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  • · Fachbeitrag · Satzungsrecht

    Vereine in Konzernstrukturen - Die Satzungsgestaltung abhängiger Vereine

    | Vereine können nicht nur im losen oder temporären Verbund zusammenarbeiten. Wie in einem Unternehmensverbund sind auch konzernartige Strukturen möglich und in großen - selbst gemeinnützigen - Organisationen durchaus üblich. Eine „Konzernspitze“ beherrscht also abhängige, aber rechtliche eigenständige Organisationen. Erfahren Sie alles zur Satzungsgestaltung dieser untergeordneten Vereine. |

    Grundsätzliches zur rechtlichen Ausgestaltung

    Während sich eine Abhängigkeit von Kapitalgesellschaften als Tochterrechtsform in der Regel durch die Beteiligungsverhältnisse ergibt, müssen beim Verein als abhängiger Rechtsform regelmäßig spezifische Gestaltungsmodelle entwickelt werden. Zwar kann sich im Einzelfall - bei sehr kleinen Vereinen - eine Beherrschung allein durch eine (unveränderbare) Mitgliedermehrheit ergeben. Typischerweise ist dafür aber eine besondere - von den Standardvorgaben des BGB abweichende - Satzungsgestaltung erforderlich. In Frage kommen hier zwei Fälle.

     

    • 1. Eine Beherrschung von außen: Hier werden wichtige Rechte wie die Bestellung des Vorstands oder das Recht zur Satzungsänderung auf vereinsfremde Dritte übertragen bzw. von deren Zustimmung abhängig gemacht. Dem sind aber durch den Grundsatz der Vereinsautonomie Grenzen gesetzt. Zudem ist die Frage einer Beherrschung von Außen in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
    • 2. Eine Beherrschung von innen durch Beteiligung: Hier sind die Vertreter der beherrschenden Organisation (Konzernspitze) Mitglieder mit Sonderrechten, die es ihnen erlauben, die operative und strategische Geschäftstätigkeit des Vereins zu beeinflussen. Die Satzung sollte noch zusätzliche Regelungen treffen, die den Erhalt der Mitgliedschaft (gegen einen Vereinsausschluss) sichern bzw. eine Übertragung der Mitgliedschaft zulassen.

     

    PRAXISHINWEIS | Einfacher zu gestalten und rechtssicherer ist eine Beherrschung von Innen. Hier bietet § 35 BGB (Sonderrechte von Mitgliedern) Gestaltungsoptionen, die für Nichtmitglieder ausgeschlossen sind.

    Beherrschung von Innen

    Die Beherrschung eines Vereins durch Beteiligung entspricht der gängigen Beherrschung einer Kapitalgesellschaft durch Kapitalmehrheit. Da das Stimmrecht aber nicht an eine Einlage gekoppelt ist, muss die erforderliche Stimmenmehrheit auf andere Weise gesichert werden. Diese Mehrheit beherrscht dann faktisch den Verein. Das erreicht sie

    • durch die Wahl des Vorstands. Die Auswahl einer entsprechenden Person stellt den Einfluss regelmäßig sicher. Zudem kann der Vorstand von den Mitgliedern mit Stimmenmehrheit jederzeit abberufen werden.
    • durch Einzelweisungen der Mitgliederversammlung an den Vorstand.
    • durch das Recht zur Satzungsänderung. Hier muss eventuell die satzungsmäßige Mehrheitserfordernis an die Stimmverhältnisse angepasst werden.

     

    Beherrschung durch Beschränkung der Mitgliederzahl

    Ohne besondere Satzungsgestaltung kann sich die Beherrschung eines Vereins allein durch die Mitgliederzahl ergeben. Bei einem Verein mit der Mindestmitgliederzahl für die Eintragung von sieben Personen wären dafür vier Mitglieder erforderlich. Da die Rechtsfähigkeit eines eingetragenen Vereins erhalten bleibt, solange die Mitgliederzahl nicht unter drei sinkt (§ 73 BGB), kann sich diese Zahl sogar auf zwei reduzieren.

     

    Die bestehende Mehrheit muss aber gesichert werden, indem ein Beitritt weiterer Mitglieder verhindert wird. Dafür genügt es, wenn für den Beitritt von Mitgliedern die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich ist.

     

    Wichtig | Die Satzung kann die Aufnahme neuer Mitglieder nicht ausschließen (§ 58 BGB). Für gemeinnützige Vereine schließt das Gebot der Förderung der Allgemeinheit (§ 52 AO) aus, dass der Mitgliederkreis dauerhaft sehr klein bleibt. Das gilt aber in der Praxis nur für satzungsmäßige Festlegungen. Ob der Verein eine größere Zahl von Mitgliedern besitzt oder tatsächlich Mitglieder aufnimmt, wird nicht geprüft. Einen Aufnahmeanspruch gibt es - außer bei Vereinen mit Monopolstellung - nicht. Der Verein muss die Ablehnung eines Aufnahmeantrags auch nicht begründen.

     

    • Beispiel

    Eine Fitnessstudio in der Rechtsform einer GbR mit drei Gesellschaftern will einen Verein gründen, um so in den Genuss der Krankenkassenzuschüsse für Gesundheitssport zu kommen. Der Verein wird pro forma mit vier weiteren Personen gegründet, die nach der Eintragung wieder austreten. Der Verein kann problemlos als e.V. fortbestehen und auch die Gemeinnützigkeit erhalten.

    Wäre das Fitnessstudio eine Körperschaft (zum Beispiel GmbH), verringerte sich die Zahl der benötigten Personen noch weiter, weil sowohl die Körperschaft als auch ihre Geschäftsführer oder Gesellschafter Mitglied werden können.

    Beherrschung durch Stimmrechtsentzug

    Die Beherrschung eines Vereins ist grundsätzlich durch besondere Stimmrechtsregelungen in der Satzung möglich. Im einfachsten Fall haben nur die Mitglieder Stimmrecht, die die beherrschende Organisation vertreten. Das Stimmrecht ist kein unabänderliches Mitgliederrecht, es kann durch Satzung entzogen werden (§ 40 BGB). In der Regel wird dies bereits durch die Gründungssatzung geschehen. Eine Beherrschung durch Stimmrechtsausschluss erfordert eine Satzungsregelung, die eine stimmberechtigte und eine stimmrechtlose Mitgliedergruppe definiert. Sie könnte wie folgt aussehen:

     

    Mustersatzung / Beherrschung durch Stimmrechtsausschluss

    „Der Verein hat aktive und einfache Mitglieder. Einfache Mitglieder haben kein Stimmrecht. Die aktive Mitgliedschaft kommt durch Teilnahme an der Gründungsversammlung zustande. Aktive Mitglieder erhalten die Mitgliedschaft durch Beschluss der Mitgliederversammlung.“

    Auf diese Weise können weitere stimmberechtigte Mitglieder nur mit Zustimmung der (beherrschenden) stimmberechtigten Mitglieder aufgenommen werden. Auch der Ausschluss von Mitgliedern kann nur mit deren Votum erfolgen, weil für den Ausschluss - wenn die Satzung es nicht anders regelt - die Mitgliederversammlung zuständig ist. Eine Änderung dieser Stimmrechtsregelung ist nur per Satzungsänderung möglich. Sie kann also nicht ohne Zustimmung der stimmberechtigten Mitglieder ausgehebelt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Beschneidung der Mitbestimmungsrechte für eine Mehrheit der Mitglieder bedarf natürlich in der Regel einer Legitimation. Sie kommt also nur für Vereine in Frage, bei denen die Mitgestaltung durch die Mitglieder keine wesentliche Motivation für den Vereinsbeitritt ist. Dass Vereine sich auf Dienstleistungen für Mitglieder beschränken, ist aber nicht untypisch.

    • Beispiel

    Ein Biolandwirt gründet zur besseren Vermarktung seiner Erzeugnisse einen Abnehmerverein. Mit der Mitgliedschaft sind Rabatte auf die Produkte und eine bevorzugte Belieferung verbunden.

    Ausgeschlossen werden muss ohnehin nur das Stimmrecht. Informationsrechte der Mitglieder sind davon nicht zwingend berührt. Grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann das Teilnahmerecht an der Mitgliederversammlung und auch das Recht zur Einberufung durch eine Minderheit.

     

    Abgestufte Einflussnahme

    Neben dem Stimmrechtsausschluss bzw. der Beschränkung des Stimmrechts auf bestimmte Mitglieder wären zur Beherrschung eines Vereins durch eine Sondergruppe innerhalb der Mitglieder auch weitere durch die Satzung eingeräumte Rechte denkbar:

     

    • Stichentscheidungsrechte: Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme dieser Mitglieder.
    • Stimmgewichtung: Die Stimmen der Sondermitglieder zählen mehrfach.
    • Vetorechte: Bei bestimmten Beschlüssen - etwa der Wahl des Vorstands - ist die Zustimmung einer bestimmten Mitgliedergruppe erforderlich.
    • Stimmrechtsbeschränkungen bei bestimmten Beschlüssen: Der Stimmrechtsentzug gilt nicht allgemein, sondern nur in Sonderfällen, etwa bei der Wahl des Vorstands.

     

    Im Unterschied zum Stimmrecht handelt es sich hier um Sonderrechte im Sinn des § 35 BGB. Sie müssen in der Satzung verankert sein. Sie Satzung muss auch klarstellen, dass es sich hier um unentziehbare Rechte handelt. Diese Sonderrechte können dann nur mit Zustimmung der betreffenden Mitglieder geändert werden. Ein bloße Satzungsänderung mit der dafür erforderlichen Mehrheit genügt nicht.

     

    Gesetzliches Stimmverbot

    Bei der Gestaltung der Beherrschung muss auch beachtet werden, dass das gesetzliche Stimmverbot des § 34 BGB nicht aufgehoben werden kann. Danach ist ein Mitglied nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und dem Verein betrifft.

     

    Zwischen Verein und Konzernspitze wird es aber regelmäßig zu Rechtsgeschäften kommen. Das kann Verträge im Rahmen einer Kooperation betreffen, aber auch Beschlüsse über die Mittelverwendung.

     

    • Beispiel

    Die Mitgliederversammlung beschließt über eine Gewinnabführung an die beherrschende Organisation. Ihre Vertreter haben in diesem Fall kein Stimmrecht.

    Das Stimmverbot des § 34 BGB ist sehr weit gefasst, weil es nicht nur den Abschluss von Rechtsgeschäften selbst, sondern auch damit in Zusammenhang stehende Beschlüsse umfasst. Das gilt zum Beispiel auch für die Kündigung von Verträgen oder Vertragsänderungen. Es muss also sichergestellt werden, dass nicht alle stimmberechtigten Mitglieder von dem Rechtsgeschäft betroffen sind bzw. dass eine Stimmenmehrheit auch ohne sie gesichert ist. Vom Stimmverbot betroffen wären im genannten Fall nur die Mitglieder, die die beherrschende Organisation gesetzlich vertreten - also Geschäftsführer bei der GmbH oder Vorstandsmitglieder beim Verein.

     

    Übertragung der Mitgliedschaft

    Um Sonderrechte, die zu einer beherrschenden Stellung im Verein führen, auch dann zu sichern, wenn ein Mitgliederwechsel stattfindet, kann die Mitgliedschaft übertragbar gestaltet werden. § 38 BGB schließt das zwar regelmäßig aus, ist aber durch Satzung abänderbar.

     

    Wie die Regelung zur Übertragung der Mitgliedschaft ausgestaltet wird, bleibt der Satzung überlassen. Sie kann sie von der Zustimmung der Mitgliederversammlung abhängig machen. Denkbar wäre aber auch, dass sich das Mitglied selbst einen Nachfolger suchen kann, auf den dann seine Mitgliedschaftsrechte (mit allen Sonderrechten) übergehen. Auf diese Weise kann die Nachfolge der Mitglieder mit beherrschender Stellung im Verein dauerhaft gesichert werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Im nächsten Teil lesen Sie: „Die Beherrschung des Vereins von außen“
    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 14 | ID 37677130