Geschiedene Ehegatten
Zustimmung zur „Anlage U“ erzwingen
Wer an seinen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten Unterhalt zahlt, darf seine Unterhaltsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend machen. Die zumeist günstigste Lösung bietet dabei die „Anlage U zur Einkommensteuererklärung“. Unterschreibt der Unterhaltsempfänger die „Anlage U“, so darf der Unterhaltsverpflichtete bis zu 27.000 DM als Sonderausgaben abziehen. Zwar muß der Unterhaltsempfänger die Zahlungen des anderen Ehegatten versteuern, aufgrund des hohen Grundfreibetrages müssen hierfür aber regelmäßig nur geringe Steuern gezahlt werden. Das Verfahren wird auch als „begrenztes Realsplitting“ bezeichnet.
Das alles ist bei Eheleuten, die sich auch nach der Trennung noch gut verstehen, kein Problem. Was aber, wenn der Unterhaltsempfänger aus „Rachegelüsten“ die Zustimmung zur „Anlage U“ verweigert? Kann in diesem Fall die Zustimmung erzwungen werden? Lesen Sie hierzu den nachfolgenden Beitrag.
Unterhaltszahlende hat Rechtsanspruch auf Zustimmung
Der Bundesgerichtshof hat sich mehrfach mit der Frage befaßt, ob der Unterhaltsempfänger die Zustimmung zum begrenzten Realsplitting erteilen muß. Dabei hat er jeweils zugunsten des Unterhaltsverpflichteten entschieden: Er hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zustimmung zur „Anlage U“, allerdings muß er dem anderen Ehegatten im Gegenzug die hierdurch entstehenden finanziellen Nachteile ausgleichen. Bei rechtsmißbräuchlicher Verweigerung der Zustimmung macht sich der Unterhaltsberechtigte schadenersatzpflichtig.
Der Unterhaltsverpflichtete muß zum einen steuerliche Nachteile ausgleichen, die der Unterhaltsberechtigte durch seine Unterschrift erleidet. Zum anderen muß er den Wegfall öffentlicher Leistungen und anderer Vergünstigungen ersetzen.
Zu den auszugleichenden steuerlichen Nachteilen gehören die Einkommensteuer, der Solidaritätszuschlag sowie die Kirchensteuer, soweit sie auf den Unterhaltsleistungen beruhen. Der Verpflichtete muß dem Unterhaltsempfänger auch die Kosten des Steuerberaters einschließlich der Steuerberatungskosten für die Berechnung der steuerlichen Nachteile ausgleichen, wenn der Rat eines Steuerberaters notwendig war. Zu den auszugleichenden sonstigen Leistungen können beispielsweise gehören: Der Wegfall der von Einkommensgrenzen abhängigen Wohnungsbauprämie sowie die Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen nach dem Vermögensbildungsgesetz.
Außergerichtliche Klärung versuchen
Wenn Ehegatten sich jährlich wegen des Realsplittings auseinandersetzen müssen, wird die Zustimmung häufig verweigert. Oft herrscht Streit darüber, was von den Leistungen des Verpflichteten überhaupt als Unterhaltsleistungen im steuerlichen Sinne anzusehen ist. Tritt der Unterhaltsverpflichtete in diesem Fall den Gang vor das Familiengericht an, so wird das Tischtuch endgültig zerschnitten. In der Praxis empfiehlt sich deshalb folgender Weg:
Der Unterhaltszahlende gibt eine schriftliche Erklärung ab, wonach er sich verpflichtet, alle finanziellen Nachteile auszugleichen, die dem anderen Ehegatten infolge der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting entstehen. Dafür gibt der Unterhaltsberechtigte eine schriftliche Zustimmungserklärung zur Durchführung des Realsplittings ab. Die Zustimmung wirkt wie eine „Anlage U“; der von der Finanzverwaltung aufgelegte Vordruck muß nicht zusätzlich unterschrieben werden.
Wichtig: Die Zustimmungserklärung sollte eine Formulierung enthalten, wonach es dem Finanzamt überlassen bleiben soll, ob und in welcher Höhe Unterhaltsleistungen vom Verpflichteten als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Indem die Entscheidung dem Finanzamt überlassen wird, werden Streitigkeiten unter den Ehegatten vermieden. Das Finanzamt hat nun den „schwarzen Peter“.
Muster für eine Verpflichtungserklärung
Ich verpflichte mich, sämtliche finanziellen Nachteile auszugleichen, die meinem geschiedenen Ehegatten .........., wohnhaft .........., infolge der Zustimmung zum begrenzten Realsplitting für das Jahr 19.. entstehen werden. Ich übernehme insbesondere die Belastungen durch Einkommen-, Kirchensteuer- und Solidaritätszuschlagszahlungen sowie Steuerberatungskosten, soweit diese auf der Durchführung des begrenzten Realsplittings im Jahr 19.. beruhen. Zu den von mir zu übernehmenden finanziellen Nachteilen gehören auch – falls gegeben – der Wegfall öffentlicher einkommensabhängiger Leistungen infolge der Durchführung des begrenzten Realsplittings für das Jahr ....
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Ort, Datum Unterschrift Unterhaltsverpflichteter
Muster für eine Zustimmungserklärung
Ich, .........., wohnhaft ..........., stimme ausdrücklich der Durchführung des begrenzten Realsplittings durch meinen geschiedenen Ehegatten .........., wohnhaft .........., für den Einkommensteuerveranlagungszeitraum 19.. zu mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß es dem zuständigen Finanzamt .......... überlassen bleiben soll, in welcher Höhe für den Veranlagungszeitraum 19.. Unterhaltsleistungen von meinem geschiedenen Ehegatten als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Ich habe im Jahr 19.. von meinem geschiedenen Ehegatten .......... laufende Unterhaltszahlungen in Höhe von ..... DM erhalten. Des weiteren hat er mir in 19.. (z.B. seine Rechte aus der Lebensversicherung ........... einschließlich Guthaben im Wert von ..... DM) übertragen.
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Ort, Datum Unterschrift Unterhaltsberechtigter
Gerichtliche Klärung
Steuerrechtlich ist die Zustimmungserklärung unbedingt erforderlich; auch bei rechtsmißbräuchlicher Verweigerung. Wird die Zustimmung vom Unterhaltsempfänger verweigert, ist durch einen Rechtsanwalt Klage einzureichen, zuständig ist das Familiengericht. Der Klageantrag ist auf Abgabe der Zustimmungserklärung zum begrenzten Realsplitting zu richten, nicht auf Unterzeichnung der „Anlage U“. Das Zivilurteil, in dem der Unterhaltsberechtigte zur Zustimmung zum Realsplitting verurteilt wird bzw. der Prozeßvergleich, in dem der Unterhaltsberechtigte der Durchführung des Realsplittings zustimmt, ersetzen die Zustimmungserklärung.
Quelle: Zahnärzte-Wirtschaftsdienst - Ausgabe 02/1998, Seite 18