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  • · Fachbeitrag · E-Rechnung

    Die E-Rechnung kommt: Akuter Handlungsbedarf für Zahnärzte? Jein!

    von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

    | Vor allem Rahmen der Privatliquidation stellen Zahnärztinnen und Zahnärzte Rechnungen in Papierform aus. Und auch Eingangsrechnungen kommen in der Zahnarztpraxis meistens auf Papier oder per E-Mail als PDF an. Nun ist ab 2025 in vielen Fällen die neu eingeführte E-Rechnung zu nutzen. Doch was ist die E-Rechnung überhaupt und welche Rechnungsvorgänge sind konkret betroffen? Gibt es Ausnahmen? Ja! Muss sofort ab dem 01.01.2025 gehandelt werden? Es kommt darauf an! Und gibt es Übergangsregelungen? Gibt es! ZP klärt über die Details auf. |

    Bisher: Vorrang für eine Rechnung in Papierform

    Bis zum 31.12.2024 bleibt alles beim Alten. Das bedeutet, dass über Ausgangs- und Eingangsumsätze der Praxis eine Rechnung in Papierform zu erteilen ist. Nur mit Zustimmung des Empfängers kann durch eine elektronische Rechnung, z. B. mit einem als Mail versandten PDF, abgerechnet werden. Der Nachteil der Papierrechnung: ein hoher Kostenfaktor und Bürokratieaufwand.

    Neu: E-Rechnung zur Digitalisierung der Praxisprozesse

    Die ab 01.01.2025 neu eingeführten E-Rechnungen können kostengünstiger versendet werden als Papierrechnungen und ermöglichen eine automatisierte Übernahme der Daten in das Buchhaltungs- und Warenwirtschaftssystem der Praxis. Das spart durch die entfallende Datenerfassung Zeit ‒ ganz zu schweigen von den Papier- und stetig steigenden Portokosten. Die neu zu verwendende E-Rechnung besteht nämlich nur aus einem strukturierten elektronischen Format, das gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen (RL 2014/55/EU vom 16.04.2014) entspricht. Beispiele hierfür sind die Rechnungen nach dem XStandard und als hybrides Format die ZUGFeRD-Rechnung ab Version 2.0.1. Auch ausländische Formate entsprechen diesen Standards, wie FatturaPA (Italien) oder Factur-X (Frankreich).

     

    Alternativ können Rechnungsaussteller und -empfänger das strukturierte elektronische Format auch selbst vereinbaren (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Dieses Format muss dann aber die richtige und vollständige Extraktion der Rechnungsangaben aus der E-Rechnung und Überführung in ein Format ermöglichen, das der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen entspricht.

     

    Beachten Sie | Die E-Rechnung ist also ein reiner XML-Datensatz, der nur maschinell „lesbar“ ist. Damit unterscheidet sich die E-Rechnung von einer per E-Mail als PDF versandten Rechnung. Das Problem für alle Unternehmer: Die E-Rechnung sieht nicht vor, dass zusätzlich zum XML-Datensatz ein von Menschen lesbares Dokument erstellt wird. Dieses Dokument, z. B. ein PDF der Rechnung, kann der Rechnungsersteller nur freiwillig zusätzlich versenden. Allerdings ermöglichen es Visualisierungsprogramme, den XML-Datensatz für das menschliche Auge lesbar darzustellen.

    In diesen Fällen ist eine E-Rechnung Pflicht

    Grundsätzlich bleibt es auch ab 2025 bei dem Vorrang für die Papierrechnung. Allerdings wurden in § 14 Abs. 2 UStG bestimmte Vorgänge definiert, für die verpflichtend die E-Rechnung zu nutzen ist. Danach müssen Unternehmer immer dann mit der neuen E-Rechnung abrechnen, wenn

    • 1. sie eine Lieferung o. sonstige Leistung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausführen,
    • 2. der Umsatz nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfrei ist,
    • 3. Leistungsempfänger ein anderer Unternehmer ist und dieser die Leistung für sein Unternehmen bezieht und
    • 4. leistender Unternehmer und Leistungsempfänger im Inland ansässig sind.

     

    Dabei spielt es keine Rolle, ob die Umsatzsteuer von dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausführenden Unternehmer oder vom Leistungsempfänger geschuldet wird. Zudem gelten auch Kleinunternehmer i. S. d. § 19 Abs. 1 UStG als Unternehmer, für die die E-Rechnung verpflichtend ist. Damit betrifft die E-Rechnung, die innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung ausgestellt werden muss, tatsächlich alle Zahnarztpraxen. Zwar erbringen Zahnärzte typischerweise keine inländischen der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätze ggü. anderen Unternehmern ‒ eine E-Rechnung müssen Zahnärzte damit regelmäßig nicht ausstellen und sie können abrechnen wie bisher auch. Aber Zahnärzte empfangen häufig der Umsatzsteuer unterliegende Lieferungen oder sonstige Leistungen anderer inländischer Unternehmer (z. B. beim Einkauf von Büromaterial/Praxisgeräten), weshalb sie E-Rechnungen dieser Unternehmer empfangen können müssen.

     

    Wichtig | Fallen Umsätze nicht unter diese Voraussetzungen, muss folglich nicht mit einer E-Rechnung abgerechnet werden. Das sind typischerweise Rechnungen über vom Zahnarzt erbrachte umsatzsteuerfreie Leistungen und Rechnungen an Privatpatienten. In diesem Fall erfolgt die Rechnungsstellung in Papierform oder mit Zustimmung des Empfängers elektronisch (z. B. PDF). Somit ist ab 2025 wie folgt zu unterscheiden:

     

    • E-Rechnung: Sie gilt für Umsätze zwischen inländischen Unternehmern. Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Abs. 1 S. 3 UStG).

     

    • Sonstige Rechnung: Sie gilt für alle anderen Umsätze. Es handelt sich um Rechnungen, die in einem anderen Format übermittelt werden (z. B. in Papierform oder als JPEG- bzw. PDF-Datei per Mailversand).

     

    Zudem gibt es eine Ausnahme von der E-Rechnungspflicht. Da die E-Rechnung nicht auf den Rechnungsbetrag abstellt, müssten geringe Rechnungsbeträge zwischen inländischen Unternehmern mit einer E-Rechnung abgerechnet werden. Da dies nicht praxistauglich wäre, wurden Kleinbetragsrechnungen von der E-Rechnungspflicht ausgenommen (§ 33 S. 4 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung [UStDV]). Das sind Rechnungen, deren Gesamtbetrag 250 Euro nicht übersteigt. Auch für diese Vorgänge kann wie bisher eine Rechnung in Papierform oder elektronisch als PDF genutzt werden.

    Übergangsregelungen bis Ende 2027

    Grundsätzlich gilt die E-Rechnung ab dem 01.01.2025. Es wird jedoch eine Übergangsfrist gewährt (§ 27 Abs. 38 Nr. 1 und 2 UStG), die es erlaubt, bis zum 31.12.2026 freiwillig wie bisher abzurechnen und auf die E-Rechnung (als Rechnungssteller) zu verzichten. Bis zum 31.12.2026 kann der Zahnarzt Rechnungen an andere Unternehmen also auch noch mit einer sonstigen Rechnung (Papier oder PDF) abrechnen. Dieser Fall kommt in Zahnarztpraxen in der Regel jedoch nicht vor. Es sei denn, die Praxis produziert z. B. mit einem Eigenlabor auch für eine andere Praxis. Und: Beträgt der Gesamtumsatz der Praxis im Jahr 2026 nicht mehr als 800.000 Euro, verlängert sich die Übergangsfrist zudem um ein Jahr.

     

    Beachten Sie | Die meisten Zahnarztpraxen dürfen also noch bis zum 31.12.2027 beliebig abrechnen ‒ ohne zur Nutzung der E-Rechnung verpflichtet zu sein. Diese Übergangsregelung muss natürlich nicht in Anspruch genommen werden und Sie können irgendwann zwischen dem 01.01.2025 und dem 31.12.2026 bzw. 2027 auf die E-Rechnung umstellen.

    Annahme der E-Rechnung ab 2025 verpflichtend

    Dennoch sollten alle Zahnärzte bis zum 01.01.2025 handeln. Denn im Gegensatz zu den Ausgangsumsätzen gibt es für die Eingangsumsätze keine Übergangsregelung. Das bedeutet, dass z. B. der Lieferant für Verbrauchsmaterial (Spritzen, Absaugkanülen usw.) zwar bis zum 31.12.2026 wahlweise wie bisher mit einer Rechnung in Papierform oder als PDF abrechnen kann ‒ aber nicht muss! Entscheidet sich der Lieferant bereits ab dem 01.01.2025 für die Nutzung der E-Rechnung, muss die Zahnarztpraxis diese entgegennehmen. Nimmt die Praxis die Rechnung nicht an, gilt die Rechnungsausstellungspflicht des Lieferanten dennoch als erfüllt.

     

    Damit greift für Zahnärztinnen und Zahnärzte das Erfordernis, spätestens ab dem 01.01.2025 die Möglichkeit zum Empfang von E-Rechnungen zu schaffen (z. B. durch ein E-Mail-Postfach). Darüber hinaus muss eine Software vorhanden sein, die eine maschinelle Auswertung (und ggf. Visualisierung) der E-Rechnung ermöglicht. Andernfalls wird es aufgrund des für das menschliche Auge kaum lesbaren XML-Datensatzes nahezu unmöglich sein, die E-Rechnung zu begleichen und in die Praxissoftware einzupflegen. Hier sind nun kurzfristig die Hersteller der bisher in den Zahnarztpraxen eingesetzten Softwareprogramme gefragt. Implementieren diese bis zum 01.01.2025 eine Schnittstelle, mit der eingehende E-Rechnungen maschinell ausgewertet werden können?

    Quelle: Ausgabe 11 / 2024 | Seite 13 | ID 50218334