· Interview
„Bei der Geschlechterperspektive steckt die Zahnmedizin noch in den Kinderschuhen!“
| „Frauen trinken häufiger Wasser und ungesüßten Tee sowie seltener zuckerhaltige Erfrischungsgetränke und Alkohol als Männer.“ Dies ist nur ein Aspekt aus dem Bericht „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“ des Robert Koch-Instituts. Die zahnmedizinische Forschung wertet ihre Studien allerdings nur sehr selten geschlechtsspezifisch aus. Würde dies geschehen, ließe sich die zahnmedizinische Versorgung gezielter ausrichten ‒ so der Ansatz der Gender Dentistry. Ursula Katthöfer ( textwiese.com ) fragte dazu Dr. med. dent. Ulrike Uhlmann, Fachfrau für Genderfragen bei Dentista e.V. ‒ Verband der ZahnÄrztinnen in Leipzig ( dentista.de ). |
Frage: Fachdisziplinen wie Kardiologie und Geriatrie sowie die Physiotherapie forschen bereits seit einigen Jahren zu Geschlechteraspekten. Warum tut die Zahnmedizin sich schwerer?
Antwort: Zum einen ist die Zahnmedizin ein relativ kleines Teilgebiet der Humanmedizin, aufgespalten in zahlreiche Spezialisierungen. Unser Fachgebiet wird noch immer als isoliertes Randgebiet betrachtet. Zähne und Zahnhalteapparat werden im großen Ganzen nicht als Teil, der von biologischen und sozioökonomischen Unterschieden zwischen Mann und Frau beeinflusst wird, betrachtet. Dieses Bewusstsein braucht Zeit und Aufmerksamkeit, um nachhaltig in Forschung, Lehre und Praxis anzukommen. Zudem wird geschlechtsspezifische Forschung teilweise noch belächelt. Da sich meist Frauen der geschlechtsspezifischen Forschung widmen, steht diese mitunter in dem Ruf, ein Spielplatz für falsch verstandenen Feminismus zu sein. Dabei hat geschlechtsspezifische Forschung absolut nichts mit Feminismus zu tun ‒ sie nutzt beiden Geschlechtern. So lassen sich beispielsweise Symptome, epidemiologische Fragestellungen oder Therapieerfolge individualisiert für Frauen und Männer betrachten.
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