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  • · Fachbeitrag · Praxishygiene

    15 typische Fehler: Validierung, Klassifizierung und Aufbereitung von Medizinprodukten ganz vorn

    von Viola Milde, Hygieneberatung, Hamburg, www.vmh-hamburg.de

    | Die neue ZP-Beitragsserie beschreibt die „Top 15“ der häufigsten Hygienemängel, die in den Mängelprotokollen der begehenden Behörden benannt werden: Ganz weit oben auf dieser Rangliste stehen nach wie vor die Themen „Prozessvalidierung“ und „Klassifizierung und Aufbereitung der Medizinprodukte“. Hier die Punkte, die häufig gerügt werden. |

    Top 1: Bei der Prozessvalidierung der Medizinprodukte-Aufbereitung werden häufig Fehler gemacht

    Überraschend viele Rügen betrafen Prozesse, die Zahnarzt- oder KFO-Praxen nicht, nicht mit der notwendigen Sorgfalt oder nur ungenügend validieren. Wird die Nichterfüllung der Validierungspflicht bei Praxisbegehungen festgestellt, werden mittlerweile empfindliche Geldbußen verhängt.

     

    Diese rechtlichen Grundlagen sind zu beachten

    Die Aufbereitung Ihrer Medizinprodukte (MP) unterliegt dem Medizinproduktegesetz (MPG), das durch die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) detailliert geregelt wird.

     

    Dass alle (Zahn-)Arztpraxen infektionshygienisch überwacht und begangen werden dürfen, regelt § 36 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dazu gibt es Richtlinien, auf die sich auch die MPBetreibV stützt. Das sind die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), die auf den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) basieren.

     

    Wartung oder Validierung: Darin besteht der Unterschied

    Eine bloße Wartung meint den periodisch stattfindenden, vom Hersteller vorgeschriebenen „Check“ Ihres Reinigungs- und Desinfektionsgeräts (RDG) und Ihres Sterilisators (oder ggf. DAC). Im Zuge dieses Checks werden nicht nur die Gerätedaten überprüft, sondern auch Verschleißteile ausgetauscht, um die Leistungsfähigkeit Ihres Geräts aufrechtzuerhalten.

     

    Eine darüber hinausgehende Validierung nach der Norm DIN EN ISO 14937 befasst sich nicht nur mit dem jeweiligen Gerät. Vielmehr wird Ihr gesamter Aufbereitungszyklus auf Korrektheit und Reproduzierbarkeit hin überprüft:

     

    • Ein Validierer stattet Ihr RDG/Steri-/DAC-Gerät u. a. mit externen, unabhängig vom Gerät arbeitenden Messsystemen aus, um die internen und externen Daten zu vergleichen, die Trockenheit von Beladungen zu prüfen, das Vakuum der Kammer zu testen usw. Ebenso werden Beladungsmuster erstellt sowie die Maximalbeladungen in Schrift und Bild festgehalten.
    • Der mindestens genauso wichtige Part ist das Einbeziehen Ihrer gesamten Aufbereitungskette. Überprüft wird, ob die kontaminierten Medizinprodukte trocken oder nass abgelegt, wie diese transportiert, ggf. wie und womit vorgereinigt werden. Und zwar bis zur Freigabe der aufbereiteten Instrumente.
    • Auch Ihre Räumlichkeiten werden auf Eignung überprüft: Findet eine ordentliche Trennung zwischen unreiner und reiner Seite statt?
    • Außerdem befasst sich der Validierer mit der Qualifikation der Mitarbeiter, die mit der Aufbereitung betraut sind: Wurde schriftlich festgehalten und vom Praxisinhaber unterschrieben, welche Mitarbeiter die Medizinprodukte final freigeben dürfen? Finden regelmäßige Schulungen statt?

     

    MERKE | Kurz gefasst versteht die Norm DIN EN ISO 14937 unter einer Validierung einen dokumentierten Prüfvorgang, in dem Ergebnisse dokumentiert und bewertet werden. So soll sichergestellt werden, dass diese Ergebnisse ‒ qualitativ gleichbleibend ‒ auch im Routinebetrieb erbracht werden. Der Validierungsbericht der ersten umfangreichen Basis-Validierung kann schnell 60 bis 80 Seiten umfassen. Sie erhalten ihn in der Regel ein paar Wochen nach der Basis-Validierung, manchmal auch erst Monate später. Sie sind dann verpflichtet, diesen auch durchzuarbeiten und zu unterschreiben. Bei Mängeln können Unterlagen nachgefordert, die Nutzung von Geräten untersagt, Ordnungsgeld verhängt oder in schwerwiegenden Fällen sogar die Praxis geschlossen werden. Betrifft ein Mangel andere Behörden (z. B. Gesundheitsamt), werden diese informiert.

     

    Top 2: Medizinprodukte werden oft fehlerhaft klassifiziert und aufbereitet

    Das Thema „Aufbereitung der Medizinprodukte“ ist komplex. Insbesondere bei der Aufbereitung der Übertragungsinstrumente ist die Fehlerquote hoch. Oft ist schon für die Klassifizierung fraglich, wann welches Instrument „kritisch“ oder „semikritisch“ ist. In der Praxis oft gestellte Fragen lauten:

     

    • Dürfen die Übertragungsinstrumente manuell aufbereitet werden?
    • In welchen Fällen ist das Winkelstück als „kritisch“ einzustufen?
    • Müssen semikritische Medizinprodukte nach dem RDG zusätzlich noch sterilisiert werden?
    • Warum ist ein Medizinprodukt, das heute „kritisch“ aufbereitet wird, morgen eventuell nur als „semikritisch“ anzusehen?
    • Genügt ein Gerät Assistina 301 oder QUATTROcare für die Aufbereitung der Übertragungsinstrumente?
    • Ist folgendes Verfahren in Ordnung: Die Winkelstücke werden nach jeder Behandlung sorgfältig mit Wischdesinfektionstüchern abgewischt. Erst abends kommen sie in den Sterilisator.

     

    So werden Risikoklassen nach „semikritisch“ und „kritisch“ unterschieden

    Die Einordnung „semikritisch A“, „semikritisch B“, „kritisch A“ und „kritisch B“ ist wie folgt vorzunehmen:

     

    • „Semikritisch“ sind alle Medizinprodukte, die mit Schleimhaut, Speichel oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen. Das sind also Übertragungsinstrumente für allgemeine, präventive, restaurative oder kieferorthopädische ‒ nicht invasive ‒ Maßnahmen:
      • Im Gegensatz zu „semikritisch A“ (ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung)
      • stellen die Medizinprodukte „semikritisch B“ erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung, da sie über Hohlräume, Kanäle, Riefen o. ä. verfügen, die schwierig zu reinigen und zu kontrollieren sind.

     

    • „Kritisch“ sind alle Medizinprodukte, die die Haut oder Schleimhaut bestimmungsgemäß durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut, inneren Geweben oder Organen kommen (einschließlich Wunden), rotierende oder oszillierende Instrumente für chirurgische, parodontologische oder endodontische ‒ invasive ‒ Maßnahmen (z. B. Endodontie-Instrumente, rotierende chirurgische Instrumente):
      • Im Gegensatz zu „kritisch A“ (ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung)
      • stellen die Medizinprodukte „kritisch B“ erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung, da sie über Hohlräume, Kanäle, Riefen o. ä. verfügen, die schwierig zu reinigen und zu kontrollieren sind.

     

    So werden Instrumente der Risikoklasse „semikritisch B“ korrekt aufbereitet

    Bei Übertragungsinstrumenten der Risikoklasse „semikritisch B“ muss das Instrument nach Behandlungsende noch 20 Sekunden weiterlaufen (Wasser- und Luftfluss), um eventuelle „Einsaugungen“ wieder nach außen zu befördern. Abnehmbare Aufsätze werden entfernt. Nach einer äußeren Wischdesinfektion wird das Instrument dem Aufbereitungsprozess zugeführt.

     

    Häufig praktiziert, aber nicht RKI-konform ist die ausschließliche Wischdesinfektion zwischen den Patienten. Denn so werden Verkrustungen durch etwaige Anschmutzungen nicht verhindert. Vielmehr sollten folgende 3 Arbeitsschritte zeitnah ‒ binnen 10 Minuten ‒ erfolgen:

     

    • Unerlässlich ist eine nicht proteinfixierende Innenraumreinigung, die manuell (mithilfe spezieller Sprays und Adaptern) oder maschinell (z. B. mithilfe von RDG/DAC oder reinigenden Geräten diverser Hersteller) erfolgt. Bei Sprays sollte man auf die VAH-gelisteten und vom Hersteller des Übertragungsinstruments zugelassenen Reinigungs-/Desinfektionsmittel zurückgreifen. RDG bedeutet hier einen validierten Reinigungs- und Desinfektionsprozess. Das Gerät muss z. B. mit entsprechenden Düsen ausgestattet sein.

     

    • Wichtig | Bei manuellen Reinigungsprozessen sind generell periodische Restproteinbestimmungen durchzuführen.

     

    • Nach der Innenraumreinigung muss der Innenraum desinfiziert werden. Auch dieses ist sowohl manuell mittels VAH-gelisteter viruzider Sprays und abschließender Druckluftbearbeitung (beides mit Adaptern) als auch maschinell zugelassen.

     

    • Wichtig | Wird keine oder nur eine begrenzt viruzide Innenraumdesinfektion durchgeführt, muss das Übertragungsinstrument abschließend einer thermischen Desinfektion (unverpackt) im Sterilisator unterzogen werden.

     

    • Nach thermischer Desinfektion mittels RDG wird das Medizinprodukt einer Sicht- und Funktionskontrolle unterzogen und abschließend zur erneuten Verwendung freigegeben. Eine Ölpflege erfolgt nach Herstellerangaben.

     

    So werden Instrumente der Risikoklasse „kritisch B“ korrekt aufbereitet

    Übertragungsinstrumente der Kategorie „kritisch B“ werden vor dem Beginn des Aufbereitungsprozesses genauso behandelt wie „semikritisch B“.

     

    Im Unterschied zur Aufbereitung der semikritischen B-Medizinprodukte muss die Aufbereitung der kritischen B-Medizinprodukte grundsätzlich maschinell mit speziellen Düsen/Adaptern im RDG oder einem vergleichbaren Gerät (z. B. DAC) erfolgen. Nach der Innenraumreinigung und Desinfektion wird das Übertragungsinstrument kontrolliert und sparsam nach Herstellerangaben geölt. Anschließend wird das Medizinprodukt verpackt (z. B. Sterilisationsfolie, Container mit Filtern) und sterilisiert. Bei dem Sterilisationsvorgang wird zur Kontrolle des korrekten Prozessablaufs ein PCD (Helixtest) beigelegt.

     

    MERKE | Die Anschaffung eines RDG oder DAC ist nicht zu umgehen, selbst wenn die Praxis keine größeren chirurgischen Eingriffe durchführt. Jede Zahnarztpraxis hat Medizinprodukte „kritisch B“, deren Aufbereitung grundsätzlich maschinell zu erfolgen hat!

     
    • Antworten auf typische Fragen aus der Zahnarztpraxis
    Frage
    Antwort

    Dürfen die Übertragungsinstrumente manuell aufbereitet werden?

    • Semikritisch B: manuell ja. Außen Wischdesinfektion, Innenraumreinigung/-desinfektion mittels VAH-gelisteter und vom Hersteller zugelassener Sprays. Abschließende thermische Desinfektion dringend empfohlen. Manuelle Reinigung erfordert Restproteinbestimmungen.
    • Kritisch B: manuell nein. Eine ausschließlich manuelle Aufbereitung ist hier nicht zugelassen.

    Müssen semikritische Medizinprodukte nach dem RDG noch sterilisiert werden?

    Nein. Bei semikritischen Medizinprodukten ist es ausreichend, diese im validierten RDG mit speziellen Düsen/Adaptern aufzubereiten. Eine Sterilisation ist nicht notwendig.

    Warum ist ein Medizinprodukt, das heute „kritisch“ aufbereitet wird, morgen evtl. nur als „semikritisch“ anzusehen?

    Weil das Übertragungsinstrument, das z. B. chirurgisch verwendet worden ist, bei der nächsten Behandlung ggf. für allgemeine, nicht invasive Maßnahmen eingesetzt wird und der bestimmungsmäßige Einsatz zählt.

    Wir haben ein Gerät (Assistina 301 oder QUATTROcare) für die Aufbereitung der Übertragungsinstrumente. Ist das ausreichend?

    Nein. Wenn diese Geräte nur pflegen, jedoch nicht reinigen, sind sie nicht für den Reinigungsprozess (Innenraumreinigung semikritisch B) zugelassen. Das Einbringen von Pflegeöl in das nicht gereinigte Medizinprodukt verhindert sogar eine korrekte Innenraumreinigung. Die Pflege mit diesen Geräten darf erst nach Reinigung/Desinfektion erfolgen.

    Wir wischen die Winkelstücke nach jeder Behandlung sorgfältig mit Wischdesinfektionstüchern ab. Erst abends kommen sie in den Steri. Reicht das?

    Nein. Es ist nicht zulässig, die Übertragungsinstrumente zwischen den Patienten nur einer Wischdesinfektion zu unterziehen. Die Möglichkeit einer Infektionsübertragung kann nur durch Außen-/Innenraumreinigung und viruzider Außen-/Innenraumdesinfektion ausgeschlossen werden. Außerdem sorgt die Innenraumreinigung für den Erhalt der Leistungsfähigkeit der Übertragungsinstrumente.

     

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Bundeseinheitliche Regelungen für Praxisbegeher: Was Zahnärzte wissen sollten“ (ZP 08/2017, Seite 9)
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 3 | ID 45457838