Recht
Der Zahnarzt und seine Pflicht zur Gewährleistung - was ist zu beachten?
von Rechtsanwälten Johannes Jaklin und Ralf Großbölting, Münster/Berlin
Jeder, der Dienste leistet oder ein Werk erstellt, muss nach deutschem Recht grundsätzlich für eine gewisse Zeit für die Qualität seiner Arbeit einstehen. Der Gesetzgeber legte den entsprechenden gesetzlichen Regelungen die – korrekte – Annahme zu Grunde, dass der Bezahlung auch eine äquivalente Leistung entgegenstehen muss. Im zahnärztlichen Bereich ist dabei zwischen Privatpatienten und gesetzlich versicherten Patienten zu unterscheiden.
1. Privatpatienten
Der Behandlungsvertrag zwischen dem Zahnarzt und dem Patienten wird grundsätzlich als Dienstvertrag höherer Art eingeordnet. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien bestimmen sich daher nach den §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Danach verpflichtet sich der Zahnarzt, den Patienten unter Berücksichtigung des anerkannten Standards der medizinischen Wissenschaft und Technik zu behandeln, ohne für das Ergebnis seiner Behandlung ein Erfolgsversprechen abzugeben. Dies gilt nicht nur für die Behandlung, die sich auf konservierend-chirurgische, kieferorthopädische und ähnliche Vorgänge beschränkt, sondern auch in Bezug auf die zahnärztlich-prothetische Behandlung. Auch in diesem Fall wird nicht auf den Arbeitserfolg, sondern auf die Arbeitsleistung abgestellt.
Da in der Praxis der überwiegende Teil des Zahnersatzes in zahntechnischen Laboratorien erstellt wird, während die Prothesenplanung, die Modellanfertigung, die funktionsanalytische Leistung sowie sämtliche Arbeitsschritte von der Planung bis zur endgültigen Fertigstellung und Eingliederung durch den Zahnarzt geleistet werden, stellt sich der Vertrag zwischen Zahnarzt und Zahntechniker als Werkvertrag (geschuldet ist der Erfolg) und der Vertrag zwischen Zahnarzt und Patient als Dienstvertrag (Leistung lege artis wird gefordert) dar. Nur im Ausnahmefall – zum Beispiel bei rein technischen Abläufen – kann auch hier eine Qualifikation als Werkvertrag in Betracht kommen.
Im Rahmen dieses Dienstvertrages besteht die Pflicht bzw. das Recht des Zahnarztes auf die Durchführung von erforderlichen Nachbesserungen.* Zahnprothesen können oftmals nicht auf Anhieb in einer den Regeln der Zahnmedizin entsprechenden Tauglichkeit eingesetzt werden, so dass im Rahmen des Üblichen Korrekturen an Zähnen und Zahnersatz gestattet werden.
*siehe dazu auch den Beitrag „Der Zahnarzt hat ein Nachbesserungsrecht“ im „Zahnärzte-Wirtschaftsdienst“ Nr. 6/2000, S. 12 f.
Allerdings gibt es hier Grenzen: Ist das Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient vollständig zerstört und muss der eingegliederte Zahnersatz von vornherein umfänglich erneuert werden, so darf der Patient, ohne dem Zahnarzt zunächst Gelegenheit zu Korrekturversuchen geben zu müssen, die notwendigen Behandlungsmaßnahmen von einem anderen Behandler vornehmen lassen.
Dabei reicht es allerdings nicht aus, dass der vom Zahnarzt vorgeschlagene und nach seinen Weisungen gefertigte Zahnersatz beim Anpassen nicht sogleich einwandfrei und ohne jede Beschwerde zu tragen ist. Denn hier ist zu berücksichtigen, dass die Versorgung mit Zahnersatz ein komplizierter Behandlungsvorgang ist, der sich aus einer Vielzahl von zahnärztlichen Einzelmaßnahmen zusammensetzt. Bekanntlich hängt das Ergebnis der zahnärztlichen Bemühungen nicht unwesentlich von Faktoren ab, die der Zahnarzt selbst nur beschränkt beeinflussen und steuern kann. Ein Abbruch der Behandlung durch den Patienten ist nur dann möglich, wenn Nachbesserungsversuche mehrmals fehlgeschlagen oder der eingegliederte Zahnersatz von vornherein funktionell untauglich ist. Die Grenzen in diesem Bereich sind fließend und im jeweiligen Einzelfall zu bestimmen.
2. Der gesetzlich versicherte Patient
Nach der Rechtsprechung kommt auch zwischen dem Vertragszahnarzt und dem gesetzlich versicherten Patienten ein Dienstvertrag zustande (zum Beispiel LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. August 1999, Az: L 5 KA 3253/98).
Bekanntlich stellen Füllungen und Zahnersatz nur dann eine Kassenleistung dar, wenn der Zahnarzt bei der Planung einschätzen kann, dass die Versorgung mindestens einen Zeitraum von zwei Jahren überdauert. Diese Qualitätskriterien für die Versorgung mit Zahnersatz sind durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1993 neu gefasst worden. Wesentlicher Inhalt war die Verlängerung der Gewährleistungsfrist. Innerhalb der Gewährleistungsfrist besteht eine Pflicht des Zahnarztes zu kostenloser Erneuerung – es sei denn, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hat mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen gemeinsame und einheitliche Ausnahmen vereinbart. Die Krankenkassenverbände können auf regionaler Ebene längere Gewährleistungsfristen vereinbaren und dafür Vergütungszuschläge gewähren.
Beim Nachbesserungsrecht gilt eine vergleichbare Regelung wie bei Privatpatienten: Hat der Patient zu Recht das Vertrauen in die zahnärztliche Behandlungsfähigkeit des Zahnarztes verloren, so kann er – insbesondere bei dem Erfordernis einer Neuanfertigung – die Behandlung bei einem anderen Zahnarzt vornehmen lassen. Ein zur Kündigung des Dienstvertrages berechtigendes vertragswidriges Verhalten ist dann gegeben, wenn dessen Arbeitsergebnis vollständig unbrauchbar und eine Nachbesserung nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. August 1999, Az: L 5 KA 3253/98, anhängig als Revisionsverfahren beim BSG, Az: B 6 KA 42/00 R).
Die Krankenkasse wird in diesem Fall den bereits gewährten Zuschuss zur prothetischen Versorgung zurückfordern, wenn dem Zahnarzt eine fehlerhafte Planung oder Ausführung vorgeworfen werden kann. Gegebenenfalls setzt der so genannte Schadensausschuss bei Ihrer KZV einen entsprechenden Regress fest. Soweit der Patient auf zivilrechtlichem Wege seine Ansprüche auf Rückzahlung der bereits gezahlten Eigenanteile und Zahlung eines Schmerzensgeldes einklagt, ist darauf zu achten, dass die Kassengutachten reine Mängelfeststellungen enthalten und in der Regel nichts über das Verschulden des Zahnarztes aussagen.
Quelle: Zahnärzte-Wirtschaftsdienst - Ausgabe 03/2001, Seite 17