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  • · Fachbeitrag · Praxisentwicklung

    Diese 5 Fragen sollten Sie beim Kauf oder Verkauf einer Zahnarztpraxis klären!

    von StB Björn Ziegler, Kanzlei Lauterbach Zeutschner Seltsam, Würzburg

    | Beim Kauf einer Praxis dreht sich für den Zahnarzt alles um die Frage, ob das Objekt der Begierde hält, was es verspricht - schließlich möchten Sie nur eine gesunde Praxis zu Ihrer Existenzgrundlage machen. Doch auch beim Praxisverkauf sollten Sie wissen, worauf es Ihrem Interessenten bei der Prüfung ankommt: Dies erleichtert die Nachfolgesuche erheblich. |

    Nicht nur Fallzahlen sind entscheidend

    An die KZV-Abrechnungen und die Fallzahlen denken dabei die meisten. Um Ihre Wunschpraxis oder Ihre eigene Praxis wirklich beleuchten zu können, benötigen Sie aber verschiedene weitere Unterlagen. Die wichtigsten sind:

     

    • Praxismietvertrag
    • Aktuelles Lohnjournal sowie Jahreslohnjournale der letzten drei Jahre
    • Arbeitsverträge sämtlicher Mitarbeiter sowie Informationen über Sonderzahlungen, betriebliche Altersvorsorge etc.
    • Gewinnermittlungen der letzten drei Jahre mit Kontennachweis und aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung mit Summen- und Saldenliste
    • Anlagenverzeichnis
    • Sämtliche Leasingverträge für Geräte
    • Bei Praxisgemeinschaft: Verträge und Strukturbeschreibung
    • Angaben zur Patientenstruktur

     

    Damit können Sie sich einen ersten Eindruck verschaffen und sind zugleich bestens für den Gang zum Berater gerüstet, der Ihnen die Praxis anhand 
dieser Unterlagen bewertet.

     

    Bevor wir Hinweise zu den aufgeführten Unterlagen geben, werden nach-stehend vorab einige Begriffe erläutert:

     

      • Lohnjournal und Jahreslohnjournal: Auflistung aller Arbeitnehmer mit Gehältern und hierauf angefallenen Steuern und Abgaben
      • Kontennachweis zur Gewinnermittlung: Detaillierte Aufschlüsselung der Gewinnermittlung nach den Buchhaltungskonten
      • Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA): Sie bildet den monatlichen Gewinn einer Praxis ab. Ausgehend vom Umsatz wird durch den Abzug zusammengefasster Kostenblöcke - etwa Raumkosten, Personalkosten etc. - das Ergebnis ermittelt. Die zugehörige Summen- und Saldenliste zeigt, welchen Stand die einzelnen Konten haben. Sie enthält auch 
Bestandskonten, die nicht in die Gewinnberechnung einfließen, zum Beispiel Praxiseinrichtung, Praxisgebäude oder Giro- und Darlehenskonten. Die BWA benötigen Sie insbesondere für das aktuelle Jahr, für das noch keine Jahresgewinnermittlung erstellt wurde.

    Auf diese 5 Fragen kommt es an

    Steht das Gespräch mit dem Berater oder dem (Ver-)Käufer an, sollten Sie zuvor unbedingt die nachstehenden fünf Punkte klären:

     

    1. Mietvertrag

    Ein Mietverhältnis geht nicht automatisch auf den Praxiskäufer über. Beim Mietvertrag liegt das Hauptaugenmerk vielmehr auf der Erlaubnis für einen Mieterwechsel im Falle des Praxisverkaufs. Hat der Vermieter den Wechsel im Mietvertrag nicht ausdrücklich erlaubt, muss der Praxiskäufer mit ihm unter Umständen völlig neu über die Konditionen verhandeln. Ohne eine Nachfolgeklausel müssen die in der Gewinnermittlung enthaltenen Mietzahlungen unter Vorbehalt gewertet werden. Vermeintlich niedrige Raumkosten verlieren dann an Relevanz.

     

    Sollte der Mietvertrag eine Regelung zum Übergang auf den Praxiskäufer enthalten, müssen Sie prüfen, ob beispielsweise eine Rückbauverpflichtung versteckte Lasten mit sich bringt. Hier stehen gegebenenfalls mehrere tausend Euro Kosten für den Rückbau im Raum. Ein Vergleich der aktuell 
gezahlten Miete mit dem Mietvertrag zeigt, ob die Miete zwischenzeitlich erhöht wurde. Prüfen Sie, ob sich die Miete laut Vertrag automatisch erhöht 
- zum Beispiel entsprechend der Inflationsrate -, und ob diese „Staffelmietel“ auch tatsächlich praktiziert wurde.

     

    Schließlich ist es wichtig, wie lange der Mietvertrag überhaupt läuft und ob der Praxiskäufer eine oder mehrere Verlängerungsoptionen wahrnehmen kann. In der Regel will er den Praxisstandort ja beibehalten.

     

    2. Lohnjournale und Anstellungsverträge

    Arbeitsverträge gehen, anders als Mietverträge, von Gesetzes wegen auf den Praxiskäufer über (§ 613a BGB). Da die Personalkosten in der Zahnarztpraxis in der Regel den größten Kostenblock darstellen, lohnt sich ein genauer Blick auf die Details: Wie viele Helferinnen bzw. Techniker sind angestellt und wie lange schon? Eine lange Betriebszugehörigkeit bringt in der Regel höhere Gehälter mit sich. Welchen Urlaubsanspruch haben die Arbeitnehmer?

     

    Dem Lohnjournal lässt sich entnehmen, ob Angehörige in der Praxis mitarbeiten. Zwei Szenarien gilt es zu beachten: Zum einen ist denkbar, dass Familienmitglieder - etwa für die Buchhaltung - als Mini-Jobber angestellt sind, um Steuern zu sparen. Ihr Gehalt kann gegebenenfalls aus dem Personalkostenblock gestrichen werden. Zum anderen kann es sein, dass der Ehepartner des Praxisverkäufers voll mitarbeitet, hierfür aber ein sehr niedriges Gehalt bezieht, um keine hohen Sozialabgaben zu zahlen - der Leistungsanspruch aus der gesetzlichen Krankenkasse ist bei niedrigem Gehalt und niedrigem Beitrag derselbe wie bei hohem Gehalt und hohem Beitrag. In diesem Fall müssen die Personalkosten gedanklich angehoben werden.

     

    Ergänzende Informationen benötigen Sie noch zu nicht in den Arbeitsverträgen geregelten Extraleistungen. Das können sowohl Leistungen zur betrieblichen Altersvorsorge als auch aus sogenannter betrieblicher Übung sein. Wurde etwa in den letzten drei Jahren ohne ausdrücklichen Vorbehalt Weihnachtsgeld gezahlt, können Sie es nach dem Praxiskauf nicht einfach 
abschaffen, selbst wenn der Arbeitsvertrag zu der Zahlung schweigt: Die 
Arbeitnehmer haben durch die Wiederholung einen Rechtsanspruch erworben!

     

    3. Gewinnermittlungen mit Kontennachweisen und BWA

    Die Gewinnermittlungen mit ihrer detaillierten Aufschlüsselung nach Konten kann einiges über die zu beurteilende Praxis aussagen. So können Sie die Zahlen der verschiedenen Jahre nebeneinander legen und erkennen, wie sich Umsätze und Kosten im Einzelnen entwickelt haben. Größere Ausschläge nach oben oder unten sollten Sie hinterfragen. Im Bereich der 
Umsätze sehen sie, wie hoch der Anteil an privatversicherten Patienten und an Zuzahlerleistungen ist. Bei ländlichen Zahnarztpraxen ist dieser Anteil 
bekanntlich deutlich niedriger als in Ballungszentren.

     

    PRAXISHINWEIS |  Ein höherer Umsatz relativiert sich möglicherweise, wenn darin teure Fremdlaborposten versteckt sind. Ob das so ist, verrät Ihnen ein Blick auf das Konto „Fremdlabor“ im Kontennachweis.

     

    Außerdem können Sie die Kostenstruktur der Praxis einer schnellen, groben Überprüfung unterziehen. Liegt der Gewinn einer Einzelpraxis in etwa bei 33 bis 35 Prozent des Umsatzes? Belaufen sich die Material-, Labor- und bereinigten Personalkosten zusammen auf rund 45 bis 47 Prozent des Umsatzes? Falls beides zutrifft, ist das ein erstes Indiz für eine gesunde Praxis.

     

    4. Aktuelles Anlagenverzeichnis

    Dem Anlagenverzeichnis können Sie entnehmen, welche Einrichtungen und Geräte in der Praxis vorhanden sind. Preist der Praxisverkäufer seine Geräte zum Beispiel als „praktisch neu“ an, hilft auch hier ein Blick in das Verzeichnis. Da zu jedem Inventar auch das Anschaffungsdatum angegeben ist, erkennen Sie schon vorab, welche Investitionen in naher Zukunft einkalkuliert werden müssen.

     

    5. Leasingverträge

    Liegen Ihnen Leasingverträge vor, sehen Sie darin insbesondere die Restlaufzeit des Vertrages und sich daraus ergebenden Handlungsbedarf. Ist Ihre Wunschpraxis in eine Praxisgemeinschaft eingebunden, können Sie anhand des Kooperationsvertrags und der Strukturbeschreibung offensichtliche Fehlgestaltungen selbst erkennen.

     

    Neben den dargestellten Fragen gibt es natürlich noch weitere Aspekte, die eine Praxis attraktiv machen. Hierzu gehören Patientenstruktur, Behandlungsschwerpunkte, eine günstige Lage und die Konkurrenzsituation vor Ort - diese Punkte sollten in die Gesamtbetrachtung ebenfalls einfließen.

     

    FAZIT |  Anhand dieser 5 Fragen können Sie selbst die erste Spreu vom Weizen trennen, um anschließend gut vorbereitet fachmännischen Rat einzuholen. Stimmt dann auch noch die Chemie, sollte der Wechsel des Praxischefs gelingen!

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 5 | ID 40246190