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  • · Fachbeitrag · Praxismanagement

    Tipps zum Einstieg junger Zahnärzte in eine BAG oder Praxisgemeinschaft

    von Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, RA und FA für Medizinrecht, Hamburg, www.rechtsanwalt-schinnenburg.de 

    | Früher gab es zur Selbstständigkeit bei Zahnärzten kaum eine Alternative: Ein Zahnarzt konnte - von wenigen Ausnahmen abgesehen - nach seiner zweijährigen Assistentenzeit nicht angestellt werden. Das war einer der Gründe für die sogenannten Schein-Gemeinschaftspraxen, bei denen einer der Partner formal gleichberechtigt, de facto aber abhängig beschäftigt war. Solche Konstruktionen konnten zu Honorarkürzungen sowie zu Disziplinar- und Strafverfahren führen. Inzwischen in die Anstellung von Kollegen erlaubt. Dieser Beitrag klärt, worauf hierbei zu achten ist. |

    Trend zur BAG und zur Praxisgemeinschaft

    Seit einigen Jahren gibt es einen Trend gegen die Einzelpraxis, das heißt die Zahnärzte lassen sich nach Abschluss ihrer Vorbereitungszeit nicht allein nieder, sondern steigen in eine Gemeinschaftspraxis (rechtlich genauer: Berufsausübungsgemeinschaft - BAG) ein oder gründen mit einem bereits niedergelassenen Kollegen eine Praxisgemeinschaft.

     

    Vorteile der engen Zusammenarbeit

    Dies hat eine ganze Reihe von Vorteilen für den jungen Zahnarzt: Zum einen braucht man dazu deutlich weniger Geld, da eine Praxiseinrichtung schon vorhanden ist und bei einer gemeinsamen Berufstätigkeit manche Einrichtungen nur einmal vorhanden sein müssen: Anmeldung, Wartezimmer, Toiletten, Sozialraum, Röntgengeräte, Hygieneraum etc. Zum anderen kann man auf einen vorhandenen Patientenstamm zurückgreifen.

     

    Außerdem können sich die Zahnärzte leicht gegenseitig vertreten, und es ist ein fachlicher Austausch möglich. Und - auch das sollte man schon am Anfang bedenken: Es ist meist leichter, die Praxis bzw. seinen Anteil daran an einen Nachfolger zu übergeben.

     

    Nachteile nicht außer Betracht lassen

    Allerdings sollte man auch die Gefahren nicht aus den Augen verlieren. Das sind zunächst einmal die Gefahren jeder selbstständigen Tätigkeit: finanzielles Risiko, volle Verantwortung für die Praxis und umfassende Haftung für Behandlungsfehler. Hinzu kommen die besonderen Gefahren bei einer beruflichen Zusammenarbeit: Man verliert teilweise das Selbstbestimmungsrecht, man haftet für die anderen Partner und vor allem besteht die Gefahr eines heftigen Streits unter den Partnern.

     

    Wer sich also mit anderen Zahnärzten zusammen niederlässt, sollte nicht nur die Tugenden des Selbstständigen - Fleiß, Verantwortungsbereitschaft, Mut zum Risiko - mitbringen, sondern auch eine erhebliche Teamfähigkeit.

     

    Grundsätzliches im Vertrag regeln

    Viel Sorgfalt sollte zudem auf den Vertrag mit den anderen Zahnärzten gelegt werden. Dabei geht es zunächst um die folgenden grundsätzlichen Punkte:

     

    • In einer Präambel sollte geregelt werden, wie es zu der Zusammenarbeit kam. Zum Beispiel: „Dr. A praktiziert seit Jahren am Standort X, Dr. B steigt zum Zeitpunkt Y als gleichberechtigter Partner ein.“ Eine solche Präambel ist für die Auslegung der weiteren Vertragsbestimmungen sehr wichtig.

     

    • Im Vertrag muss bestimmt werden, wie die einzelnen Partner am materiellen und immateriellen Vermögen beteiligt werden. Zwar ist es möglich, dass der junge Partner erst nach und nach den geplanten Anteil am Vermögen erwirbt. Am immateriellen Vermögen - dem Patientenstamm - sollte der junge Kollege spätestens nach drei Jahren einen Anteil erwerben. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Gerichte von einer Scheinselbstständigkeit ausgehen, ihn also für einen Angestellten halten.

     

    • Es muss festgelegt werden, dass den Patienten in jedem Falle die freie Zahnarztwahl gewährleistet bleibt. Bei einer Praxisgemeinschaft sollte ausdrücklich ausgeführt werden, dass die Vertragsbeziehung jeweils nur mit dem behandelnden Zahnarzt zustande kommt. Bei einer BAG sollte darauf hingewiesen werden, dass der Behandlungsvertrag mit der Gemeinschaft, also nicht nur mit dem behandelnden Partner geschlossen wird.

     

    • Keinesfalls darf der Vertrag Regelungen enthalten, die für Angestellte typisch sind. Ein klassischer Fall sind feste „Gewinnentnahmen“ unabhängig von der eigenen Leistung - also auch bei Krankheit und Urlaub.

     

    • § 708 BGB sollte abbedungen werden, also der sogenannte subjektive Sorgfaltsmaßstab. Ansonsten kann sich ein schlampiger Partner damit entschuldigen, dass er auch in eigenen Angelegenheiten so verfahre.

     

    • Selbstverständlich muss bestimmt werden, welche Entscheidungen jeder Partner allein treffen kann und welche eines gemeinsamen Beschlusses bedürfen. Hierher gehören auch Vorschriften über die Abhaltung von Gesellschafterversammlungen und die dortige Entscheidungsfindung.

     

    • Es muss vereinbart werden, wie der neu eintretende Partner in die Verträge mit Dritten (Mitarbeiter, Vermieter etc.) einbezogen wird.

    Praxisschilder und Sprechstunden

    Detailregelungen zu Praxisschildern und Sprechstunden helfen, späteren Streit im Behandlungsalltag zu vermeiden:

     

    • Vertraglich vereinbart werden sollten die von jedem Partner abzuleistenden Sprechstundenzeiten. Außerdem sollte geklärt sein, wie lange ein Partner von dem anderen Partner vertreten wird und welche Vergütung der Vertreter dafür jeweils erhält.

     

    • Was steht auf dem Praxisschild? - Auch dies sollte vertraglich definiert werden! Grundsätzlich kann dort alles enthalten sein, was berufsrechtlich zulässig ist. Allerdings kann es zu Problemen kommen, wenn ein Partner mehrere Zusatzqualifikationen erwirbt und der andere nicht. Wenn dies auf dem Praxisschild gezeigt wird, könnte das zum Wechsel von Patienten führen - ein Anlass für Streit bei manchen Gemeinschaften.

    Finanzielle Aspekte genau regeln

    Eher ausführlicher sollten die Regelungen ausfallen, die von den Partnern in finanziellen Dingen getroffen werden. Es ist an folgende Aspekte zu denken:

     

    • Die bisherigen Partner müssen schriftlich darlegen, welche Altverbindlichkeiten bestehen - zum Beispiel alte Rechnungen und Mitarbeiter in Mutterschutz oder Elternzeit.

     

    • Die Partner sollten ein gemeinsames Konto einrichten. Dieses sollte grundsätzlich als Oder-Konto geführt werden, das heißt: Jeder Partner ist allein zeichnungsberechtigt. Allerdings muss es jedem Partner möglich sein, daraus ein Und-Konto zu machen. Es gibt nämlich immer wieder Fälle, dass einzelne Partner vom Gemeinschaftskonto Überweisungen tätigen, die zwar in ihrem Sinne, nicht aber in dem der anderen Partner sind.

     

    • Der Vertrag muss genau regeln, welche Ausgaben die Gemeinschaft übernimmt und welche jeder Partner allein zu tragen hat.

     

    • Für den Jahresabschluss muss ein definiertes Verfahren vorgesehen werden. Mit dem Abschluss sollte ein Steuerberater beauftragt werden.

     

    • Besonders schwierig ist eine Vereinbarung zur Ergebnisverteilung. Meist läuft es auf eine Mischung einer Verteilung nach Köpfen, eigenem Umsatz und eigener Beteiligung an der Gemeinschaft hinaus.

    Ausscheiden eines Partners bedenken

    Auch wenn es noch lange dauert: Spätestens beim Ausscheiden einzelner Partner ist Streit vorprogrammiert, wenn nicht vorgesorgt ist:

     

    • Für den Fall der Berufsunfähigkeit, des Todes und der Insolvenz eines Partners muss es genaue Vorschriften geben.

     

    • Voraussetzungen, Fristen und Formalien von ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen sollten geregelt werden. Für den Fall der Kündigung sollte vorgesehen werden, dass die restlichen Partner die Gesellschaft fortsetzen, sofern sie nicht innerhalb einer kurzen Frist eine Anschlusskündigung aussprechen.

     

    • Für den Fall, dass der ausscheidende Partner eine Abfindung für den ideellen Wert erhält, muss ein nachträgliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden, bei dessen Verletzung eine Vertragsstrafe fällig ist.

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 6 | ID 42737642