· Arbeitssicherheit
Gefahrstoffe: Vorgeschriebene Schutzmechanismen in der Zahnarztpraxis
von Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt, Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG und Geschäftsführer FCH DentCompliance GmbH
| Im Praxisalltag kommen Sie regelmäßig mit dutzenden Gefahrstoffen in Berührung. Gefahrstoffe sind Stoffe oder Gemische, die bei der Herstellung oder Verwendung eine schädigende Wirkung für Mensch und Umwelt darstellen können. In der Zahnarztpraxis nutzen Sie solche Gefahrstoffe z. B. für die Behandlung, die Desinfizierung, bei Ätzungen oder Reinigungen. Rechtliche Grundlage zum Umgang mit Gefahrstoffen ist das Chemikaliengesetz (ChemG), das Mensch und Umwelt vor gefährlichen Stoffen schützen soll. Hierin werden die Details der Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Gefahrstoffen festgelegt, die auch in der Zahnarztpraxis beachtet werden müssen und die wir nachfolgend schrittweise vorstellen. |
Schritt 1: Das Sicherheitsdatenblatt
Zunächst sind über das Sicherheitsdatenblatt Informationen über den Gefahrstoff zu ermitteln. Das Sicherheitsdatenblatt kann bei dem Händler/Depot kostenlos angefordert werden, von dem der Gefahrstoff in die Praxis geliefert wird. Derjenige, der den Gefahrstoff in den Verkehr bringt, ist für die korrekten Angaben im Sicherheitsdatenblatt rechtlich verantwortlich, es enthält u. a. Angaben
- zum sicheren Umgang mit dem Produkt,
- zu produktspezifischen Gefährdungen sowie
- Schutzmaßnahmen, die zu treffen sind. Außerdem
- Vorgaben zur Lagerung und
- zum Verhalten im Brandfall sowie zu
- Notfall/Erster Hilfe.
Schritt 2: Die Gefährdungsbeurteilung
Vor Einführung eines neuen Schadstoffs in die Praxis muss eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Diese wird regelmäßig der Zahnarzt (oder ein Praxismanager) selbst erstellen. Es muss also die Frage beantwortet werden, wer in welchem Arbeitsablauf in welchem Umfang mit dem Gefahrstoff zu tun hat und was sich darauf für eine Gefährdungslage ergibt. Dies ist zu dokumentieren. Zur Dokumentation gehören auch die aus der Gefährdung abgeleitete Schutzstufe und die daraus resultierenden Schutzmaßnahmen. Merke | Für jeden Schadstoff muss diese Gefährdungsbeurteilung separat durchgeführt werden. Wechsel- und Kombinationswirkungen mit anderen Gefahrstoffen sind dabei jedoch zu berücksichtigen.
Schritt 3: Schutzmaßnahmen
Im Anschluss an die Gefährdungsbeurteilung sind Schutzmaßnahmen festzulegen und deren Wirksamkeit zu prüfen. Schutzmaßnahmen werden vom Zahnarzt oder dem Praxismanager aufgesetzt, sind aber von jedem Mitarbeiter zu beachten. Sie erfolgen nach dem STOP-Prinzip:
- Substitution: Bei der Substitutionsüberlegung ist immer folgende Frage zu stellen: Kann für diesen Zweck ein weniger gefährlicher Stoff eingesetzt werden? Lautet die Antwort Ja, ist dieser einzusetzen. Konsequente Substitution reduziert die Gefahrstoffe deutlich in einer Praxis. Die Substitutionsüberlegungen müssen dokumentiert werden.
- Technische Schutzmaßnahmen (für Zahnarztpraxen weniger relevant):
- Absaugen gefährlicher Dämpfe.
- Kapselung von Maschinen.
- Organisatorische Schutzmaßnahmen
- Begrenzung des Umgangs mit Gefahrstoffen auf möglichst wenig Mitarbeiter und zeitlich möglichst begrenzt.
- Jugendliche und Schwangere sind vor Gefahrstoffen zusätzlich zu schützen.
- Hygienemaßnahmen, wie die Reinigung des Arbeitsplatzes, in der Betriebsanweisung vorschreiben.
- Gefahrstoffe immer kennzeichnen, auch die Aufbewahrungsbehälter/Schränke.
- Umfüllen nur in andere geeignete, hygienisch einwandfreie sowie verschließbare Behälter.
- Verbot, Gefahrstoffe in Lebensmittelbehältern aufzubewahren.
- Lagerungskriterien beachten: Möglichst geringe Mengen lagern, Gefahrstoffe trennen, falls nötig und von Lebensmitteln immer strikt getrennt lagern.
- Sachgerechte Entsorgung von leeren Behältern oder Restmengen festlegen.
- Persönliche Schutzmaßnahmen: So lange die Gefährdung besteht, muss die persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen werden. Konkrete Informationen zum Schutz von Händen, Körper, Augen/Gesicht oder gar Atemschutz finden sich im jeweiligen Sicherheitsdatenblatt des Gefahrstoffs. Die PSA muss sachgerecht aufbewahrt, gereinigt und geprüft werden. Bei Schäden ist die PSA zu reparieren oder auszutauschen. Beispiele:
- Medizinische Einmalhandschuhe in der Patientenbehandlung.
- Flüssigkeitsdichte und widerstandsfähige Handschuhe bei der Instrumentenaufbereitung.
- Augen-, Nasen-, Gesichtsschutz, wenn mit Spritzern oder Sprühnebel zu rechnen ist.
- Flüssigkeitsdichte Schutzschürze oder komplette Schutzkleidung, wenn mit gefährlichen Flüssigkeiten etc. hantiert wird.
Gefahrstoffverzeichnis und Betriebsanweisung
Es sind ein Gefahrstoffverzeichnis zu erstellen sowie eine Betriebsanweisung aus der hervorgeht, wie mit den Gefahrstoffen umgegangen werden muss. Für die Mitarbeiter sind regelmäßig Schulungen durchzuführen.
Gefahrstoffverzeichnis
Das Gefahrstoffverzeichnis muss alle in der Praxis vorhandenen Gefahrstoffe enthalten und den Mitarbeitern zugänglich gemacht werden.
| |||||
Bezeichnung des Produkts/Gefahrstoffes | Hazard-Sätze | Benötigte Menge des Produkts (nicht mehr als den Jahresbedarf lagern!) | Arbeitsbereich, wo wird es gelagert und wo eingesetzt? | Gefahrensymbole | Sicherheitsdatenblatt vorhanden und wo? |
Betriebsanweisung
Der Umgang mit den Gefahrstoffen ist in einer Betriebsanweisung niederzulegen, welche für die Mitarbeiter verbindlich und jederzeit zugänglich ist. Der Einsatz von Mustern, z. B. der LZK, ist zulässig, die Muster müssen aber auf die Gegebenheiten der Zahnarztpraxis passen und als Anweisung des Chefs verbindlich gemacht werden.
Schulungen
Regelmäßige Unterweisungen der Mitarbeiter sind zwingend vorgeschrieben. Dazu können auch Tools wie Software oder Filmplattformen genutzt werden. Wichtig aus Haftungsgründen ist die Dokumentation der durchgeführten Schulungen.
|
|
Weiterführender Hinweis
- Die FCH-Gruppe, deren Vorstandsvorsitzender der Autor des Beitrags ist, veranstaltet regelmäßig (Online-)Seminar sowie Inhouse-Schulungen zum Thema. Nähre Informationen finden Sie unter fch-gruppe.de.