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  • · Haftungsrecht

    Berufung gegen Urteile in Arzthaftungssachen ‒ keine leichte Aufgabe!

    Bild: © Studio_East - stock.adobe.com

    von RA, FA MedR Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, Hamburg, rechtsanwalt-schinnenburg.de

    | Gegen die meisten Gerichtsurteile kann man in Berufung gehen. Dann soll ein höheres Gericht das Urteil überprüfen. Im Laufe der Jahre wurden die Anforderungen an eine solche Berufung immer höher, d. h., es wird immer schwieriger, eine Aufhebung eines Urteils der ersten Instanz zu erreichen. Dies gilt ganz besonders in Arzthaftungssachen. Bei diesen wird regelmäßig ein gerichtlicher Sachverständiger tätig und das Gericht folgt meist dessen Bewertung. Deshalb wird bei einer Berufung in Arzthaftungssachen oft die Bewertung durch den Sachverständigen angegriffen. Dass dies ebenfalls nicht einfach ist, zeigt ein Fall, über den sogar der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden musste ( Urteil vom 21.12.2021, Az. VI ZB 18/20 ), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen. |

    Der Gang durch die Instanzen

    Ein Patient warf seinem Zahnarzt vor, eine bei ihm bestehende Amelogenesis imperfecta nicht erkannt und keine ausreichende Versiegelung und Überkronung vorgenommen zu haben. Das angerufene Landgericht, die erste Instanz, holte zwei Gutachten ein: Eines von einem Humangenetiker und eines von einem Zahnarzt. Das Ergebnis war, dass eine Amelogenesis imperfecta nicht vorlag und dass ‒ sollte eine vorgelegen haben ‒ der Zahnarzt die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hatte. Konsequent hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil ging der Patient in Berufung. Diese stützte er darauf, dass dem zahnärztlichen Sachverständigen die Kompetenz fehle, das Vorliegen einer solchen Erkrankung zu verneinen. Außerdem hätte das Landgericht angesichts eines vom Patienten vorgelegten weiteren Gutachtens, einen Obergutachter zu der Frage bestellen müssen, ob eine solche Erkrankung vorliegt. Im Übrigen verwies der Kläger auf seinen Vortrag in der ersten Instanz.

     

    Das Oberlandesgericht (OLG), als Berufungsgericht, wies die Berufung als unzulässig zurück. Es reiche nicht, dem zahnärztlichen Sachverständigen vorzuwerfen, dass er nicht beurteilen könne, ob die Erkrankung vorliege. Eine solche Beurteilung werde von diesem nicht erwartet. Er müsse nur bewerten, ob die zahnärztliche Behandlung korrekt gewesen sei. Dies könne er. Und er könne auch sagen, ob die Behandlung auch korrekt gewesen wäre, wenn die Erkrankung vorgelegen hätte. Auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts erweiterte der Patient seinen Vortrag. Dies erfolgte jedoch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und deshalb wurde der erweiterte Vortrag nicht berücksichtigt. Der Patient war mit dieser Entscheidung des Berufungsgerichts nicht einverstanden und legte ein weiteres Rechtsmittel, nämlich die Rechtsbeschwerde zum BGH, ein. Der BGH bestätigte allerdings die Bewertung durch das Berufungsgericht und der Prozess war für den Patienten endgültig verloren.