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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung

    Frontzähne ohne Indikation überkront: 6.000 Euro Schmerzensgeld und Eigenanteil zurück

    von Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht, Bochum

    | Mit Urteil vom 7. Januar 2015 (Az. I-6 O 365/13) hat das Landgericht Bochum einen Zahnarzt verurteilt, an seine Patientin 6.000 Euro Schmerzensgeld und 1.200 Euro Eigenanteil zu zahlen. Außerdem wurde der Zahnarzt verpflichtet, ihr alle weiteren Schäden zu ersetzen, die aus der grob fehlerhaften Präparation der Zähne 11, 12, 21 und 22 noch entstehen werden. |

     

    Der Zahnarzt hatte vor der Behandlung keine Befunde notiert

    Die Patientin litt seit ihrem 16. Lebensjahr unter einer Parodontalerkrankung. Nachdem sie sich erstmalig im November 2010 bei dem Zahnarzt vorstellte, riet ihr dieser zu einer prothetischen Neuversorgung des Ober- und Unterkiefers im Bereich der Zähne 11, 12, 21, 22, 25 und 37. Befunde wurden nicht notiert. Der Zahnarzt setzte vier Kronen auf die Zähne 11, 12, 21, 22.

     

    Experte: Indikation für die Kronen auf Frontzähnen nicht nachvollziehbar

    Die Patientin beschuldigte den Zahnarzt, die Überkronung der Frontzähne sei nicht indiziert gewesen. Vor Durchführung der Behandlung sei sie nicht ausreichend aufgeklärt worden. Anderenfalls hätte sie sich gegen die Überkronung der Frontzähne entschieden.

     

    Der Sachverständige bestätigte: Die Indikation und Notwendigkeit für die Kronen auf den Frontzähnen sei nicht nachvollziehbar. Wenn eine Überkronung zur Schienung parodontal geschädigter Zähne und zur kosmetischen Korrektur einer Zahnstellungsveränderung angeraten und durchgeführt werde, sei eine intensive und eingehende Aufklärung erforderlich. Eine chronisch-entzündliche Zahnbetterkrankung sei keine Indikation für eine Überkronung.

     

    Die Überkronung sei aus medizinischer Sicht unverständlich und „unsinnig“ gewesen. Durch die Überkronung seien die Problematik des Herauswanderns der Frontzähne sowie die chronische Parodontitis nicht behoben und die Grundprobleme nicht gelöst worden. Somit sei die Maßnahme aus zahnmedizinischer Sicht aunverständlich, zumal die Frontzähne als solche noch völlig gesund gewesen seien. Eine Behandlung allein aus kosmetischen Gründen hätte eine umfassende und drastische Aufklärung vorausgesetzt.

     

    Das Vorgehen war grob fehlerhaft und die Leistungen waren unbrauchbar

    Das Gericht entschied: Der Patientin steht ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des an den Zahnarzt geleisteten Eigenanteils in Höhe von 1.200 Euro zu, weil dessen Vorgehen grob fehlerhaft war und die Leistungen unbrauchbar waren. Die Leistungen hätten für die Patientin keinen Nutzen gehabt. Bei der Beseitigung der Folgen an den geschädigten Zähnen könnten weitere Kosten entstehen.

     

     

     

     

    Quelle: ID 43342575