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  • · Fachbeitrag · Berufsausübungsgemeinschaft

    Praxisabgabe, Praxisübergabe, BAG:Das Wichtigste zum Vertrag über die BAG (Teil 3)

    von Dr. Stefan Stelzl, Stuttgart, www.stelzl-medizinrecht.de 

    | Was genau ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und wie sollte der Zahnarzt eine entsprechende Regelung gestalten? Mit der Beantwortung dieser Fragen stellt dieser Beitrag den dritten Teil der Serie dar. Zwei Szenarien stehen dabei im Blickpunkt: Was passiert, wenn ein Vertragszahnarzt einen jungen Kollegen in seine Praxis aufnimmt? Und was ist zu beachten, wenn sich zwei zugelassene Kollegen zu einer BAG verbinden? |

    Was ist genau eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)?

    Eine BAG (früher: „Gemeinschaftspraxis“) zeichnet sich durch eine gemeinsame Ausübung des zahnärztlichen Berufs aus. Dazu gehören ein gemeinsamer Patientenstamm, gemeinsames Personal und ein gemeinsames Konto. Es wird „in einen Topf“ gewirtschaftet und eine gemeinsame Gewinnermittlung durchgeführt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Gesellschaftsanteile oder die Gewinnverteilung immer gleich sein müssen.

     

    Praxisgemeinschaft mit „mehreren Töpfen“

    Im Gegensatz hierzu steht die Praxisgemeinschaft: Dabei schließen sich zwei oder mehr Zahnärzte in einer Gesellschaft zusammen, die nur die Ressourcen wie Räume, Personal und Materialien gemeinsam nutzt. Die Gesellschafter sind im Übrigen aber nicht verbunden und üben ihren Beruf einzeln aus. Es bestehen „mehrere Töpfe“. Eine gemeinsame Patientenkartei ist verboten. Jeder behandelt seine eigenen Patienten auf eigene Rechnung.

     

    Den Vorteilen einer BAG ...

    Für die Gründung einer BAG sprechen mannigfaltige Gründe. So lässt sich das Investitions- und Betriebsrisiko auf mehrere Schultern verteilen und Ressourcen können ökonomischer genutzt werden. Die Arbeitszeit kann auf Wunsch reduziert und ein Praxisnachfolger aufgebaut werden. Zudem besteht die Möglichkeit, kollegial zu diskutieren und sich abzustimmen.

     

    ... stehen ihre Nachteile gegenüber

    Allerdings geht mit Gründung einer Gesellschaft ein Stück Selbstständig-keit und Unabhängigkeit verloren. Beide Gesellschafter müssen wesentliche Gesellschafterrechte besitzen - wie etwa Gewinnbeteiligung, Direktionsrecht gegenüber dem Personal, Mitbestimmung bei Entscheidungen, welche die Gesellschaft betreffen, oder Kontovollmacht.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei einer „Zweier-Gesellschaft“ sind nur noch einstimmige Entscheidungen möglich. Hierbei darf einem Gesellschafter nicht bei allen Entscheidungen der Vorrang eingeräumt werden, da es sich dann beim anderen Gesellschafter um einen verdeckten Angestellten handeln würde.

     

    Zu unterscheiden ist zwischen einer örtlichen und einer überörtlichen BAG. Die örtliche BAG wird durch gemeinsame Praxisräumlichkeiten gekennzeichnet, wogegen bei der überörtlichen BAG beide Zahnärzte eigene Praxisräume innehaben und ihren jeweiligen Praxisstandort verantwortlich leiten.

    Wie ist die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen zu regeln?

    Es müssen nicht beide Gesellschafter gleichmäßig am materiellen Gesellschaftsvermögen beteiligt sein. Seit einer Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2010 gelten allerdings die nachfolgenden Grundsätze:

     

    Jeder Gesellschafter einer BAG muss in freier Praxis im Sinne des § 32 Absatz 1 S. 1 Zahnärzte-Zulassungsverordnung tätig sein. Dies ist nicht der Fall, wenn ...

     

    • 1. ... ein Zahnarzt das wirtschaftliche Risiko der Praxis nicht mitträgt.

     

      • Entscheidend ist hierfür, dass es von der Arbeitskraft jedes Gesellschafters abhängt, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt.
      • Der Zahnarzt muss die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten.
      • Er muss über räumliche und sächliche Mittel sowie den Einsatz von Hilfspersonal disponieren oder an der Disposition mitwirken können.
      • Der Zahnarzt darf nicht wie ein Angestellter ein Festgehalt erhalten. Vielmehr muss ihm maßgeblich der Ertrag seiner vertragszahnärztlichen Tätigkeit zugute kommen.
      • Ein finanzieller Verlust muss zulasten jedes Gesellschafters gehen.
      • Dies muss von Beginn der zahnärztlichen Tätigkeit an der Fall sein und kann nicht für die Dauer einer „Probezeit“ suspendiert werden.
      • Eine Freistellung von Honorarkürzungs- und Regressansprüchen im „Innenverhältnis“ ist nicht erlaubt.
      • Der Zahnarzt muss seine Leistungen selbst abrechnen können.
      • Rechtlich noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, ob einem Gesellschafter ein fester Gewinnanteil gezahlt werden darf.

     

    • 2. ... der einzelne Zahnarzt in keiner Weise am Wert der Praxis beteiligt ist, die durch seine Tätigkeit mitgeschaffen wurde.

     

      • Eine Beteiligung am (materiellen) Gesellschaftsvermögen ist nicht in jedem Fall erforderlich.
      • Ist ein Zahnarzt sowohl am wirtschaftlichen Gewinn als auch an einem Verlust der Praxis beteiligt, muss er nicht zwingend auch noch das weitere (Vermögens-)Risiko tragen. Es kann deshalb zulässig sein, dass einzelne Zahnärzte einer BAG die Praxisräume oder auch die komplette Ausstattung allein anmieten oder leasen.
      • Es kann ebenfalls rechtlich zulässig sein, dass ein alteingesessener Vertragszahnarzt mit einem jungen Kollegen, der in ferner Zukunft die Praxis übernehmen soll, zunächst eine BAG bildet, in der die gesamte Praxisausstattung dem „Alt-Zahnarzt“ gehört.
      • Grundsätzlich ist aber eine Beteiligung am immateriellen Wert der Zahnarztpraxis („Good-will“) erforderlich. Dabei kann die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein.
      • Es ist zulässig, das Ausscheiden aus einer Gesellschaft allein mit einer Abfindungszahlung zu regeln.

     

    Zudem erfordert eine persönliche Tätigkeit in freier Praxis mehr als das, was nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften für die Stellung als Gesellschafter notwendig ist:

     

      • Die vertragszahnärztliche Tätigkeit muss in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gesichert sein.
      • Erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen ausgeschlossen sein.
      • Jeder Zahnarzt muss Personalhoheit haben.
      • Jeder Zahnarzt muss „in gewissem Umfang“ die Sachherrschaft haben. Kriterien hierfür sind zum Beispiel die Organisation des Inventars, der sächlichen Hilfsmittel und der Materialwirtschaft sowie die kaufmännische und administrative Ausgestaltung der Zahnarztpraxis.)

     

    PRAXISHINWEIS | Es ist möglich, zunächst eine etwa zweijährige „Kennenlernphase“ zu vereinbaren, in der der Junggesellschafter keine Beteiligung am materiellen Vermögen hat und in der die Beteiligung am immateriellen Vermögen mit dem Gewinnanspruch abgegolten ist. Bis zum Ablauf der Probezeit kann der Junggesellschafter wieder „hinausgekündigt“ werden, wenn es mit der Chemie nicht stimmt. Die Abwicklung der Gesellschaft geht mangels vermögensmäßiger Verflechtungen dann ganz einfach über die Bühne.

     

    Welche Gesellschaftsform ist für mich die richtige?

    Eine BAG wird normalerweise als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder als Partnerschaftsgesellschaft gegründet. Letztere hat den Vorteil, dass nur derjenige Zahnarzt - neben der Partnerschaft - für Behandlungsfehler haftet, der mit der Behandlung befasst war.

     

    Die erst seit kurzem mögliche „Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Haftung“ kann von Zahnärzten derzeit nicht gegründet werden, da sie voraussetzt, dass die Partnerschaft eine Berufshaftpflichtversicherung unterhält, die zur Haftung für Behandlungsfehler durch Gesetz vorgegeben ist.

     

    Eine gesetzliche Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung besteht jedoch nicht; die in den Berufsordnungen der Landeszahnärztekammern verankerte Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist kein Gesetz in diesem Sinne.

     

    Die Partnerschaftsgesellschaft muss im Partnerschaftsregister beim zuständigen Amtsgericht angemeldet werden. Der Name der Gesellschaft muss den Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ sowie die Berufsbezeichnung aller in der Partnerschaft vertretenen Berufe enthalten - wie zum Beispiel „Oralchirurg“ oder „Kieferorthopäde“.

    Was genau sollte im BAG-Vertrag geregelt werden?

    Im BAG-Vertrag ist zu regeln, wer in welcher Höhe am materiellen Wert beteiligt ist. Eine gleichmäßige Beteiligung der Gesellschafter ist nicht nötig. Die Beteiligung am immateriellen Wert wird meist beim Ausscheiden eines Gesellschafters relevant. Der Vertrag muss regeln, wie die Abfindung für den immateriellen Praxiswert (Good-will) aussieht. Nicht möglich ist dabei der Ausschluss eines Gesellschafters, der seine Probezeit überstanden hat.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei einem Senior-/Juniormodell wird sich der Senior den materiellen Wert bis zu seinem Ausscheiden bzw. bis zu einem festgelegten Zeitpunkt vorbehalten. Da der Junior aber nach Ablauf der Probezeit automatisch in den immateriellen Wert „hineinwächst“, sollte er zu einem fixen Zeitpunkt sowohl am materiellen als auch am immateriellen Vermögen - gegen entsprechende Zahlung - beteiligt werden. Bei einer gleichrangigen Gesellschaft, also der Gründung einer BAG durch zwei zugelassene Zahnärzte, wird dagegen von vornherein eine gleichmäßige Kapitalbeteiligung die Regel sein - je nach Fall gegen eine Ausgleichszahlung bei unterschiedlichen Praxiswerten.

     

    Wichtige Regelungen für die Zusammenarbeit

    Die kollegiale Zusammenarbeit und eine regelmäßige Fortbildung sollten ebenso geregelt sein wie die Sprechstundenzeiten und gegebenenfalls eine arbeitsteilige Behandlung der Patienten. Zudem empfiehlt sich eine Passage, die bestimmt, in welchem Umfang die Gesellschafter ihre Arbeitskraft einbringen. Hier ist es durchaus möglich, unterschiedliche Anteile zu bestimmen - etwa, um den Senior zu entlasten.

     

    Verteilung der Neu-Patienten regeln

    Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist die Verteilung der (Neu-)Patienten. Der Empfang ist anzuweisen, in welcher Form die Privat- und Kassenpatienten den einzelnen Zahnärzten zuzuweisen sind. Bei der Behandlung nach Tätigkeitsschwerpunkten dürfte dies unproblematisch sein; bei zwei allgemeinzahnärztlich tätigen Kollegen kann es aber schnell zu Unstimmigkeiten kommen, wenn einem Gesellschafter schwerpunktmäßig die lukrativen Privat- und dem anderen die Kassenpatienten zugeordnet werden.

     

    Was gehört zur Arbeitszeit?

    Werden ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt, sollte fixiert werden, ob dies während der regulären Arbeitszeit erlaubt ist - und ob dies als Arbeitszeit gilt. Auch Vertretungs- und Notdienstregelungen gehören sauber aufgeschrieben. Die Gesellschafter sollten sich zudem zu einer wirtschaftlichen Praxisführung verpflichten. Die gesetzlichen Vorschriften sowie die selbst gesetzten Qualitätsanforderungen müssen dabei stets gewährleistet bleiben.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Im vierten Teil dieser Beitragsserie geht es um Themen wie zum Beispiel die Geschäftsführung und Vertretung in der BAG, die Gewinn- und Verlustverteilung, die Haftung der Gesellschafter, Kündigungsregeln und Abfindungszahlungen.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 18 | ID 42985923