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  • · Fachbeitrag · Arzthaftung

    Praxisinhaber müssen ihre angestellten Zahnärzte überwachen

    von Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Hamburg, rechtsanwalt-schinnenburg.de

    | Immer mehr Zahnärzte sind angestellt. Eine solche Anstellung bietet für den Praxisinhaber manchen Vorteil. Dabei muss er sich jedoch immer bewusst darüber sein, dass er für die Handlungen seines angestellten Zahnarztes haftet. Deshalb muss er diesen überwachen. Das Ausmaß der Überwachungspflicht hängt vom Status des Angestellten und von dessen Erfahrungen und Kenntnissen ab. |

    Sozialrechtliche Grundlage für Überwachung ist § 32 Abs. 1 ZV

    Nach § 32 Abs. 1 Zahnärzte-Zulassungsverordnung (Zahnärzte-ZV) hat der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztliche Tätigkeit in freier Praxis auszuüben. Daraus folgt der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, d. h.: Grundsätzlich muss der Zahnarzt all die Leistungen selbst erbringen, die nicht Hilfstätigkeiten sind. Nur sofern er ausdrücklich eine Erlaubnis hat, darf er heilkundliche Tätigkeiten an einen anderen Zahnarzt übertragen.

    Aktueller Fall: Weiterbildungsassistent behandelte allein

    Welche drastischen Folgen eine Nichtbeachtung dieses Grundsatzes haben kann, musste ein Arzt für Allgemeinmedizin erfahren. Dieser war neben der Tätigkeit in seiner Praxis noch Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften. In der Praxis hatte er einen Weiterbildungsassistenten zur Ausbildung eingestellt. Wegen seiner sonstigen beruflichen Aktivitäten war der Arzt selbst immer nur dienstags in seiner Praxis und das auch manchmal nur vormittags. Der Weiterbildungsassistent behandelte also während der meisten Zeit allein. Das kam irgendwann heraus. Die Kassenärztliche Vereinigung setzte deshalb eine Honorarkürzung in Höhe von zunächst fast 300.000 Euro und dann von rund 77.000 Euro fest. Denn Leistungen des Weiterbildungsassistenten können dem Praxisinhaber „nicht als persönlich erbrachte Leistungen zugerechnet werden“ (Bundessozialgericht, Beschluss vom 31.08.2018, Az. B 6 KA 26/18 B).

    Dann sind Zahnarzt-Leistungen delegierbar

    Unter welchen Umständen darf also ein Vertragszahnarzt die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten einem angestellten Zahnarzt übertragen? Besonders streng ist die Rechtslage bei den sogenannten Vorbereitungsassistenten, die nach gerade erlangter Approbation die zweijährige Vorbereitungszeit gemäß § 3 Abs. 3 Zahnärzte-ZV absolvieren. Während des ersten Jahres dürfen diese nicht allein in der Praxis behandeln. D. h., der Praxisinhaber muss zwar nicht im Behandlungszimmer, aber in den Praxisräumen dabei sein und er sollte jeden Behandlungsfall vor- und nachbesprechen.

     

    Ab dem zweiten Jahr darf der Vorbereitungsassistent deutlich selbstständiger arbeiten. Dies wird aus § 3 Abs. 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV geschlossen. Danach darf ein Vorbereitungsassistent nach einem Jahr in unselbstständiger Stellung einen Vertragszahnarzt vertreten. Dann muss es ihm erst recht erlaubt sein, in der ihm vertrauten Praxis den Chef zu vertreten.

     

    PRAXISTIPP | In Vertretungsfällen ist § 32 Abs. 1 Zahnärzte-ZV zu beachten. Danach muss der Praxisinhaber jede Vertretung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) melden, die länger als eine Woche dauert. Außerdem ist zu beachten, dass nach derselben Vorschrift die Vertretung innerhalb von zwölf Monaten die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten darf.

     

    Angestellte Zahnärzte, die die Vorbereitungszeit vollständig absolviert haben, sich also selbst niederlassen könnten, können ohne ständige Überwachung des Praxisinhabers arbeiten. Allerdings muss auch deren Tätigkeit genehmigt werden.

     

    PRAXISTIPP | Die Beschaffung der Genehmigung für das Tätigwerden angestellter Zahnärzte ist deutlich schwieriger als bei Vorbereitungsassistenten. Sie muss nämlich vom Zulassungsausschuss erteilt werden, während dies bei den Vorbereitungsassistenten durch die KZV und damit schneller und meist kostenfrei erfolgt.

     

    Es gibt auch zivilrechtliche Überwachungspflichten

    Überwachungspflichten des Praxisinhabers können sich darüber hinaus aus dem Zivilrecht ergeben. Auch hier sollte sich ein Praxisinhaber bewusst sein, dass er für alle Fehler seines angestellten Zahnarztes haftet. Diesen hat er deshalb im Zweifel genau zu kontrollieren. Denn in § 630h Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heißt es: „War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt (des Schadens) ursächlich war.“ Diese Vermutung ist in einem Haftungsprozess vom Zahnarzt nur schwer zu widerlegen.

     

    Hinzu kommt, dass nach § 278 BGB der Praxisinhaber für Schäden haftet, die seine (nicht approbierten und approbierten) Angestellten als sogenannte Erfüllungsgehilfen verursachen. Diese vertragliche Haftung umfasst sowohl Schadenersatz- als auch Erfüllungsansprüche. Deshalb sollte jeder Praxisinhaber streng darauf achten, dass er dem angestellten Zahnarzt nur solche Behandlungen anvertraut, die dieser beherrscht. Sofern dies zweifelhaft ist, muss er die Behandlung überwachen. Und dies gilt nicht nur für Vorbereitungsassistenten und Zahnärzte mit wenig Berufserfahrung. Das kann durchaus auch für sehr erfahrene Zahnärzte gelten: Möglicherweise beherrschen sie bestimmte Behandlungen auch nach vielen Jahren nicht oder sie machen diese zum ersten Mal, z. B. Implantationen.

     

    PRAXISTIPP | Der Praxisinhaber sollte seine angestellten Zahnärzte bei seinem Berufshaftpflichtversicherer mitversichern und darauf achten, einen möglichst lückenlosen wirtschaftlichen Deckungsschutz abzuschließen.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 19 | ID 45571024