· Fachbeitrag · Leserforum
Aktuelle Rechtsfragen zur doppelten Einberufung einer Mitgliederversammlung
| Ein Leser hat folgende Frage: Der Vorstand unseres Kindergartenvereins hat gegen den mehrheitlichen Willen der Mitglieder zwei Erzieherinnen gekündigt. Um ein entsprechendes Votum der Mitgliederversammlung (MV) zu deren Wiedereinstellung zu verhindern, weigerte sich der Vorstand, eine Versammlung einzuberufen. Daraufhin wurde ein Minderheitenbegehren durchgeführt. Da der Vorstand sich immer noch weigerte, eine MV einzuberufen, wurden Mitglieder vom Registergericht zur Einberufung bevollmächtigt. Als Tagesordnungspunkte wurden die Neuwahl des Vorstands und die Beschlussfassung zur Wiedereinstellung der Erzieherinnen festgelegt. Daraufhin berief der Vorstand seinerseits eine Versammlung ein, die eine Woche vor der „Mitglieder-MV“ stattfinden soll. Ist das zulässig und was ist in einem solchen Fall zu tun? |
Beide Einberufungen können wirksam sein
Eine Doppeleinberufung ist möglich, und beide Einberufungen können auch wirksam sein. Dadurch dass das Registergericht Mitglieder ermächtigt, die MV einzuberufen, wird das Einberufungsrecht des Vorstands nämlich nicht außer Kraft gesetzt. Die BGB-Regelung zum Minderheitenbegehren soll ja gerade verhindern, dass der Vorstand Entscheidungen blockiert, in dem er die Einberufung der MV verweigert. Die Minderheit kann ihr Einberufungsrecht nutzen, sie muss es aber nicht. Ziel der gerichtlichen Ermächtigung nach § 37 Abs. 2 BGB ist nicht die Durchführung einer MV durch den gerichtlich Ermächtigten, sondern die Durchführung der verlangten MV überhaupt.
Ausnahme: Verwirrung durch zeitgleiche Einladung
Das gilt aber nicht, wenn die Einladungen die Mitglieder zur gleichen Zeit erreichen und die gleichen Tagesordnungspunkte enthalten. In diesem Fall sind die Einladungen unwirksam. Hier besteht nämlich eine Unsicherheit der Mitglieder darüber, welcher Einladung zu folgen ist, sodass es zu unterschiedlichen Teilnehmerzahlen und Mehrheiten kommen kann. In diesem Fall sind aber beide Einberufungen unwirksam. Die ermächtigten Mitglieder müssen also die einberufene MV absagen und erneut einladen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.7.2003, Az: 8 W 220/03).
Folgen für die Beschlussfassung
Führt die vom Vorstand einberufene MV zum von der Minderheit gewünschten Ergebnis, kann diese auf die Durchführung einer zweiten MV verzichten. Als Einberufungsorgan hat sie das Recht, die Einberufung auch wieder zurückzuziehen. Andernfalls kann auch die zweite MV wie geplant durchgeführt werden. Das wird besonders dann gelten, wenn die gewünschten Tagesordnungspunkte auf der ersten MV nicht behandelt wurden. Die zweite MV kann die auf der ersten MV gefassten Beschlüsse revidieren oder solche Punkte von der eigenen Tagesordnung nehmen, die auf der ersten MV behandelt wurden.