· Fachbeitrag · Vereinsrecht
Welche Auskunftsrechte haben Mitglieder?
| Normalerweise gibt es für einen Vereinsvorstand keinen Grund, den Mitgliedern Informationen vorzuenthalten. Das heißt aber nicht, dass der Vorstand gezwungen ist, Mitgliedern auf alle Fragen eine Antwort zu geben. Erfahren Sie deshalb, wie Sie Ihr „Auskunftsmanagement“ rechtssicher handhaben. |
Rechtliche Grundlagen der Auskunftspflicht
Die Auskunftspflicht des Vorstands ergibt sich aus § 27 Abs. 3 in Verbindung mit § 666 BGB. Als Beauftragter des Vereins muss der Vorstand „dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.“
Auskunftspflicht prinzipiell nur gegenüber der Mitgliederversammlung
„Auftraggeber“ ist aber der Verein. Eine solche Auskunftspflicht besteht also nur ihm - der Mitgliederversammlung - gegenüber, nicht gegenüber einzelnen Mitgliedern. Es gilt der Grundsatz: Mitgliederrechte sind in der Mitgliederversammlung auszuüben.
PRAXISHINWEIS | In keinem Fall hat also ein einzelnes Mitglied außerhalb der Mitgliederversammlung das Recht, Einsicht in Buchhaltungsunterlagen zu nehmen oder gar die Anfertigung von Kopien zu fordern. |
Von diesem Grundsatz gibt es nur eine Ausnahme, wenn ein Mitglied zur Mitgliederversammlung nicht eingeladen wurde; egal, ob versehentlich oder absichtlich. Dann ist es von seinem Informationszugang in der Mitgliederversammlung abgeschnitten. Es hat Anspruch auf Einsichtnahme in die Bücher und Urkunden; also insbesondere in Geschäftsunterlagen, Buchungen, Verträge, Kassenbücher, Jahresabschluss und Kassenprüfbericht des entsprechenden Jahres. Das Mitglied darf auch auf - eigene Kosten - Kopien anfertigen (OLG Hamm, Urteil vom 30.7.2014, Az. 8 U 10/14, Abruf-Nr. 142576).
Das Gleiche wird gelten, wenn einem Mitglied eine berechtigte Auskunft in der Mitgliederversammlung verweigert wurde. Es wird dann nicht warten müssen, bis erneut eine Versammlung einberufen wurde, um diese Informationen zu bekommen.
Besonderes Auskunftsrecht bei eigenen Belangen eines Mitglieds
Die Beschränkung des Auskunftsrechts auf die Mitgliederversammlung gilt aber nur für die Gesamtbelange des Vereins. Auskünfte, die ein Mitglied persönlich betreffen, darf es verlangen, wenn sie berechtigt sind. Ein solches berechtigtes persönliches Interesse kann etwa vorliegen, wenn der Verein Unregelmäßigkeiten bei der Beitragszahlung eines Mitglieds festgestellt hat oder Nachprüfungen über Arbeitsstunden oder Spenden erforderlich werden.
Umfang des Auskunftsrechts in der Mitgliederversammlung
In der Mitgliederversammlung hat jedes Mitglied ein Fragerecht zu allen Angelegenheiten des Vereins. Es kann also über die vom Vorstand abgegeben Berichte hinaus ergänzende Informationen verlangen. Dieses Auskunftsrecht ist an das Teilnahmerecht geknüpft. Es gilt also auch für Mitglieder, die kein Stimmrecht haben.
Gesamte Geschäftsführung des Vorstands steht im Fokus
Das Auskunftsrecht betrifft die gesamte Geschäftsführung des Vorstands. Die konkrete Reichweite hängt vom Tätigkeitsgebiet des Vereins ab und von den anstehenden Tagesordnungspunkten. In der Mitgliederversammlung muss der Vorstand grundsätzlich nur Auskünfte zu den aufgestellten Tagesordnungspunkten geben. Fragen zu Themen, die keinen Bezug zur Tagesordnung haben, kann er zurückweisen oder auf eine spätere Versammlung vertagen.
Das Auskunftsrecht betrifft keineswegs nur Einnahmen, Ausgaben und die Vermögenslage des Vereins. Auch Themen wie Zukunftsplanungen, Geschäftsverbindungen, Spenderzahlen, Sponsorenpflege oder geplante Werbemaßnahmen gehören dazu.
PRAXISHINWEIS | Es liegt auch im Eigeninteresse des Vorstands, umfassende Auskünfte zu erteilen. Die Entlastung - also die Haftungsfreistellung o- umfasst nämlich nur die Geschäftsgegenstände, die der Mitgliederversammlung bekannt waren oder bekannt sein mussten. Nur ein umfassender Bericht führt also auch zu einer umfassenden Entlastung. |
Einsicht in Protokolle
Einsicht in die Protokolle der Mitgliederversammlung darf jedes teilnahmeberechtigte Mitglied nehmen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Protokolle im Streitfall Beweismittel sein können.
Wichtig | Für die Protokolle der Vorstandssitzungen gilt das nicht. Hier fehlt regelmäßig ein berechtigtes Interesse der Mitglieder. Soweit Tagesordnungspunkte und Beschlussfassung in Vorstandssitzungen für das Vereinsleben aber relevant sind, besteht dazu ein Auskunftsrecht in der Mitgliederversammlung.
Aushändigung von Kopien nur im Ausnahmefall
In aller Regel besteht nur der Anspruch auf die Einsichtnahme in Dokumente, nicht auf die Erstellung von Kopien. Rechenschaftsberichte, Berichte der Kassenprüfer und andere Dokumente müssen nur dann jedem Mitglied ausgehändigt werden, wenn die Satzung das so vorsieht.
Dort, wo es nicht zumutbar ist, Abschriften zu erstellen, diese aber nötig sind, um die Mitgliederrechte wahrzunehmen, müssen dem Mitglied Kopien ausgehändigt werden. Das gilt insbesondere für die Mitgliederlisten im Fall eines Minderheitenbegehrens. Sind die Mitgliederdaten per EDV gespeichert, kann auch deren Übermittlung in elektronischer Form verlangt werden (LG Köln, Urteil vom 27.9.2011, Az. 27 O 142/11, Abruf-Nr. 121295).
Wann darf der Vorstand die Auskunft verweigern?
Es gibt auch Tatsachen, die der Geheimhaltung unterliegen. Ein grundsätzliches Recht zur Auskunftsverweigerung wird immer dann gegeben sein, wenn dem Verein dadurch Schaden droht (zum Beispiel wenn Details aus laufenden Vertragsverhandlungen zum Schaden des Vereins genutzt werden könnten). Gleiches gilt, wenn damit gesetzliche Regelungen (zum Beispiel Datenschutz) oder die Persönlichkeitsrechte von (Vorstands-)Mitgliedern und Dritten verletzt würden. Das gilt auch in Fällen, wo die Erteilung der Auskunft eine gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Geheimhaltungspflicht verletzen würde.
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Deswegen darf der Vorstand in der Regel keine Auskunft über die Gehälter einzelner Mitarbeiter geben. Auskünfte über die Gehaltssummen kann die Mitgliederversammlung dagegen sehr wohl verlangen. |
Wichtig | Mitglieder können berechtigte Auskunftsbegehren auch gerichtlich durchsetzen. Deshalb sollte der Vorstand eine Auskunftsverweigerung unbedingt begründen und protokollieren (Nachprüfbarkeit).
Auskunftsrecht außerhalb der Mitgliederversammlung
Das einzelne Mitglied hat außerhalb der Mitgliederversammlung nur sehr eingeschränkte Informationsrechte. Es muss ein berechtigtes Interesse vorliegen. Und es muss sich um einen Fall handeln, bei dem das Mitglied nicht auf die nächste Mitgliederversammlung verwiesen werden kann.
Einsicht in Buchhaltungs- und andere Geschäftsunterlagen muss dem Mitglied in keinem Fall gewährt werden. Auch dann nicht, wenn es Hinweise auf Satzungsverstöße oder gar strafrechtlich relevantes Verhalten des Vorstands gibt. In der Praxis hat das einzelne Mitglied nur in zwei Fällen ein Auskunftsrecht:
- Minderheitenbegehren nach § 37 BGB: Hier darf Einsicht in Mitgliederlisten oder Belege über Aus- und Eintritt von Mitgliedern verlangt werden.
- Die Prüfung von Mehrheitsbeschlüssen (z.B. Beschlussfähigkeit). Hier müssen aber gewichtige Indizien vorliegen, dass ein Beschuss fehlerhaft war.
Ein allgemeiner Anspruch auf Aushändigung eines Mitgliederverzeichnisses besteht nicht. Ausnahmen gelten, wenn entsprechende Satzungsregelungen das vorsehen oder wenn dies langjährige Praxis im Verein war. Gerade hier sind aber Vorschriften des Datenschutzes zu beachten.