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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Reicht ein Einwurf-Einschreiben zur Kündigung?

    von RA Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de

    | Wie können Sie eine Kündigung rechtssicher zustellen? Zwei aktuelle arbeitsrechtliche Urteile haben sich mit dem Thema „Einwurf-Einschreiben“ befasst. Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg (Urteil vom 12.12.2023, Az. 15 Sa 20/23) unterlag der beklagte Arbeitgeber, in einem anderen Fall gab das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Arbeitgeber Recht ( Urteil vom 20.06.2024, Az. 2 AZR 213/23 ). Wo die Unterschiede lagen und wie Sie als Praxisinhaber am besten vorgehen, zeigt dieser Beitrag. |

     

    Beweispflichtig für den Zugang der Kündigung ist der Arbeitgeber

    Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]); sie muss vom Praxisinhaber oder einem Bevollmächtigten eigenhändig unterzeichnet sein und sie muss dem Mitarbeiter zugehen (§ 130 BGB). Für alle Punkte ist der Praxisinhaber in einem späteren Prozess beweispflichtig.

     

    Übermittlung per Einwurf-Einschreiben liefert einen Anscheinsbeweis ...

    Der Zugang ist unproblematisch, wenn Sie dem Mitarbeiter die Kündigung persönlich übergeben. Wenn dies nicht möglich ist, wird häufig das „Einwurf-Einschreiben“ genutzt. Hier wird die Kündigung in den Briefkasten eingeworfen. Der Briefträger dokumentiert diesen Vorgang; er vermerkt Ort, Datum und Uhrzeit auf einem Auslieferungsbeleg. Der Praxisinhaber hat nun den Einlieferungsbeleg mit der Sendungsnummer vorliegen und kann über das Portal der Deutschen Post (iww.de/s11401) den Sendungsstatus verfolgen.

     

    Dies bietet nach Ansicht der Gerichte einen sog. „Anscheinsbeweis“. Dieser greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Ablauf hinweist. D. h., dass das Gericht davon ausgehen kann, dass sich etwas normalerweise so ereignet, wie es vorgetragen wurde. Der Mitarbeiter muss dann im Rahmen seiner Klage besondere atypische Umstände darlegen und im Fall des Bestreitens Tatsachen nachweisen, die die ernsthafte, ebenfalls infrage kommende Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegen (BAG, Urteil vom 20.06.2024, Az. 2 AZR 213/23).

     

    ... aber nur, wenn auch die Reproduktion des Auslieferungsbelegs vorliegt!

    Dieser Anscheinsbeweis für den Zugang eines Einwurfeinschreibens erfordert jedoch die Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit der Reproduktion des Auslieferungsbelegs (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.05.2023, Az. V ZR 203/22). In beiden eingangs genannten Gerichtsverfahren wurden Kündigungen per Einwurf-Einschreiben zugestellt. Der Mitarbeiter gab jeweils an, dass ihn die Kündigung nicht erreicht hätte. Dem BAG lag der Auslieferungsbeleg vor, im vom LAG Baden-Württemberg entschiedenen Fall nicht.

     

    PRAXISTIPP | Fordern Sie bei Kündigungen per Einwurf-Einschreiben den Auslieferungsbeleg (gegen Gebühr) an oder lassen Sie die Kündigung per Boten zustellen. Diesen Boten können Sie später als Zeugen benennen.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2024 | Seite 4 | ID 50124210