· Fachbeitrag · Strategie
Schwierig: Wie junge Zahnärztinnen versuchen, Beruf und Familie in Einklang zu bringen
von Katharina Münster, Medienbüro Medizin, Hamburg, www.mbmed.de
| Die Zukunft der Zahnmedizin scheint weiblich zu sein, betrachtet man die Studienanfänger: Bis zu 80 Prozent Frauen verzeichnen manche Universitäten. Nach Studium und Assistenzzeit sind die meisten Zahnärztinnen knapp über 30. Da stellt sich für viele die Frage: eigene Praxis oder doch lieber angestellt? Und wie passt die Familienplanung dazu? In diesem Beitrag zeigen wir, welche Wege Zahnärztinnen einschlagen - und warum. |
Praxisgründer überwiegend männlich
Die Assistenzzeit ist geschafft. Nun beginnt der Alltag als Zahnärztin. Natürlich stellen sich auch die männlichen Kollegen nach ihrer Ausbildung die Frage, wie es nun weitergehen soll. Aktuelle Statistiken zeigen, dass Männer die Frage anders beantworten als Frauen: Zahnärzte machen sich eher selbstständig als Zahnärztinnen. Laut dem Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) waren die Gründer von neuen Praxen im Jahr 2011 zu 58 Prozent Männer und nur zu 42 Prozent Frauen (alte Bundesländer). In den neuen Ländern lag das Verhältnis bei 50 zu 50.
Frauen lassen sich lieber anstellen als Männer
Die Mehrheit der aktuell selbstständig tätigen Zahnärzte ist immer noch männlich: Laut Bundeszahnärztekammer waren im November 2011 rund 20.000 Zahnärztinnen und knapp 35.000 Zahnärzte selbstständig - ein Verhältnis von etwa einem Drittel zu zwei Dritteln. Hingegen war das Verhältnis bei angestellten Zahnärzten umgekehrt: Hier dominierten Frauen mit 6.514 Beschäftigten im Vergleich zu 3.775 Männern.
Aufbau einer Praxis kennt keinen Feierabend
Diese Zahlen zeigen, dass eine Anstellung für weibliche Zahnärzte tendenziell attraktiver ist als für ihre männlichen Kollegen, besonders in den alten Bundesländern. Der Grund mag darin liegen, dass eine selbstständige Tätigkeit vor allem beim Aufbau der Praxis keinen Feierabend kennt - und gerade junge Mütter ihren Fokus nicht komplett auf die Arbeit, sondern ausgeglichen auch auf ihr Privatleben richten möchten.
Hohe Investitionskosten für eigene Praxis schrecken ab
Die meisten Zahnärztinnen sind nach der Ausbildung bereits über 30 Jahre alt. Viele Frauen stellen sich dann die Frage: Wie bringe ich den Beruf und meinen Wunsch nach Familie unter einen Hut? Bei der Neugründung einer Praxis stehen zudem hohe Investitionskosten von rund 400.000 Euro an - bei der Praxisübernahme sind es immer noch 200.000 bis 300.000 Euro. Vor diesen hohen Investitionskosten scheut so manche Zahnärztin zurück, wenn vielleicht in einigen Jahren ein Kind kommt und versorgt sein will.
Zudem hat sich der Beruf des Zahnarztes im Laufe der Jahre geändert: Während es früher in Deutschland eine Art zahnmedizinische Vollversorgung gab und die Krankenkassen einen Großteil der Behandlungen übernahmen, zahlen die Patienten heute Vieles aus der eigenen Tasche. Diese Entwicklung hat den wirtschaftlichen Druck auf Zahnärzte erhöht, von den zusätzlichen Pflichten aus den Bereichen Dokumentation, Qualitätsmanagement und Praxiscontrolling ganz zu schweigen. Zahnärzte müssen heute - notgedrungen - auch Leistungen an ihre Patienten „verkaufen“. Damit steigt das finanzielle Risiko bei Gründung und Betrieb einer eigenen Zahnarztpraxis. Viele Frauen gehen daher manchmal den sichereren Weg und lassen sich anstellen oder steigen in eine Gemeinschaftspraxis ein.
Verschiedene Möglichkeiten der Anstellung
Nach Studium und Assistenzzeit gibt es für Zahnärztinnen verschiedene Optionen, die sie nutzen: Gerne wählen sie - wie erörtert - die Anstellung in einer Praxis. Gerade Zahnärztinnen, die nach einer Babypause zurück in den Job kommen, wählen diesen Weg. In vielen Fällen arbeiten die Zahnärztinnen in der Praxis ihres Mannes mit. Das spart Kosten und verbessert die Patientenversorgung der Praxis. In Städten geht die Tendenz verstärkt zu Zusammenschlüssen in Form von Berufsausübungsgemeinschaften. In der Regel arbeitet hier ein Praxisinhaber mit mehreren Zahnärztinnen zusammen, die häufig in Teilzeit angestellt sind - so besagen es die Statistiken.
Diese Modelle haben für die Zahnärztinnen den Vorteil, dass sie flexibler arbeiten und somit Familie und Beruf besser vereinen können. Zudem tragen sie nicht die finanzielle Verantwortung für hohe Investitionskosten. Die Arbeitslast verteilt sich auf mehrere Köpfe: Ist zum Beispiel der Sohn einer Zahnärztin krank, können die Kolleginnen einspringen. Urlaube können flexibler geplant werden, ohne dass der gesamte Praxisbetrieb in dieser Zeit leidet. Ist die Zahnärztin in solch einem Fall in einer Einzelpraxis tätig, müsste sie aufwändig eine Vertretung organisieren oder gar die Praxis schließen - finanzielle Einschnitte wären die Folge.
Angestellt und schwanger - häufig Berufsverbot
Ist eine angestellte Zahnärztin schwanger, muss sie dies ihrem Praxischef mitteilen. Dieser meldet die Schwangerschaft dem Gewerbeaufsichtsamt oder dem staatlichen Amt für Arbeitsschutz. Zusammen führen die Zahnärztin und ihr Chef eine Gefährdungsanalyse des Arbeitsplatzes durch und prüfen, ob sie weiterhin arbeiten darf. Nach der Rechtsprechung dürfen Schwangere nur dort arbeiten, wo keine Gefahr einer Infizierung besteht. Daher sollte die Zahnärztin nicht mehr operieren; Prophylaxe-Behandlungen hingegen kann sie weiterhin ausführen.
Anhand der Gefährdungsanalyse entscheidet das Amt, ob die Schwangere weiter arbeiten darf. Falls nicht, bleibt sie trotzdem in der Praxis angestellt - der Praxisinhaber muss ihr Gehalt weiter zahlen. Er darf aber von ihr verlangen, dass sie in der Zeit der Schwangerschaft andere, zumutbare Arbeiten ausführt, wie etwa Tätigkeiten rund um das Praxismanagement.