· Praxisentwicklung
Vertragszahnärzte dürfen bis zu vier in Vollzeit beschäftigte Kollegen anstellen
von RA, FA für Handels- und Gesellschaftsrecht, FA für Medizinrecht, Thomas Bischoff, Prof. Dr. Bischoff & Partner, Köln, bischoffundpartner.de
| Seit der Neufassung von § 9 Abs. 3 Bundesmantelvertrag Zahnärzte (BMV-Z) Anfang 2019 dürfen Inhaber von Einzelpraxen drei oder ‒ mit besonderer Begründung ‒ sogar bis zu vier vollzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen. Bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) von Zahnärzten gilt diese Anzahl für jeden Partner, sodass eine BAG mit drei Gesellschaftern zusätzlich problemlos neun und mit besonderer Begründung sogar bis zu zwölf in Vollzeit beschäftigte Zahnärzte im vertragszahnärztlichen Bereich anstellen kann. Damit können Zahnarztpraxen stärker wachsen als bis 2019. |
Rechtlicher Hintergrund
Nach § 32 Abs. 1 Zulassungsverordnung Zahnärzte (ZV-Z) hat der Vertragszahnarzt die vertragszahnärztliche Tätigkeit persönlich und in freier Praxis auszuüben. § 32b ZV-Z ergänzt dies und gestattet dem Vertragszahnarzt in Ausübung seiner persönlichen Tätigkeit in freier Praxis auch die Anstellung von Zahnärzten nach Maßgabe des § 95 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Der Gesetzgeber ermächtigt dabei die Vertragsparteien der Bundesmantelverträge, einheitliche Regelungen über die Anzahl angestellter Zahnärzte je Vertragszahnarzt, also je Einzelpraxisinhaber, zu treffen.
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Der BMV-Z ist Bestandteil der sogenannten Gesamtverträge, die zwischen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) und Vertretern der Krankenkassen auf Länderebene ausgehandelt werden. Er regelt nicht nur die Versorgung der GKV-Patienten, sondern enthält zudem Vorschriften zur Durchführung der Behandlungen, auch durch angestellte Zahnärzte. Vertragspartner des Bundesmantelvertrags im vertragszahnärztlichen Bereich sind die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der GKV-Spitzenverband. |
Nachweis der persönlichen Praxisführung
Bei der Anstellung eines vierten Kollegen muss der Praxisinhaber gegenüber dem Zulassungsausschuss bei der KZV darlegen und beweisen, durch welche Vorkehrungen die persönliche Praxisführung gewährleistet wird. Dies erfordert insbesondere, dass der anstellende Zahnarzt (also der Praxisinhaber) in Bezug auf den angestellten Zahnarzt
- die Grundzüge für die Organisation des Tätigkeitsbereichs und für die Durchführung der Tätigkeiten festlegt,
- die Durchführung der Tätigkeiten unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze überwacht und
- grundsätzliche Fragen selbst entscheidet.
PRAXISTIPP | Es ist sinnvoll, dass der anstellende Zahnarzt gemeinsam mit dem angestellten Zahnarzt ‒ zumindest bei größeren Behandlungsfällen ‒ die Erstuntersuchung durchführt. Eventuell können wöchentliche Praxisbesprechungen mit den angestellten Zahnärzten durchgeführt werden, damit sich der anstellende Zahnarzt mit ihnen über schwierigere Behandlungen abstimmt. Zudem kann es empfehlenswert sein, sich von den angestellten Zahnärzten erstellte Heil- und Kostenpläne vorlegen zu lassen, diese zu überprüfen und mit ihnen zu besprechen. Außerdem gehören Kontrollen der Behandlung und die Prüfung der Abrechnungen dazu, womit sicherlich ein nicht unerheblicher Mehraufwand verbunden ist. |
Gelingt es dem anstellenden Zahnarzt, dem Zulassungsausschuss die Gewährleistung der persönlichen Praxisführung darzulegen und zu beweisen, ist zusätzlich das Finanzamt davon zu überzeugen, dass der Inhaber der Behandlung seinen Angestellten das persönliche Gepräge „aufdrückt“, um nicht in die Gewerbesteuerpflicht zu rutschen.
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Eine ähnliche Anforderung ist aus dem Steuerrecht bekannt, die dort zur Vermeidung der Gewerblichkeit der Tätigkeit eines Zahnarztes führt: Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ist es freiberuflich tätigen Zahnärzten möglich, sich der Mithilfe angestellter Zahnärzte zu bedienen, wenn der Praxisinhaber weiterhin aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird (Stempeltheorie).
Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers (Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.03.1995, Az. XI R 85/93). Nach Auffassung des Bundefinanzministeriums (Schreiben vom 31.01.2003, Az. IV A 6 -S 2246- 5/03) lässt sich die Frage nach der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen. |
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1Der Vertragszahnarzt kann im Rahmen der allgemeinen zulassungsrechtlichen Bestimmungen Zahnärzte zur Tätigkeit an seinem Vertragszahnarztsitz anstellen. 2Der Vertragszahnarzt ist auch in diesem Falle weiterhin zur persönlichen Praxisführung verpflichtet. 3Die von angestellten Zahnärzten erbrachten Leistungen gegenüber Versicherten stellen Leistungen des Vertragszahnarztes dar, die er als eigene gegenüber der KZV abzurechnen hat. 4Der Vertragszahnarzt hat die angestellten Zahnärzte bei der Leistungserbringung persönlich anzuleiten und zu überwachen. 5Unter diesen Voraussetzungen können am Vertragszahnarztsitz drei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte bzw. teilzeitbeschäftigte Zahnärzte in einer Anzahl, welche im zeitlichen Umfang höchstens der Arbeitszeit von drei vollzeitbeschäftigten Zahnärzten entspricht, angestellt werden. 6Will der Vertragszahnarzt vier vollzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen, hat er dem Zulassungsausschuss vor der Erteilung der Genehmigung nachzuweisen, durch welche Vorkehrungen die persönliche Praxisführung gewährleistet wird; Satz 5 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. 7Bei Teilzulassung gem. § 19a Abs. 2 Zahnärzte-ZV können ein vollzeitbeschäftigter Zahnarzt bzw. teilzeitbeschäftigte Zahnärzte in einer Anzahl, welche im zeitlichen Umfang höchstens der Arbeitszeit von einem vollzeitbeschäftigten Zahnarzt entspricht, angestellt werden. 8Will der Vertragszahnarzt mit Teilzulassung gem. § 19a Abs. 2 Zahnärzte-ZV zwei vollzeitbeschäftigte Zahnärzte bzw. teilzeitbeschäftigte Zahnärzte in einer Anzahl, welche im zeitlichen Umfang höchstens der Arbeitszeit von zwei vollzeitbeschäftigten Zahnärzten entspricht, anstellen, hat er dem Zulassungsausschuss vor der Erteilung der Genehmigung nachzuweisen, durch welche Vorkehrungen die persönliche Praxisführung gewährleistet wird. |