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Antikorruptionsgesetz - eine Bedrohung für Beteiligungen von Zahnärzten an Dentallabors?
von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht R. J. Gläser, Hammer & Partner, Bremen, www.hammerundpartner.de
| Das am 4. Juni 2016 in Kraft getretene Antikorruptionsgesetz (siehe auch Beitrag in ZP 06/2016, Seite 1) hat spätestens mit seinem Inkrafttreten die Ärzte- und Zahnärzteschaft sensibilisiert für die Frage: Inwieweit sind Einnahmen aus Quellen zulässig, die zwar im Zusammenhang mit der (zahn-)ärztlichen Berufsausübung stehen, die dieser jedoch nicht unmittelbar zuzuordnen sind - etwa aus zahnärztlichen Labors? |
Rahmenbedingungen für Beteiligungen
Die zahnärztliche Behandlung umfasst grundsätzlich auch den Zahnersatz unter Berücksichtigung des eingeschränkten Leistungsanspruchs gemäß § 55 SGB V (Festzuschüsse). In der Praxis bedeutet dies, dass der Zahnarzt auch selbst im Eigenlabor Zahnersatz herstellen (lassen) kann, während z. B. der Orthopäde Einlegesohlen, Bandagen etc. als sogenannte „Hilfsmittel“ im Sinne des § 33 SGB V lediglich verordnen kann, die entsprechende Leistung aber nicht selbst erbringen darf. Dies ist von erheblicher Bedeutung für das Verhältnis von Arzt und Hilfsmittelerbringern einerseits und Zahnärzten andererseits, die zwar kein „Eigenlabor“ unterhalten, aber an einem gewerblichen Labor - also einem „Dentallabor“ - als Gesellschafter beteiligt sind.
Solche Beteiligungen sind - jedenfalls für Vertragsärzte - seit Januar 2011 hochgradig problematisch, seitdem dessen Anwendungsbereich durch die Ergänzungsregelung des § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V verschärft worden ist:
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„Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.“ |
Berufs-/Wettbewerbsrecht: Verflechtung zum Strafrecht?
§ 128 Abs. 2 S. 3 SGB V gilt grundsätzlich für Ärzte und Zahnärzte, wobei jedoch Satz 1 des Absatzes 2 lediglich Hilfsmittel betrifft - und nicht etwa Zahnersatz. Auch wenn diese Vorschrift nach wie vor nur den vertrags(zahn)ärztlichen Bereich reguliert und ggf. dementsprechend auch nur disziplinarrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen kann, kommt ihr doch vorhersehbar mit der Neuregelung des § 299a StGB (Bestechlichkeit im Gesundheitswesen) künftig erhebliche strafrechtliche Bedeutung zu. Grund: Der Tatbestand der Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ist sehr weit gefasst. Es ist davon auszugehen, dass künftig bei dessen Auslegung durch die Ermittlungsbehörden auch mittelbare Vorteile im Zusammenhang mit der „Zuführung von Patienten“ als objektive Strafbarkeitsvoraussetzung genügen, wenn dabei ein anderer - also z. B. ein Dentallabor - „in unlauterer Weise bevorzugt“ wird.
Damit wird die Anwendung strafrechtlicher Vorschriften von unbestimmten Lauterkeitsmerkmalen abhängig gemacht und mit der Auslegung wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen verknüpft. Diese wiederum gewinnen erst durch die Auslegung einer äußerst diversifizierten und nicht übersehbaren Rechtsprechung Kontur - ein verfassungsrechtlich untragbarer Zustand!
Beteiligung an einer Dentallabor-GmbH korrekt gestalten
Die neuen Rahmenbedingungen bedeuten für die Beteiligung an einer Dentallabor-GmbH für Zahnärzte keineswegs das Aus. Entscheidend ist nämlich, dass es sich dabei um Leistungen handelt, die der Zahnarzt grundsätzlich auch selbst erbringen darf. Bislang wurde insoweit von den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zwar damit argumentiert, dass der Bezug zahntechnischer Leistungen nicht mit der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln zu vergleichen sei: Zahntechniker seien keine Leistungserbringer im Sinne des § 128 SGB V, weil sie als Vertragspartner des Zahnarztes keine eigenständigen Leistungen direkt gegenüber dem Patienten erbringen.
„Unlautere Bevorzugung“ vermeiden
Was den Anwendungsbereich von § 299a StGB - also die Bestechlichkeit im Gesundheitswesen - betrifft, ist dem allerdings entgegenzuhalten, dass eine Vorteilsannahme bzw. -gewährung auch darin gesehen werden kann, dass ein Zahnarzt einen (wirtschaftlichen) Vorteil dafür erlangt, dass er „bei dem Bezug von Medizinprodukten, die zur unmittelbaren Anwendung durch ihn bestimmt sind, einen anderen in unlauterer Weise bevorzugt“. Insoweit ist diese Vorschrift also durchaus grundsätzlich auch auf den Bezug von Zahnersatz durch den Zahnarzt anwendbar.
Entscheidende Bedeutung kommt deshalb bei der Auslegung dieser Vorschrift dem Begriff der „unlauteren Bevorzugung“ zu. Auch wenn der Wortlaut des § 128 Abs. 2 S. 3 SGB V auf Zahnersatz nicht anwendbar ist, erscheint künftig Vorsicht geboten, wenn durch das Auftragsverhalten des Zahnarztes das wirtschaftliche Ergebnis der Dentallabor-GmbH maßgeblich beeinflusst wird. Grund: Dies könnte jedenfalls mittelbar für die Gewinnbeteiligung des Zahnarztes auch bei korrekten Gesellschaftsverhältnissen von Bedeutung sein. Beauftragt etwa ein Zahnarzt aus kommerziellen Gründen bevorzugt ein bestimmtes Dentallabor, kann dies eine unlautere Bevorzugung des entsprechenden Labors darstellen und damit künftig einen Straftatbestand erfüllen. Dies gilt vor allen Dingen für eine eindeutig unzulässige zuweisungsbezogene Gewinnbeteiligung.
Der aus einer finanziellen Beteiligung an einer Dentallabor-GmbH resultierende Gewinn oder Verlust hat sich nämlich allein am Gesellschaftsanteil des beteiligten Zahnarztes zu richten und nicht etwa am Umfang der von ihm eingereichten Laboraufträge. Wäre Letzteres der Fall, würde es sich um einen geldwerten „Vorteil“ im Sinne des § 299a StGB handeln, der „dafür“ geleistet wird, dass der Zahnarzt bei der Verordnung von Medizinprodukten (§ 299a StGB, Alternative 1) und/oder bei der Zuführung von Patienten (§ 299a StGB, Alternative 3) das fragliche Labor in unlauterer Weise - nämlich des eigenen wirtschaftlichen Vorteils Willen - bevorzugt.
PRAXISHINWEIS | Auftragsbezogene Gewinnverteilungsabreden sind mit extremer Vorsicht zu genießen. Gesellschaftern, deren Beteiligungsverträge solche Abreden enthalten, ist nachhaltig zu empfehlen, dies schleunigst zu ändern - möglichst mit Rückwirkung für das derzeit noch laufende Geschäftsjahr. |
Keine Auftragsvergabe nur wegen kommerzieller Interessen
Ebenfalls unzulässig - jedenfalls in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht - sind vertragliche Gestaltungen, in denen sich der zahnärztliche Gesellschafter einer Dentallabor-GmbH verpflichtet, sämtliche Laboraufträge an ein bestimmtes Labor zu vergeben. Dies würde nämlich im Ergebnis das Ende der individuellen zahnärztlichen Therapiefreiheit und eine Ausrichtung der zahnärztlichen Behandlungsweise an primär kommerziellen Interessen des Zahnarztes bedeuten wie auch darüber hinaus eine Wettbewerbsbeschränkung zulasten konkurrierender Labore darstellen - so auch ein BGH-Urteil vom 23. Februar 2012 (Az. I ZR 231/10, siehe auch ZP 09/2012, Seite 22).
Es muss jedem Zahnarzt freigestellt sein, von Fall zu Fall zu entscheiden, welchem Labor er den Vorzug gibt - und zwar frei von kommerziellen Interessen. Deshalb verstoßen auch etwaige gesellschaftsvertragliche Regelungen in Gemeinschaftspraxisverträgen gegen diese wettbewerbsrechtlichen und berufsordnungsrechtlichen Grundsätze, wenn die Partner einer Berufs-ausübungsgemeinschaft verpflichtet werden, ein bestimmtes Labor mit dem Erstellen von Zahnersatz zu beauftragen. Diese wären deshalb sittenwidrig und nach § 134 BGB nichtig.
PRAXISHINWEISE | Zahnärzte dürfen auch weiterhin an einer Dentallabor-GmbH beteiligt sein. Eine Gewinnbeteiligung darf sich jedoch ausschließlich an der Höhe des Gesellschaftsanteils des jeweiligen Zahnarztes bemessen und keinesfalls an dem jeweiligen Auftragsvolumen des einen oder anderen Gesellschafters orientieren. Weiterhin ist zu empfehlen:
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