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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Kündigung von Mitarbeitern: Worauf Sie als Praxisinhaber achten sollten!

    von RAin Susanne Schuster, LL.M., Dr. Hahne, Fritz, Bechtler & Partner, Gießen, www.hfbp.de 

    | Inhaber von Zahnarztpraxen sind nicht nur Zahnmediziner, sondern in der Regel auch Arbeitgeber. Im Praxisalltag wird der Zahnarzt daher mit personellen Situationen konfrontiert, die eine unternehmerische Entscheidung verlangen - etwa, wenn eine Mitarbeiterin stets „auf den letzten Drücker“ kommt oder sich gegenüber Patienten und Kollegen unfreundlich verhält. Bevor Sie als Arbeitgeber jedoch über arbeitsrechtliche Konsequenzen nachdenken, sollten Sie die folgenden Grundsätze beachten. |

    Abmahnung geht Kündigung voraus

    Zunächst sollte versucht werden, mit der Mitarbeiterin ein konstruktives Gespräch zu führen. Ändert die Mitarbeiterin ihr Verhalten dennoch nicht, sollte zunächst eine Abmahnung erfolgen. Hierunter ist die schriftliche Aufforderung zur Änderung eines konkreten unerwünschten Verhaltens zu verstehen - verbunden mit der Androhung einer Kündigung, falls das Verhalten fortgeführt wird. Erst danach kann entschieden werden, ob und auf welche Weise man sich von der betreffenden Mitarbeiterin endgültig trennt.

     

    Nach wie vor stellt die Kündigung die häufigste Form der Beendigung von Arbeitsverhältnissen dar. Hierbei gilt es, einige wichtige Aspekte zu beachten, um die Kündigung rechtlich einwandfrei auszusprechen. Fehler können an dieser Stelle ein nervenaufreibendes und teures Unterfangen werden.

    Kündigungsfristen beachten

    Sofern über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nachgedacht wird, ist zunächst ein Blick in den Arbeitsvertrag zu werfen - insbesondere wegen der darin vereinbarten Kündigungsfristen. In aller Regel ist eine Kündigung nur unter Einhaltung der Kündigungsfrist möglich, die entweder vertraglich vereinbart wurde oder gesetzlich vorgesehen ist.

     

    Probezeit

    Während einer vereinbarten Probezeit, die längstens für die Dauer von sechs Monaten vereinbart werden kann, gilt eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Nach Ablauf der Probezeit kann zunächst mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden.

     

    Ordentliche Kündigung

    Außerhalb einer Probezeit gelten bei einer ordentlichen Kündigung die Fristen des § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sofern im Arbeitsvertrag keine andere Regelung vereinbart wurde. Je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit kann sich die gesetzliche Kündigungsfrist wie folgt verlängern:

     

    • Gesetzliche Fristen für ordentliche Kündigungen
    Mindest-Betriebszugehörigkeit
    Kündigungsfrist

    2 Jahre

    1 Monat zum Monatsende

    5 Jahre

    2 Monate zum Monatsende

    8 Jahre

    3 Monate zum Monatsende

    10 Jahre

    4 Monate zum Monatsende

    12 Jahre

    5 Monate zum Monatsende

    15 Jahre

    6 Monate zum Monatsende

    20 Jahre

    7 Monate zum Monatsende

     

    Von diesen gesetzlich definierten Fristen darf zulasten der Arbeitnehmerin nur aufgrund tarifvertraglicher Regelungen abgewichen werden.

     

    Außerordentliche Kündigung

    Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist nur selten möglich - hierfür müssen objektiv „wichtige Gründe“ vorliegen. Für den Arbeitgeber muss es unzumutbar sein, die Mitarbeiterin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Die Rechtsprechung hat hohe Anforderungen an das Vorliegen eines solchen „wichtigen Grundes“ gestellt - mit der Folge, dass eine außerordentliche Kündigung nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig ist.

    • Wirksame Gründe einer außerordentlichen Kündigung
    • Beharrliche Arbeitsverweigerung
    • Häufige Unpünktlichkeit
    • Vortäuschen oder Ankündigung einer Arbeitsunfähigkeit
    • Störung von Ordnung und Frieden im Betrieb (üble Beleidigung von Praxisinhaber oder Arbeitskollegen, Verbreitung ausländerfeindlicher Hetzparolen)
    • Verrat von Betriebsgeheimnissen
    • Straftaten gegen den Praxisinhaber oder Arbeitskollegen (etwa Körperverletzung, Diebstahl oder Unterschlagung)

     

    Zudem ist zu beachten, dass eine außerordentliche Kündigung innerhalb von zwei Wochen erklärt werden muss, nachdem der Praxisinhaber von dem wichtigen Grund erfahren hat, der zur fristlosen Kündigung berechtigt.

    Sonderregelungen für einige Bundesländer

    Für Zahnmedizinische Fachangestellte, Zahnarzthelferinnen, Stomatologische Schwestern sowie Auszubildende gilt in Berlin, Hamburg, Hessen und im Saarland eine Sonderregelung, die in einem Manteltarifvertrag zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten/Zahnarzthelferinnen, Frankfurt a.M., und dem Verband medizinischer Fachberufe e.V., Dortmund, vereinbart wurde.

     

    Danach verlängern sich die gesetzlichen Fristen für eine Kündigung durch den Arbeitgeber ab einer zweijährigen Betriebszugehörigkeit um jeweils einen Monat - dies sollte in den genannten Bundesländern beachtet werden.

     

    Wann gilt das Kündigungsschutzgesetz?

    Findet darüber hinaus das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, muss die ordentliche Kündigung begründet werden. Das gilt für Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31. Dezember 2003 vereinbart wurden, wenn regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in der Zahnarztpraxis beschäftigt werden. Aufgrund von Besonderheiten bei der Ermittlung der genauen Beschäftigtenzahl (Teilzeitkräfte!) muss jeweils genau geprüft werden, ob das Gesetz anwendbar ist. Falls der Anwendungsbereich eröffnet ist, muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dies ist bei Gründen in der Person oder in dem Verhalten der Arbeitnehmerin der Fall - oder wenn dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin entgegenstehen.

     

    Personenbedingte Kündigung

    Bei der personenbedingten Kündigung müssen objektive Gründe in der Person des Arbeitnehmers vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass er dauerhaft die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten nicht oder nicht mehr besitzt, um die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen - zum Beispiel bei einer Krankheit oder Suchterkrankung.

     

    Verhaltensbedingte Kündigung

    Davon zu unterscheiden ist eine verhaltensbedingte Kündigung. Diese kommt bei einer schuldhaften Pflichtverletzung des Arbeitnehmers in Betracht, etwa bei Arbeitsverweigerung, der Begehung von Straftaten oder der Verletzung von betrieblichen Verhaltenspflichten.

     

    Betriebsbedingte Kündigung

    Eine betriebsbedingte Kündigung setzt voraus, dass dringende betriebliche Gründe zu einer Unternehmerentscheidung führen, die zu einem Wegfall von Arbeitsplätzen führen. Dies ist etwa der Fall, wenn sich der Zahnarzt „umorientieren“ möchte, weil die Praxis umstrukturiert werden soll. An dieser Stelle hat eine Sozialauswahl zwischen den beschäftigten Mitarbeiterinnen zu erfolgen. Dabei sind die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen oder eine Schwerbehinderung zu beachten.

     

    PRAXISHINWEIS | Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, kann eine Kündigung dennoch unwirksam sein - etwa wenn sie sittenwidrig ist oder gegen Treu und Glauben oder ein Kündigungsverbot verstößt. Daher sollten Sie als Praxisinhaber darauf achten, dass Sie Kündigungen nicht willkürlich aussprechen. Auch hierzu dienen vorangehende Mitarbeitergespräche.

    Besonderheiten bei Schwangerschaft und Elternzeit

    Vor dem Ausspruch einer Kündigung sollte vorsorglich geprüft werden, ob für die betreffende Mitarbeiterin ein Sonderkündigungsschutz besteht: Eine Mitarbeiterin steht zum Beispiel in der Zeit vor und nach der Entbindung unter einem besonderen Kündigungsschutz - Regelungen hierzu finden sich im „Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter“ (Mutterschutzgesetz). Die schwangere Mitarbeiterin darf grundsätzlich nicht entlassen werden. Nur in besonderen Fällen ist eine Kündigung mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde ausnahmsweise erlaubt. Für die Elternzeit sieht das „Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit“ einen entsprechenden Kündigungsschutz vor. Auch in solchen Fällen dürfen Kündigungen nur in besonderen Fällen und mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde ausgesprochen werden.

    Richtige Form der Kündigung beachten

    Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Eine allein mündlich erklärte Kündigung ist demnach unwirksam. Für Zahnärzte, die den vorgenannten Tarifvertragsparteien angehören oder den Tarifvertrag für anwendbar erklärt haben, folgt dies aus den tarifvertraglichen Bestimmungen. Bei nicht tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen ergibt sich dies aus § 623 BGB.

     

    PRAXISHINWEIS | Schriftform bedeutet hierbei, dass der Zahnarzt selbst die Kündigung hand- oder maschinenschriftlich abfassen muss. Eine Kündigung, die nur per Fax oder E-Mail ausgesprochen wurde, ist rechtlich unwirksam. Zudem ist darauf zu achten, dass der Zahnarzt das Kündigungsschreiben selbst unterzeichnet. Für den Fall einer Vertretung sollte stets eine Originalvollmacht vorgelegt werden - so wird vermieden, dass die Mitarbeiterin die Kündigung vor Gericht wegen der fehlenden Vollmacht rechtlich angreift.

    Fehler bei der Zustellung der Kündigung vermeiden

    Die Kündigungserklärung muss der Mitarbeiterin zugegangen sein. Diese Tatsache sollten Sie als Arbeitgeber im Zweifel beweisen können. Am sichersten ist es, die Kündigung entweder unter Zeugen oder gegen ein Empfangsbekenntnis direkt auszuhändigen und sich den Empfang schriftlich von der gekündigten Mitarbeiterin quittieren zu lassen.

     

    Wird die Kündigung am Wohnort der Mitarbeiterin zugestellt, empfiehlt sich eine Zustellung per Boten. Als Bote kann jeder beliebige Mitarbeiter oder ein Familienangehöriger eingesetzt werden. Der Bote sollte Kenntnis von dem Inhalt des Schreibens genommen haben, bevor es in ein Kuvert gesteckt wird. Nur dann kann er bezeugen, dass das Kuvert auch tatsächlich das betreffende Kündigungsschreiben enthalten hat.

     

    FAZIT | Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses birgt eine Vielzahl von Stolperfallen. Werden sie nicht umgangen, können Sie als Praxisinhaber in einem nervenaufreibenden und kostenträchtigen Gerichtsverfahren enden. Bei einer nicht ordnungsgemäßen Kündigung müssen Sie unter Umständen eine hohe Abfindung zahlen bzw. den gesamten Lohn nachzahlen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Beachten Sie daher die in diesem Beitrag genannten Grundsätze!

    Weiterführender Hinweis:

    • Wie Sie Arbeitsverträge mit Praxispersonal gestalten, lesen Sie in ZWD 12/2012, S. 18 - 21.
    Quelle: Ausgabe 01 / 2013 | Seite 18 | ID 37272160