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  • · Fachbeitrag · Vereinsrecht

    Kindergarten wirklich kein Idealverein mehr? Das KG Berlin und die Folgen in der Praxis

    | Bei Kindergartenvereinen herrscht pure Verunsicherung. Ursache ist eine Entscheidung des KG Berlin. Es ist nämlich der Ansicht, dass der Betrieb von Kindergärten und -tagesstätten gegen Entgelt eine unternehmerische Betätigung ist; und zwar selbst dann, wenn er ohne Gewinnerzielungsabsicht erfolgt und öffentlich bezuschusst wird. Ein Verein mit entsprechenden Satzungszwecken soll deshalb kein Idealverein (mehr) sein. Erfahren Sie, wie Kindergartenvereine mit dieser Entscheidung, die auch von anderen Bundesländern aufgegriffen worden ist, jetzt optimal umgehen. |

    OLG Schleswig setzt Kontrapunkt zum KG Berlin

    Ausgangspunkt für die Verteidigungsstrategie von Kindergartenvereinen ist eine jetzt veröffentliche Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig. Es kommt nämlich zu einer anderen Einschätzung als das KG (Beschluss vom 18.1.2011, Az. 25 W 14/10; Abruf-Nr. 111455).

     

    PRAXISHINWEIS | Das OLG hat zwar in der Sache keine Entscheidung gefällt, weil gegen die Ablehnung des Registergerichts aus formalen Gründen keine Rechtsmittel eingelegt werden konnten. Es hat aber eine Reihe von Kriterien genannt, die das Registergericht bei der Prüfung berücksichtigen muss und betroffenen Vereinen damit eine wertvolle Argumentationshilfe geliefert.

     

    Was kennzeichnet den Kindergartenverein als Idealverein?

    Das OLG hat fünf Kriterien entwickelt, die einen Kindergartenverein als Idealverein kennzeichnen und ihn vom Wirtschaftsverein unterscheiden (OLG Schleswig, Beschluss vom 18.9.2012, Az. 2 W 152/11; Abruf-Nr. 132046).

     

    1. Leistungen nur für Eltern

    Kinderbetreuungsvereine werden auf einem (inneren) Markt tätig, der nur aus Mitgliedern und Probemitgliedern besteht. Es handelt sich nicht um den Volltypus eines unternehmerischen Vereins. Zwar gelten grundsätzlich auch Vereine, die Leistungen ausschließlich für Mitglieder anbieten, als Wirtschaftsvereine, wenn das planmäßig, entgeltlich und auf Dauer geschieht. Vereine mit unternehmerischer Tätigkeit nach innen werden aber generell eher als Idealvereine anerkannt und können den wirtschaftlichen Teil ihrer Tätigkeit leichter unter das Nebenzweckprivileg subsummieren.

     

    2. Öffentliche Anerkennung und Förderung

    Für eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit spricht außerdem, wenn die Betreuungseinrichtung den landesgesetzlichen Vorgaben für Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht (in Schleswig-Holstein zum Beispiel dem Kindertagesstättengesetz). Bei der Prüfung dürfen die besonderen Wertungen, die der Landesgesetzgeber getroffen hat, nicht unberücksichtigt bleiben, so das OLG.

     

    PRAXISHINWEIS | Es empfiehlt sich deshalb, in der Satzung ausdrücklich auf das entsprechende Landesgesetz Bezug zu nehmen.

     

    3. Gläubigerschutz

    Dass Wirtschaftsvereine nicht eintragsfähig sind, wird vor allem mit dem mangelnden Gläubigerschutz des e.V. begründet. Das OLG stellt in Frage, ob die Gewährleistung des Gläubigerschutzes bei Kindergartenvereinen überhaupt relevant sei. Bei Vereinen, die öffentlich finanziell gefördert werden, dürften die Gläubiger vielmehr im Regelfall geschützt sein, weil die Betriebskosten ganz oder teilweise durch die öffentliche Hand gedeckt werden.

     

    Personen- und Vermögensschäden, die durch den Betrieb der Kindestagesstätte entstehen können, seien zudem in der Praxis regelmäßig durch den Abschluss entsprechender Versicherungen abgedeckt.

     

    4. Nebenzweckprivileg

    Das OLG hält es auch für denkbar, dass bei Kinderbetreuungsvereinen das Nebenzweckprivileg greift. Das gilt zumindest für Vereine mit starker aktiver Elternbeteiligung. Typischerweise schließen sich darin nämlich Eltern zusammen, die besonderes persönliches Engagement einbringen und eigene Vorstellungen und Konzepte umsetzen wollen. Nur die absolute Minderheit wird einem Träger nur als Kunde und Abnehmer der „Dienstleistung“ Kinderbetreuung gegenübertreten.

     

    Eine Wirtschaftstätigkeit des Vereins hindert deshalb nach Ansicht des OLG seine Eintragungsfähigkeit nicht, solange das Vereinsleben infolge des Einflusses übereinstimmender Mitgliederinteressen durch nicht wirtschaftliche Interessen bestimmt bleibt.

     

    5. Gemeinnützigkeit

    Für die Eintragsfähigkeit spricht auch die Gemeinnützigkeit. Das liegt daran, dass die Anerkennung der Gemeinnützigkeit auch erfordert, dass die Tätigkeit und tatsächliche Geschäftsführung des Vereins auf die Förderung oder Unterstützung nicht in erster Linie eigenwirtschaftlicher Zwecke gerichtet ist.

    Empfehlungen für die Satzungsgestaltung

    Die Einschätzung des OLG teilen auch viele Registergerichte. Probleme mit der Eintragung haben demnach vor allem Kinderbetreuungseinrichtungen, die überwiegend als Dienstleister für die Eltern fungieren. Von den Eltern organisierte Kindergartenvereine werden dagegen nach wie vor eingetragen.

     

    PRAXISHINWEIS | Auch im Registerbezirk Berlin wird die Eintragung von Kindergartenvereinen nicht grundsätzlich abgelehnt. Der Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKS) e.V. hat in Abstimmung mit dem zuständigen Registergericht (Berlin-Charlottenburg) eine Mustersatzung erarbeitet (www.daks-berlin.de). Bei der Benennung der Satzungszwecke wird hier besonders herausgestellt, dass die Kindertagesstätte von den Eltern selbst verwaltet wird und die aktive Mitarbeit der Eltern im Kitaalltag erforderlich ist.

     

    Rechtsform bei größeren Kinderbetreuungseinrichtungen

    Größere Betreuungseinrichtungen, vor allem, wenn sie mit einem großen Personalstamm und eventuell sogar mit verschiedenen Einrichtungen unter einer Trägerschaft tätig sind, müssen sich mit alternativen Rechtsformen auseinandersetzen. Das gilt nicht nur bei der Neugründung, sondern auch bei bereits eingetragenen Vereinen. So hat das Registergericht in Berlin großen Einrichtungen im Schul- und Erziehungsbereich den Rechtsformwechsel bzw. die Ausgründung der Einrichtungen zur Auflage gemacht.

     

    1. Die GmbH als Alternative

    Die naheliegendste Rechtsformalternative zum Verein ist die GmbH. Sie eignet sich sowohl für wirtschaftliche als auch für nichtwirtschaftliche Zwecke und kann als Körperschaft des privaten Rechts auch die Gemeinnützigkeit erhalten. Dass die GmbH nach Handelsrecht Bücher führen muss und die entsprechenden Publizitätspflichten hat, wird bei größeren Einrichtungen kein bedeutendes Argument gegen die Wahl dieser Rechtsform sein. Dort wo die Höhe des Mindeststammkapitals ein Handicap darstellt, kommt als Alternative die Sonderform der UG (Mini-GmbH) in Frage.

     

    2. GmbH mit Verein

    Gegen die GmbH bei Kinderbetreuungseinrichtungen spricht, dass die Eltern nur schwer auf Gesellschafterebene beteiligt werden können. Die Mitbestimmung der Eltern ist aber ein wichtiges organisatorisches Kriterium für die Rechtsformwahl bei Erziehungseinrichtungen.

     

    PRAXISHINWEISE | Die Elternbeteiligung kann aber durch eine Kombination von GmbH und Verein erreicht werden.

    • Der Verein ist Alleingesellschafter der GmbH, die Eltern dessen Mitglieder.
    • Als Förderverein kann der Verein gemeinnützig sein und damit die Elternbeiträge in vollem Umfang an die gemeinnützige GmbH weitergeben.
    • Allerdings besteht der Einfluss der Eltern auf die Träger-GmbH nur mittelbar, weil der Verein nur durch seinen Vorstand in der Gesellschafterversammlung der GmbH vertreten ist. Dieses Mitbestimmungsproblem kann dadurch gelöst werden, dass die GmbH zusätzlich einen Beirat erhält, der von den Eltern gewählt wird und die Geschäftsführung der GmbH kontrolliert (VB 4/2009, Seite 11).
    • Die Kombination von GmbH und Verein bietet sich gerade bei schon bestehenden Kindergartenvereinen an, die wegen Auflagen des Registergerichts umgründen müssen. Die Betreuungseinrichtung wird in eine Tochter-GmbH ausgegründet. Der Trägerverein in einen Förderverein umgewandelt.
     

    3. Genossenschaft

    Eine Rechtsform, die als Publikumsgesellschaft auf umstandslosen Mitgliederwechsel ausgelegt ist, ist die Genossenschaft. Wie für den Verein ist für die Genossenschaft die mitgliedschaftliche Struktur prägend - und damit die gleichberechtigte Mitbestimmung der Beteiligten. Hinzu kommt eine finanzielle Beteiligung in Form einer Einlage. Für Kinderbetreuungseinrichtungen ist das eine durchaus interessante Form der Finanzierung - zumal die Einlage beim Ausscheiden wieder ausgezahlt wird. Wichtig ist ferner, dass die Genossenschaft auch gemeinnützig sein kann (VB 1/2013, Seite 12).

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 15 | ID 39638570