Der Betrag bezieht sich auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der zugewendeten Gegenstände pro Person und Jahr. Diese Freigrenze gilt sowohl für Sachgeschenke als auch für Geschenke in Form anderer geldwerter Vorteile (z. B. Eintrittskarten zu kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen). Nach Abschn. 3.3. Abs. 11 UStAE ist die Abgabe von Geschenken von geringem Wert nicht steuerbar. Dennoch ist ein Vorsteuerabzug möglich.
PRAXISTIPP | Da sich der Betrag weitgehend mit der bekannten Annehmlichkeitengrenze von 40 bzw. 60 Euro deckt, sollte eine getrennte Aufzeichnung durch den Verein erfolgen. |
Das gilt für Geschenke mit einem Wert über 50 Euro
Bei Geschenken über 50 Euro pro Jahr und Person ist nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG kein Betriebsausgabenabzug möglich. Entsprechend werden diese Geschenke auch umsatzsteuerlich behandelt. Es kann kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden, die Zuwendungen werden nicht als unentgeltliche Wertabgaben umsatzbesteuert.
Das ist die Mindestbemessungsgrundlage
Leistungen an Mitglieder werden von Vereinen nicht selten unter den Eigenkosten erbracht. Erbringt der Verein diese Leistungen mit Vorsteuerabzug, käme es zu einem (teilweise) unversteuerten Endverbrauch.
Wichtig | Die Mindestbemessungsgrundlage greift also nur, wenn die entsprechenden Leistungen mit vorsteuerabzugsfähigen Kosten (Eingangsumsätzen) generiert wurden. Für Leistungen eines Vereins an seine Mitglieder gilt deswegen nach § 10 Abs. 5 UStG eine Sonderregelung: Bei verbilligten Leistungen ist zu prüfen, ob die Mindestbemessungsgrundlage anzusetzen ist. Dabei wird unterstellt, dass Vereine die Entgelte für Leistungen an Mitglieder eher zu niedrig ‒ sogar unter den Selbstkosten ‒ ansetzen, im Gegenzug aber den Vorsteuerabzug aus den entsprechenden Aufwendungen vornehmen. Das soll die Mindestbemessungsgrundlage einschränken.
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Ein Sportverein überlässt seine Einrichtungen entgeltlich an Mitglieder und Dritte. Mitglieder zahlen dabei weniger als Dritte. |
Wird die Leistung an Mitglieder, Gesellschafter oder Teilhaber erbracht, bemisst sich die Umsatzsteuer nicht nach dem tatsächlich berechneten Entgelt für die Leistung, sondern nach dem Einkaufspreis oder den entstandenen Ausgaben nach § 10 Abs. 5 UStG. Diese Mindestbemessungsgrundlage wird zur Berechnung der Umsatzsteuer verwendet, wenn ein Entgelt entweder nicht vorhanden ist oder unterhalb des Marktpreises liegt. Sie gilt nicht nur für Leistungen an Mitglieder, sondern auch an nahestehende Personen.
Marktübliches Entgelt als Obergrenze
Als Bemessungsgrundlage können das marktübliche Entgelt oder die Selbstkosten des Vereins (Mindestbemessungsgrundlage) gewählt werden. Vereine können also den jeweils niedrigsten Bezugswert nehmen. Das ist vor allem deswegen relevant, weil entsprechende Leistungen (z. B. Nutzung von Sportanlagen und -geräten) oft nur von anderen Vereinen angeboten werden, also die Preise nicht mit gewerblichen Konkurrenten verglichen werden können.
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Ein Kulturverein, der ein Kino betreibt, verkauft die Eintrittskarten einheitlich für neun Euro (mit sieben Prozent Umsatzsteuer). Der Kinobetrieb wird wesentlich durch Zuschüsse finanziert. Weil der Durchschnittspreis für die Karten kommerzieller Kinobetreiber am Ort nicht höher ist, greift statt der Mindestbemessungsgrundlage das marktübliche Entgelt. |
Keine Mindestbemessung bei vollem Vorsteuerabzug
Die Mindestbemessungsgrundlage greift nicht, wenn Leistender und Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind (BFH, Urteil vom 05.06.2014, Az. XI R 44/12, Abruf-Nr. 142420).
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Die Einzelhändler eines Einkaufcenters sind in einem Verein organisiert, der gemeinsame Werbemaßnahmen für sie koordiniert. Auf Mitgliedsbeiträge und weitere Entgelte der Mitglieder wird Umsatzsteuer berechnet. Weil die Mitglieder vorsteuerabzugsfähig sind, spielt die Mindestbemessungsgrundlage keine Rolle. |
Vereinfachte Behandlung von gemeinnützigen Vereinen
Nach Abschnitt 10.7. Abs. 1 UStAE wird bei der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage zwischen gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Vereinen unterschieden. Bei nicht gemeinnützigen Vereinen wird die Mindestbemessungsgrundlage angesetzt, wenn die bei der Überlassung der Vereinseinrichtungen entstandenen Ausgaben das vom Mitglied gezahlte Entgelt übersteigen. Es wird dann nicht mehr geprüft, ob ein Teil der Mitgliederbeiträge als Entgelt für Sonderleistungen anzusehen ist.
Gemeinnützige Vereine werden großzügiger behandelt, weil die Mitglieder keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten dürfen. Erbringt der Verein an seine Mitglieder Sonderleistungen gegen Entgelt, braucht aus Vereinfachungsgründen eine Ermittlung der Ausgaben erst dann vorgenommen zu werden, wenn die Entgelte offensichtlich nicht kostendeckend sind.
Behandlung von Leistungen aus Zweckbetrieben
Die OFD Karlsruhe überträgt dieses Verfahren auch auf die Leistungen an Mitglieder im Rahmen von Zweckbetrieben gemeinnütziger Vereine. Die Mindestbemessungsgrundlage muss demnach aus Vereinfachungsgründen erst dann ermittelt werden, wenn die Entgelte offensichtlich nicht kostendeckend sind. Das gilt für alle Fälle, in denen die Entgelte für Sonderleistungen nicht mindestens 50 Prozent der Aufwendungen betragen. Zu den anzusetzenden Kosten gehören dabei auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert werden (OFD Karlsruhe, Schreiben vom 25.08.2011, Az. S 7200, Abruf-Nr. 113616).
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Ein Bildungsträger in der Rechtsform eines e. V. nimmt für seine Kurse (Zweckbetrieb) Teilnahmegebühren, die etwa die Hälfte der Kosten decken. Die restliche Finanzierung erfolgt aus öffentlichen Zuschüssen. Seinen Mitgliedern gewährt er 25 Prozent Rabatt. Hier wird als Umsatz die Mindestbemessungsgrundlage angesetzt. In die Bemessungsgrundlage müssen alle Kosten der Kurse eingerechnet werden, die vorsteuerabzugsfähig sind. |
PRAXISTIPP | Vielfach sind die Umsätze in Zweckbetrieben aber steuerbefreit. Bei Bildungsveranstaltungen kann das z. B. nach § 4 Nr. 22a UStG der Fall sein. Für die Teilnahmegebühren für Sportkurse gilt die Befreiung nach § 4 Nr. 22a UStG. Dann ist auch die Frage nach einer Mindestbemessungsgrundlage irrelevant. |
Wichtig | Rabatte, die Mitgliedern im Rahmen eines Zweckbetriebs gewährt werden, führen also nicht in gleicher Höhe zu einer Verminderung der Umsatzsteuer, weil nach den dargestellten Grenzen die Mindestbemessungsgrundlage für die Ermittlung der Umsatzsteuer unterlegt wird. Da die Ermittlung der Mindestbemessungsgrundlage vergleichsweise aufwendig ist, sollte der Verein darauf achten, mit Rabatten an Mitgliedern die 50-Prozent-Grenze bei der Kostendeckung nicht zu unterschreiten. Von der Finanzverwaltung nicht geklärt ist bisher, ob solche Rabatte einen Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit darstellen und damit gemeinnützigkeitsschädlich sind. Zumindest wenn ihr Wert nicht höher ist als der Mitgliedsbeitrag, sollte das Finanzamt hier aber keine Bedenken haben. Da die OFD Karlsruhe erst bei einem Preis von 50 Prozent der Aufwendungen einen steuerrelevanten Tatbestand sieht, kann wohl davon ausgegangen werden, dass auch gemeinnützigkeitsrechtlich nur erhebliche Rabatte schädlich sind.
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Zuwendungen an Mitglieder (Teil 1): Die ertragsteuerliche Behandlung beim Verein“, VB 1/2025, Seite 8 → Abruf-Nr. 50270693
- In der nächsten Ausgabe lesen Sie, wie Zuwendungen des Vereins auf Seiten der Mitglieder steuerlich behandelt werden.