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  • · Fachbeitrag · Video-Aufklärung

    Aufklärung des Patienten per Video: Ist dies rechtlich zulässig?

    von Beate Bahner, Fachanwältin für Medizinrecht, Heidelberg,www.beatebahner.de 

    | Zahnärzte müssen ihre Patienten aufklären, denn nur der aufgeklärte Patient ist imstande, die notwendige Einwilligung zur Durchführung der zahnmedizinischen Behandlung zu erteilen. Ohne eine wirksame Einwilligung ist der zahnärztliche Eingriff rechtlich als Körperverletzung und damit als Straftatbestand zu werten. Moderne Zahnarztpraxen gehen inzwischen dazu über, Patienten mittels Videofilm vor einem Eingriff aufzuklären. Schön und gut, aber: Ist dies rechtlich überhaupt zulässig? |

    Hintergrund: § 630e Abs. 2 BGB

    Entscheidende Vorschrift für die Beantwortung der Frage ist § 630e Abs. 2 BGB. Die Vorschrift wurde im Zuge des Patientenrechtegesetzes Anfang 2013 eingeführt. Sie hat den folgenden Wortlaut:

     

    •  § 630e Abs. 2 BGB

    Die Aufklärung muss

     

    • 1.mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Befähigung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält,
    • 2.so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,

    3.für den Patienten verständlich sein.

     

    Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

     

    Was bedeutet „mündliche“ Aufklärung?

    Die Aufklärung muss also stets „mündlich“ erfolgen, wobei sich der Zahnarzt ergänzend auf schriftliche Aufklärungsunterlagen beziehen darf. Es reicht danach also nicht aus, allein Aufklärungsunterlagen „ohne Worte“ zu überreichen und diese durch den Patienten unterzeichnen zu lassen. Dies ist keine ordnungsgemäße Aufklärung.

     

    PRAXISHINWEIS | Sie sollten Ihrem Patienten gerade im Vorfeld einer schwierigen oder aufwendigen Behandlung entsprechende Broschüren übergeben. Sie sollten ihn zugleich darauf hinweisen und schon einen Termin eintragen lassen, wann er das Gelesene mit Ihnen in einem weiteren Gespräch erörtern kann.

     

     

    Ist eine Aufklärung per Video eine „mündliche“ Aufklärung?

    Eine vorherige Aufklärung über „Risiken und Nebenwirkungen“ der anstehenden zahnmedizinischen Behandlung per Videofilm ist nach Auffassung der Autorin rechtlich möglich - und für den Zahnarzt effizient. Zwar haben die Gerichte hierüber noch keine Entscheidungen getroffen. Dennoch muss es Zahnärzten auch im Interesse der Patienten und einer effizienten Behandlung möglich sein, im Hinblick auf die üblichen und allgemeinen Risiken einen Videofilm anzubieten.

     

    PRAXISHINWEIS | Wenn Sie in Ihrer Zahnarztpraxis solche Aufklärungsvideos verwenden, sollten Sie auf einem ergänzenden Aufklärungsformular vermerken, dass der Patient auch die Zeit und Gelegenheit hatte, vor dem Eingriff ein (konkretes!) Aufklärungsvideo anzusehen und hierzu den Zahnarzt zu befragen. Mit anderen Worten: Das Video sollte nach Titel und Inhalt dokumentiert werden!

     

    Wenn also Aufklärungsbögen ausgehändigt und Videofilme gezeigt werden, ist es entscheidend, dass der Patient rechtzeitig vor dem Eingriff noch eine Gelegenheit erhält, aufgetretene oder noch offene Fragen persönlich mit dem Zahnarzt zu besprechen. Hilfreich ist es daher, wenn der Zahnarzt auf dem Aufklärungsformular noch eigene handschriftliche Anmerkungen einfügt. Dies belegt, dass dem Patienten nicht nur Aufklärungsunterlagen ausgehändigt bzw. der Aufklärungsfilm gezeigt wurden, sondern dass tatsächlich ein persönliches Gespräch stattgefunden hat.

    Kopie des Aufklärungsbogens dem Patienten aushändigen

    Eine Kopie des Aufklärungsbogens, der vom Patienten zu unterzeichnen ist, muss dem Patienten ausgehändigt werden. Dies sieht - wie auf der vorangegangenen Seite zitiert - das Patientenrechtegesetz in § 630e Abs. 2 BGB so vor: „Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.“ Das vom Patienten unterzeichnete Original muss in jedem Fall in der Zahnarztpraxis verbleiben und sollte der guten Ordnung halber auch nochmals eingescannt werden.

     

    Weitere Unterlagen müssen nicht ausgehändigt werden. Dies gilt etwa für Röntgenbilder, Fotos oder Modelle. Diese Dokumente oder Gegenstände sollten Sie nur aushändigen, wenn der Patient ausdrücklich einen Anspruch auf Einsichtnahme nach § 630g BGB geltend macht. Dann müssen Sie diese Dinge aushändigen - schriftliche Unterlagen aber bitte nur in Kopie! Lassen Sie sich die Übergabe bestätigen und Auslagen erstatten! Beim vorherigen Aufklärungsgespräch jedoch muss der Zahnarzt keine weiteren Dokumente aushändigen - außer den vom Patienten gelesenen und unterzeichneten.

     

    FAZIT | Eine Aufklärung per Video ist in der Zahnarztpraxis nach Ansicht der Autorin dieses Beitrages zulässig. Allerdings muss der Patient anschließend die Chance haben, offene Fragen mit dem Zahnarzt zu besprechen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 14 | ID 43557650