· Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung
Patient sollte 57 Formulare unterschreiben und hatte drei Tage Bedenkzeit: Aufklärungsfehler!
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de
| In einem Urteil vom 30.01.2017 (Az. 1 U 15/16, Abruf-Nr. 192278 ) hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Celle mit der Privatliquidation eines Zahnarztes befasst, der bei einem Kassenpatienten eine extrem aufwendige und teure Zahnersatzbehandlung auf der Grundlage diverser Honorarvereinbarungen begonnen hatte. Dabei ging es neben Abrechnungspositionen auch um die Frage, inwieweit der Zahnarzt seiner wirtschaftlichen Aufklärungspflicht bei Abschluss der Kostenvereinbarungen gerecht wurde. Hier sah das OLG Celle gravierende Mängel. |
Der Fall
Der beklagte Patient stellte sich im Januar 2010 in der Praxis des Zahnarztes vor, weil seine festsitzende Brücke, mit der sechs vordere Schneidezähne überkront waren, herausgebrochen war. Die überkronten Stümpfe waren abgebrochen, aber die Wurzeln im Kiefer noch vorhanden. Bereits zwei Tage nach der Erstvorstellung begann der Zahnarzt mit der umfangreichen Behandlung. Den Patienten hatte er über Kosten in Form von etlichen einzelnen Kostenaufstellungen aufgeklärt, die sich auf mehr als 100.000 Euro aufsummierten.
Im Rahmen der Behandlung setzte der Zahnarzt bei ihm Übergangsimplantate für ein Langzeitprovisorium und brachte eine Kunststoffschiene im Oberkiefer auf. Anschließend brach der Patient die Behandlung aus Kostengründen ab. Seine Behandlungskosten in Höhe von über 35.000 Euro hatte der Zahnarzt im Einverständnis mit dem Patienten an eine Factoring-Gesellschaft abgetreten. Sie machte diesen Betrag - nachdem der Patient nicht zahlte - im Wege der Zahlungsklage vor dem Landgericht Hannover geltend.
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