08.07.2011 | Haftung
Zahnarzt darf Untersuchung seines Patienten durch Sachverständige verfolgen
Ein Zahnarzt hat das Recht, bei der Untersuchung seines Patienten durch einen gerichtlichen Sachverständigen im Rahmen einer Beweisaufnahme anwesend zu sein. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Urteil vom 10. Januar 2011 (Az: 22 U 174/07, Abruf-Nr. 111808) entschieden.
Der Fall
In einem zivilgerichtlichen Verfahren über Vorliegen und Folgen einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung ordnete das Gericht die Untersuchung der Patientin durch einen Sachverständigen an. Am Tag der Untersuchung überließ der Sachverständige der Patientin die Entscheidung darüber, ob der frühere Behandler bei der Untersuchung anwesend sein darf. Dies lehnte die Patientin ab. Nach Auffassung des Sachverständigen habe der verklagte Zahnarzt bei der Begutachtung nur dann ein Anwesenheitsrecht, wenn die Klägerin (Patientin) damit einverstanden sei.
Der Zahnarzt hingegen monierte die fehlende Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme und machte geltend, es sei ihm mangels Einräumung des Anwesenheitsrechts nicht möglich gewesen, dem Gutachter gegenüber „subjektive Angaben der Klägerin“ vor Ort richtig zu stellen.
Die Entscheidung
Das OLG gab dem Zahnarzt Recht: Zwar stelle jede ärztliche Untersuchung einen Eingriff in die Privat- und Intimsphäre einer Person dar, jedoch greife andererseits jede Beweisaufnahme ohne Anwesenheit einer Partei in deren Recht auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren ein. In Anbetracht des relativ geringen Eingriffs in die Privat- und Intimsphäre der Patientin durch die Anwesenheit des Beklagten bei der zahnärztlichen Untersuchung überwiege das Interesse des beklagten Zahnarztes, die Untersuchung durch den Sachverständigen zu beobachten und während der Untersuchung sachbezogene Fragen und Anregungen anzubringen.
Fazit
Die Entscheidung ist bemerkenswert, da sie von weiteren Urteilen zu dieser Problematik abweicht. So haben andere Gerichte entschieden, dass bei jedweder Untersuchung einer Prozesspartei kein Anwesenheitsrecht der Gegenpartei bestehe. Betroffene Zahnärzte können sich nunmehr auf eine obergerichtliche Entscheidung zu ihren Gunsten berufen.
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